Kreisbewegung am Himmel: Die Gravitationskraft

Newtons Überlegungen

Im Gegensatz zum Speer des Obelix aus dem vorangegangenen Kapitel, den es wohl nur in einer Welt mit Zaubertrank und fehlender Luftreibung gibt, kann man tatsächlich Körper beobachten, die auf einer (näherungsweise) kreisförmigen Bahn um die Erde kreisen.

Newton (1643-1726) stützte seine Überlegungen unter anderen auf den Erdenmond. Er erkannte, dass eine Zentralbeschleunigung \(  \vec{ a_Z }  \) notwendig ist, um den Mond auf seiner Kreisbahn zu halten. Woher aber sollte die Kraft rühren, die die Zentralbeschleunigung \(  \vec{ a_Z }  \)  bewirkt? Newton hatte die revolutionäre Idee, dass die bei den Planetenbewegungen wirksamen Kräfte die gleiche Ursache haben, wie die Kraft, die einen fallenden Stein beschleunigt: Alle Körper ziehen sich gegenseitig an.

Wir wollen nun berechnen, wie groß der Betrag der Zentralbeschleunigung \(  \vec{ a_Z }  \) ist, die der Mond auf seiner Bahn um die Erde erfährt:

\(  { a_Z } =\frac{v²}{r}={(\frac{2\pi \cdot r }{T})}^2 \cdot \frac{1}{r}=\frac{4 \cdot {\pi}² \cdot r}{T^2} \)

Die Zeitspanne, die der Mond für eine Umrundung um die Erde benötigt beträgt 27,3 Tage. Der Radius der Mondbahn entspricht dem 60,3-fachen des Erdradius, also \(  r=60{,}3 \cdot r_E=60{,}3 \cdot 6{,}37 \cdot {10}⁶ \mathrm{m}  \). Damit folgt:

\(  { a_Z } =\frac{4 \cdot {\pi}² \cdot 60,3 \cdot 6,37 \cdot {10}⁶ \mathrm{m}}{(27,3 \cdot 24 \cdot 3600 \mathrm{s})^2} = 2{,}7 \cdot 10^{-3} \mathrm{\frac{m}{s²}}=\frac{1}{3636} \cdot g=\frac{1}{60{,}3^2}\cdot g          \)

Die berechnete Zentralbeschleunigung, die der Mond im 60,3-fachen Abstand vom Erdmittelpunkt erfährt, ist der \( {60,3²} \)te Teil der Beschleunigung, die ein Körper an der Erdoberfläche, also im Abstand von einem Erdradius vom Erdmittelpunkt verspürt. Das ist kein Zufall. Die Beschleunigung bzw. die Kraft, die ein Körper in der Nähe eines zweiten Körpers aufgrund der Massenanziehung erfährt, verhält sich umgekehrt proportional zum Abstandsquadrat. Mit Abstand ist dabei der Abstand der Körpermittelpunkte gemeint. Die Körper denkt man sich kugelsymmetrisch, wobei die gesamte Masse im Mittelpunkt vereinigt ist. Newton führte damit das Modell des Massenpunktes ein. Dadurch, dass die Abstände der Himmelskörper zueinander im Verhältnis zu ihrer Ausdehnung riesig sind, kann man sie tatsächlich in sehr guter Näherung als Massenpunkte betrachten.

Verdoppelt sich also der Abstand zweier Körper, sinkt die gegenseitige Massenanziehung auf ein Viertel.

\(a_Z \sim \frac{1}{r²} \)

bzw. mit \(F_Z =m \cdot a_Z \):

\(F_Z \sim \frac{m}{r²} \)

Setzen wir in Gedanken neben der Erde (\(m_E \)) eine zweite, genau gleiche Erde, dann dürfen wir erwarten, dass auf den Mond (\(m_M \)) auch die doppelte Kraft ausgeübt wird.

Aus \(F \sim \frac{m_M}{r²} \) und \(F \sim m_E \) folgt damit:

\(F = \mathrm{const.} \cdot \frac{m_M \cdot m_E}{r²}\)

Damit können wir das Newton’sche Gravitationsgesetz formulieren.

Newtons Gravitationsgesetz

Alle Körper üben aufeinander Gravitationskräfte aus. Zwei kugelsymmetrische Körper der Masse \( m_1 \) und \( m_2 \), der Mittelpunkte voneinander den Abstand \( r \) haben, ziehen sich mit der Gravitationskraft \( \vec {F}\) an. Der Betrag der Gravitationskraft berechnet sich zu:

\(     {F= G \cdot \frac{m_1 \cdot m_2}{r²}}  \)

Die Gravitationskonstante

Die Proportionalitätskonstante G heißt Gravitationskonstante. Ihre Einheit ist:

\( [G]= 1 \mathrm{\frac{Nm²}{kg²}} = 1 \mathrm{\frac{kg \cdot m \cdot m²}{kg² \cdot s²}} = 1 \mathrm{\frac{m^3}{kg \cdot s²}} \)

Die Ermittlung der Gravitationskonstante ist experimentell mit Hilfe der sogenannten Gravitationsdrehwaage oder näherungsweise aus den Monddaten möglich: Die Zentralkraft wird durch die Gravitationskraft aufgebracht:

\( \vec{F_Z} = \vec{F_G} \)

\( m_{Mond} \cdot r \cdot \omega^2 = G \cdot \frac{m_{Mond} \cdot m_{Erde}}{r²} \;\; |:m_{Mond} \; |:r\)

\( \omega^2=G\cdot \frac{m_{Erde}}{r^3} \)

\( ({\frac{2 \pi}{T}})^2=G\cdot \frac{m_{Erde}}{r^3} \)

\( \frac{4 {\pi}^2}{T^2} = G \cdot {\frac{m_{Erde}}{r^3}} \;\; |\cdot r^3 \;\; |:m_{Erde}\)

\( \frac{4 {\pi}^2}{T^2} \cdot \frac{r^3}{m_{Erde}} = G \)

Für System „Mond umkreist Erde“ gilt: \(r=\) Abstand zwischen Erde und Mond, \(T=\) Umlaufdauer des Mondes um die Erde und \(m_{Erde}=\) Masse der Erde.

\(G= \frac{4 {\pi}^2 \cdot r^3}{T^2 \cdot m_{Erde}} =   \frac{4 {\pi}^2 \cdot (60{,}3 \cdot 6{,}37 \cdot 10^6 \mathrm{m})^3}{(27{,}3 \cdot 24 \cdot 3600 \mathrm{s})^2 \cdot 5,97 \cdot 10^{24} \mathrm{kg}} \approx 6{,}74 \cdot 10^{-11} \mathrm{\frac{m^3}{kg \cdot s^2}} \)

Aufgrund von Rundungsfehlern stimmt der errechnete Wert nicht ganz genau mit dem experimentell ermittelten Wert überein:

\( { G= 6{,}674 \cdot 10^{-11} \mathrm{\frac{m^3}{kg \cdot s^2}}} \)