Flexible Wechselkurse

Preisbildung auf dem Devisenmarkt

Der Wechselkurs bildet sich auf dem Devisenmarkt und wird u.a. durch Angebot und Nachfrage nach Devisen bestimmt. Devisen sind dabei in der Regel Sichtguthaben von Nichtbanken bei ausländischen Geschäftsbanken, beispielsweise US-Dollar-Guthaben eines deutschen Exporteurs bei einer amerikanischen Geschäftsbank. Devisennachfrager sind die Importeure, die die gekauften Güter und Dienstleistungen in fremder Währung bezahlen müssen. Das Angebot an Devisen rührt von den Exporteuren, die ihre Rechnungen in fremder Währung ausstellen.

Nachfolgend beschränken wir uns auf die Bestimmung des Wechselkurses zwischen dem US-Dollar und dem Euro.

Als Wechselkurs bezeichnet man den in ausländischer Währung ausgedrückten Preis für eine Einheit Inlandswährung, also 1 € = 1,10 $ (Mengennotierung). Devisenkurs nennt man dagegen den Preis für eine Einheit ausländischer Währung, ausgedrückt in inländischer Währung, also 1 $ = 0,91 € (Preisnotierung). Beim Übergang zum Euro ist die Europäische Zentralbank zur Mengennotierung übergegangen. Die Darstellung von Devisenangebot und Devisennachfrage erfolgt aus methodischen Gründen auf diesen Seiten durch den Devisenkurs, also die Preisnotierung.

Die Preisbildung auf dem Devisenmarkt vollzieht sich nach den Regeln der vollständigen Konkurrenz.

Auf der y-Achse wird der Devisenkurs zwischen Dollar und Euro aufgetragen, auf der x-Achse die nachgefragte und angebotene Dollarmenge.

Im Schnittpunkt von Angebot und Nachfrage ergibt sich der nominale Gleichgewichtswechselkurs (wgg), der sich täglich auf den Devisenmärkten einstellt und die Gleichgewichtsmenge (mgg).

Veränderungen des flexiblen Wechselkurses

Eine Veränderung flexibler Wechselkurse wird durch Veränderungen bei der ausländischen Nachfrage im Inland (Export) oder der inländischen Nachfrage im Ausland (Import) hervorgerufen. Werden mehr Waren und Dienstleistungen in die USA exportiert, so steigen die Exporterlöse aus diesen Geschäften; es stehen auf dem Devisenmarkt mehr Dollar zur Verfügung. Umgekehrt bedeutet eine sinkende Exportnachfrage eine geringere Angebotsmenge an Devisen.

Wenn im Euroland die Nachfrage nach amerikanischen Gütern steigt (Importnachfrage), dann wird die Nachfrage nach Dollar steigen, weil die amerikanischen Güter in Dollar bezahlt werden müssen. Es sind nun bei gleichem Wechselkurs (=Marktpreis) mehr Marktteilnehmer bereit, Dollar nachzufragen. Die Nachfragekurve verschiebt sich nach rechts.

Auf dem Devisenmarkt sind nun auch mehr Anbieter bereit, Dollar anzubieten, weil der Marktpreis dafür steigt (vgl. neues Gleichgewicht). Die Ausweitung des Dollar-Angebots  ist eine Bewegung entlang der Kurve, da sie auf den höheren Marktpreis zurückzuführen ist.

Der Devisenkurs steigt, der Dollar wird teurer.

Wenn die Nachfrage nach amerikanischen Gütern fällt, werden bei gleichem Wechselkurs weniger Dollar nachgefragt. Die Nachfragekurve verschiebt sich nach links.

Durch die Veränderung des Nachfrageverhaltens sind nun auch weniger Anbieter bereit, Dollar anzubieten, da der Marktpreis gesunken ist. Diese Änderung entspricht der Bewegung entlang der Angebotskurve.

Der Devisenkurs sinkt. Der Dollar wird billiger.

Der Impuls zu einer Wechselkursänderung kann auch durch steigende Exporte hervorgerufen werden. Güternachfrager aus den USA fragen inländische Güter und damit inländische Währung nach. Sie bieten daher auf dem Devisenmarkt Dollar an. Bei gleichem Wechselkurs bieten nun also mehr Marktteilnehmer Dollar an. Die Angebotskurve verschiebt sich nach rechts.

Der Devisenkurs sinkt. Der Dollar wird billiger. Daher sind auch mehr Nachfrager bereit, Dollar zu kaufen. Dies entspricht einer Bewegung auf der Nachfragekurve.

Geht die Exportnachfrage zurück, so stehen den Exporteuren geringere Exporterlöse zur Verfügung, die sie an der Devisenbörse verkaufen, bzw. es treten weniger ausländische Marktteilnehmer auf, um Euros zu erwerben und Dollar anzubieten. Das Devisenangebot sinkt; der Devisenkurs steigt. Für den Dollar muss jetzt mehr bezahlt werden.

Der gestiegene Dollarkurs (vgl. neues Gleichgewicht) lässt die Devisennachfrage sinken. Dies entspricht einer Bewegung auf der Kurve.

Fassen wir zusammen:

Importe Devisennachfrage Wechselkurs Exporte Devisenangebot
steigen steigt (Verschiebung nach rechts) steigt steigen steigt (Bewegung auf der Kurve nach rechts)
sinken sinkt (Verschiebung nach links) sinkt sinken sinkt (Bewegung auf der Kurve nach links)
Exporte Devisenangebot Wechselkurs Importe Devisennachfrage
steigen steigt (Verschiebung nach rechts) sinkt steigen steigt (Bewegung auf der Kurve nach rechts)
sinken sinkt (Verschiebung nach links) steigt sinken sinkt (Bewegung auf der Kurve nach links)

Bestimmungsgründe des flexiblen Wechselkurses

Verschiedene Theorien versuchen, die Determinanten des Wechselkurses aufzuzeigen und seine Entwicklung zu prognostizieren. Die klassische Theorie zur Wechselkursbestimmung ist die Kaufkraftparitätentheorie, die letztlich zu der Einsicht kommt, dass es langfristig zwischen zwei Ländern, die frei miteinander handeln, keine Preisunterschiede bei homogenen Gütern geben kann. Wenn etwa der Preis für ein identisches Gut im Euroland vier und in den USA nach Umrechnung zum jeweiligen Wechselkurs sieben Euro beträgt, werden gewinnmaximierende Ex- und Importeure bei den herrschenden Preisen und dem gültigen Wechselkurs solange in die USA exportieren, bis der Preis der Güter in einer Währung identisch ist. Da durch die hohen Exporte im Euroland ständig Dollar angeboten wird, sinkt der Wechselkurs zwischen Dollar und Euro solange, bis keine Preisunterschiede mehr bestehen.

Die klassische Theorie wurde zur relativen Kaufkraftparitätentheorie weiterentwickelt. Kernaussage ist, dass die Veränderung des Wechselkurses von der Differenz der Inflationsraten bestimmt wird. Diese Theorie wird heute zur langfristigen Prognose des Wechselkurses herangezogen.

Steigt das Preisniveau im Inland schneller als im Ausland, so werden die inländischen Waren teurer und die ausländischen Waren billiger. In der Folge sinkt der Export; der Import nimmt zu. Dadurch steigt die Nachfrage nach Devisen, während das Angebot an Devisen zurückgeht. Beides bewirkt eine Erhöhung des Wechselkurses.

Die Importüberschüsse des Inlandes und die Exportüberschüsse des Auslandes bleiben nicht ohne Rückwirkung auf das heimische Preisniveau. Importüberschüsse bedeuten eine Verminderung des inländischen Geldumlaufs, weil die Importeure bei den Banken ausländische Zahlungsmittel gegen inländische kaufen. Daher ist zumindest mit einer Stabilisierung des inländischen Preisniveaus zu rechnen. Exportüberschüsse erhöhen den inländischen Geldumlauf, weil die Exporteure ihre ausländischen Zahlungsmittel gegen inländisches Geld umtauschen. Es ist mit Preissteigerungen zu rechnen. Die Differenzen in den Steigerungsraten des Preisniveaus werden damit ausgeglichen oder abgemildert.

Die Kaufkraftparitätentheorie entstand, als allein die Handelsströme zwischen zwei Ländern bedeutsam waren, während reine Kapitalströme wegen existierender Kapitalverkehrsbeschränkungen kaum Bedeutung besaßen.

Eine weitere zentrale Theorie für die Erklärung des Wechselkurses auf der Basis der Kapitalbewegungen ist die Zinsparitätentheorie. Nach dieser Theorie sind bei gleichen Risiken der Anlagen die Ertragsraten der Vermögensobjekte dafür entscheidend, wohin das Kapital fließt. Diese Kapitalströme beeinflussen den Wechselkurs. Je höher der Zins im Ausland ist, desto stärker wird die Nachfrage nach Devisen dieses Landes sein. Die ausländische Währung wird dadurch gestärkt, die inländische geschwächt.

Kurzfristig ist der Wechselkurs sehr stark von Stimmungen, Emotionen, subjektiv-emotionalen Bewertungen, politischen Entscheidungen und den damit verbundenen positiven Erwartungen oder Ängsten abhängig. Eine kurzfristige Wechselkursprognose ist nicht möglich.

Flexible Wechselkurse: Übung

Entscheiden Sie, ob die folgenden Aussagen richtig oder falsch sind.

Arbeitsauftrag: Klicken Sie die richtige Lösung an.

Flexible Wechselkurse: Aufgaben

Testen Sie Ihr Wissen an folgenden Beispielen:

Aufgaben:

1 Erklären Sie den Unterschied zwischen Mengen- und Preisnotierung.

2 Ermitteln Sie die Mengennotierungen zu folgenden Preisnotierungen:
1 Kanadischer Dollar = 0,759 €
1 Britisches Pfund = 1,661 €

3 Manche Auslandswährungen werden nicht auf eine, sondern auf einhundert Mengeneinheiten bezogen. Ermitteln Sie die noch fehlenden Preis- oder Mengennotierungen:
100 Schweizer Franken = 65,634 €
1 € = 6,96 Südafrikanische Rand
1 € = 212,766 Ungarische Forinth

4 Erklären Sie, wie sich ein Nachfragerückgang nach amerikanischen Gütern auf den Wechselkurs zwischen US-Dollar und Euro auswirkt.

5 Erklären Sie, wie sich ein Nachfragerückgang bei europäischen Exportgütern auf den Wechselkurs zwischen US-Dollar und Euro auswirkt.

6 Erläutern Sie die Aussage der klassischen Kaufkraftparitätentheorie.

7 Erklären Sie den Unterschied zwischen der klassischen und der relativen Kaufkraftparitätentheorie.

8 Erklären Sie, wie sich ein Exportüberschuss nach der relativen Kaufkraftparitätentheorie auf das heimische Preisniveau auswirkt.

9 Erklären Sie die Aussage der Zinsparitätentheorie.

Lösungen

Bei der Mengennotierung wird die Menge an ausländischer Währung für eine Einheit der inländischen Währung genannt. Die Preisnotierung drückt aus, wie viel inländische Währung für eine Einheit der ausländischen Währung bezahlt werden muss.

1 € = 1,318 Kanadische Dollar
1 € = 0,602 Britische Pfund

1 € = 1,524 Schweizer Franken
100 Rand = 14,368 €
100 Ungarische Forinth = 0,470 €

Wenn die Nachfrage nach amerikanischen Gütern fällt, dann sinkt auch die Nachfrage nach US-Dollar. Die Nachfragefunktion verschiebt sich nach links; der Devisenkurs sinkt. Der US-Dollar wird billiger und die heimische Währung teurer.

Ein Rückgang der Güternachfrage aus dem Ausland bewirkt eine Verminderung des Devisenangebotes. Die Angebotsfunktion verschiebt sich nach links. Der US-Dollar wird teurer, der Euro billiger.

Die klassische Kaufkraftparitätentheorie geht davon aus, dass es auf lange Sicht keine Preisunterschiede zwischen homogenen Gütern geben wird. Preisunterschiede zwischen den Ländern führen dazu, dass die Verbraucher das gewünschte Gut dort kaufen, wo es am günstigsten ist. Damit einher geht die Veränderung des Wechselkurses, der sich solange vollzieht, bis keine Preisunterschiede mehr bestehen.

Im Gegensatz zur klassischen Theorie erklärt die relative Kaufkraftparitätentheorie nur die Veränderungsrate des Wechselkurses. Dabei zieht sie die Inflationsraten – also auch nicht die absoluten Preise, sondern nur deren Veränderungsraten – mit in die Überlegungen ein.

Ein Exportüberschuss des Inlandes erhöht den inländischen Geldumlauf, weil die Exporterlöse in heimische Währung umgetauscht werden. Eine Erhöhung der Geldmenge bewirkt eine Erhöhung des Preisniveaus.

Die Zinsparitätentheorie berücksichtigt, dass Kapitalströme den Wechselkurs ebenfalls beeinflussen können. Sind die Zinsen im Ausland höher als im Inland, werden verstärkt Devisen nachgefragt, was zu einer Erhöhung des Wechselkurses führt.