Freie Marktwirtschaft
Die historischen Wurzeln der freien Marktwirtschaft
Das Konzept einer reinen Marktwirtschaft, in der alle Bürger Handlungsfreiheit besitzen und der Staat ganz weitgehend alle Eingriffe und Bevormundungen zu vermeiden hat, geht auf den schottischen Volkswirtschaftler Adam Smith (1723-1790) zurück. Er gilt als der Vater der liberalen Wirtschaftstheorie. In seiner „Untersuchung über Natur und Ursachen des Volkswohlstandes“ legte er 1776 die theoretische Basis für den Wirtschaftsliberalismus als Ordnungssystem. In seinem Werk stellte er als zentrale Antriebskraft des Menschen seine Eigeninteressen an Wohlstand und Bequemlichkeit heraus. Auf der Grundlage des Privateigentums an Produktionsmitteln würde jeder nach seinem eigenen ökonomischen Vorteil streben und das tun, was seinen Fähigkeiten am besten entspricht. Auf diese Weise würde auch die gesamte Gesellschaft von der Effizienz des Einzelnen profitieren, denn auf der Basis des freien Wettbewerbs würden sich nur die Besten durchsetzen und die Gesellschaft hätte optimale Angebote zu niedrigsten Preisen. Der Staat hat in diesem Ordnungsmodell nur die Aufgaben, für Rechtssicherheit, die Garantie des Eigentums und den Schutz nach außen zu sorgen. In gesellschaftliche Abläufe solle er sich nur sehr begrenzt einmischen, zum Beispiel bei der Errichtung von Kindergärten und Krankenhäusern. Diese zurückhaltende Rolle des Staats wurde im 19. Jahrhundert als „Nachtwächterstaat“ bezeichnet, weil ihm nur die Funktion zugewiesen wurde, die öffentliche Ordnung zu gewährleisten. Adam Smith war der Meinung, dass es in seinem Ordnungsmodell keine großen Interessenkonflikte und Ungerechtigkeiten geben würde.
Im Laufe der Industrialisierung zeigte sich jedoch, dass diese Annahme nicht richtig war. Besonders im Mutterland der industriellen Revolution kam es zu erheblichen Konflikten zwischen dem Bürgertum und der Industriearbeiterschaft. Verelendung und ein Leben als rechtlose Masse kennzeichneten die Verhältnisse der Arbeiter in England, die dem Diktat der Unternehmer schutzlos ausgeliefert waren.
Die politische Idee des Sozialismus forderte hier eine radikale Änderung des Ordnungssystems. Karl Marx und Friedrich Engels sahen in der Verstaatlichung aller Produktionsmittel den Ausweg aus dieser Misere. Nur durch eine Beseitigung der liberalen Wirtschaftsordnung und eine Verstaatlichung könne eine sozial gerechte Gesellschaft entstehen.
Auch in der Weltwirtschaftskrise von 1929 wuchs in vielen Ländern die Skepsis am Konzept des Wirtschaftsliberalismus und daran, dass nur ein freies Spiel der Marktkräfte gesellschaftliche und wirtschaftliche Harmonie herstellen könnten. In den USA, die diesem Konzept (Kapitalismus) sehr weitgehend folgten, machte sich die Erkenntnis breit, dass es ohne staatliche Eingriffe in die Wirtschaft nicht gehen könne. Die Politik des amerikanischen Präsidenten Roosevelt sah denn auch vielfältige staatliche Eingriffe vor, die die Folgen der Wirtschaftskrise abmildern sollten.
Die Merkmale der freien Marktwirtschaft
Die materielle Grundlage der freien Marktwirtschaft bildet das Privateigentum. Weitgehende Eigentumsrechte sichern dem Eigentümer das alleinige Verfügungsrecht über Produktionsmittel und Güter. Die Haushalte und Unternehmen planen ihre wirtschaftlichen Aktivitäten in Eigenverantwortung. Die Unternehmen richten sich in ihrer Produktion nach der Nachfrage, die Haushalte entscheiden allein, wie sie ihr Einkommen erzielen und verwenden. Der Austausch von Angebot und Nachfrage findet auf dem weitgehend unregulierten Markt statt. Das Ziel der unternehmerischen Tätigkeit ist die Gewinnmaximierung. Der Markt regelt die Preise für Güter und Produktionsfaktoren über die Nachfrage. Die Anbieter begehrter Güter können höhere Preise erzielen, ein großes Angebot am Markt senkt dagegen die Preise. Der Wettbewerb auf dem Markt führt dazu, dass immer wieder schwächere Marktteilnehmer ausscheiden müssen, weil sie nicht mehr genügend konkurrenzfähig sind. Man spricht hier auch von der „sozialen Blindheit“ der Marktwirtschaft, weil allein der Markt und die Nachfrage entscheiden, nicht aber soziale Aspekte. Schließlich muss auch noch auf das Problem einer zyklischen Wirtschaftentwicklung in einem freien Markt hingewiesen werden: Starke Aufschwungphasen mit Preissteigerungen wechseln mit Phasen des Abschwungs, in denen es zu Unternehmenszusammenbrüchen und Arbeitslosigkeit kommt.