Ständige Fazilitäten

Zahlungsverkehr

Der Zahlungsverkehr eines Bankplatzes wird hauptsächlich elektronisch über die Landeszentralbanken abgewickelt. Der Kunde X der Bank A überweist dem Kunden Y der Bank B einen Betrag. Kunde W der Bank C zieht vom Konto des Kunden X der Bank A eine Lastschrift ein. Die Kreditinstitute tauschen diese Forderungen und Verbindlichkeiten ihrer Kunden untereinander aus. Daraus entstehen gegenseitige Forderungen und Verbindlichkeiten der Banken.

 Beispiel Bank A Bank B Bank C  Bank D

Summe der Forderungen

Forderung der
Bank A gegen
36.000,00 70.000,00 44.000,00 150.000,00
Forderung der
Bank B gegen
24.000,00 34.000,00 76.000,00 134.000,00
Forderung der
Bank C gegen
56.000,00 80.000,00 20.000,00 156.000,00
Forderung der
Bank D gegen
10.000,00 30.000,00 108.000,00 148.000,00
 Summe der
Verbindlichkeiten
90.000,00 146.000,00 212.000,00 140.000,00 588.000,00
Bank A: Forderungen 150.000,00 –   90.000,00 =     60.000,00
Bank B: Verbindlichkeiten 134.000,00 – 146.000,00 = –  12.000,00
Bank C: Verbindlichkeiten 156.000,00 – 212.000,00 = –  56.000,00
Bank D: Forderungen 148.000,00 – 140.000,00 =       8.000,00

Einlagenfazilität

Im Beispiel hat Bank A insgesamt eine Forderung in Höhe von 60.000,00 €; auf dem Landeszentralbankkonto von Bank A ist also am Ende eines Tages ein Guthaben entstanden. Für Bank A wäre es wirtschaftlich unsinnig, das Geld zinslos auf diesem Konto liegen zu lassen. Sie legt das über die Mindestreservepflicht hinausgehende, überschüssige Geld bis zum nächsten Banktag „über Nacht“ an. Dazu hat sie zwei Möglichkeiten: Sie kann dieses Geld auf dem Konto belassen und eine Einlagenfazilität beantragen. Dafür werden Zinsen in Höhe des von der EZB festgelegten Satzes gutgeschrieben. Die zweite Möglichkeit besteht darin, die überschüssige Liquidität auf dem Geldmarkt anzulegen. Solange der Geldmarkt einen höheren Zins für die Geldanlage zahlt, werden die Geschäftsbanken das Geld auf dem Geldmarkt anlegen. Der Satz der Einlagenfazilität stellt den Mindestzins als Orientierungsgröße für den Geldmarkt dar.

Spitzenrefinanzierungsfazilität: „Über-Nacht-Kredit“

Für Bank B besteht am Ende des Tages insgesamt eine Verbindlichkeit in Höhe von 12.000,00 €. Sie überzieht damit ihr Landeszentralbankkonto. Damit der Zahlungsverkehr aufrecht erhalten werden kann, müssen die Geschäftsbanken bei den Landeszentralbanken bereits im Vorfeld eine gewisse Summe an Sicherheiten hinterlegen. Als Sicherheiten kommen u.a. Wertpapiere des Staates in Frage. Auch für Bank B bestehen jetzt zwei Möglichkeiten, die Überziehung des Kontos zu handhaben: Sie kann diese Überziehung „über Nacht“ auf dem Konto belassen. Damit nimmt sie die Spitzenrefinanzierungsfazilität in Anspruch und zahlt dafür Zins. Wenn sich die Bank dieses Geld auf dem Geldmarkt günstiger beschaffen kann, wird sie es aus wirtschaftlichen Gründen dort leihen. Der von der EZB vorgegebene Zinssatz stellt die Obergrenze für den Zinssatz am Geldmarkt dar, weil die Banken auf den EZB-Satz zurückgreifen werden, sobald der Geldmarktzins über den Wert von 4,25 % steigt. Der Inter-Bankenzinssatz, das ist der Zinssatz, zu dem die Geschäftsbanken „Über-Nacht-Kredite“ handeln, wird unter dem Namen EONIA (Euro OverNight Index Average) von einer Gruppe von 57 am Inter-Bankenmarkt vertretenen Banken gemeldet.

Zinskorridor

Die Zinssätze für die ständigen Fazilitäten bilden den Zinskorridor für den Geldmarkt. Die Einlagenfazilität stellt die Untergrenze auf dem Geldmarkt dar, die Spitzenrefinanzierungsfazilität die Obergrenze. Innerhalb dieses Zinskorridors bewegt sich der Zinssatz für die Hauptrefinanzierungsgeschäfte und der Tagesgeldsatz.

Zum Beispiel:

Ständige Fazilitäten: Übung

Vervollständigen Sie die nachstehenden Aussagen.

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Ständige Fazilitäten: Aufgaben

Testen Sie Ihr Wissen an folgenden Beispielen:

Aufgaben:

1 Erläutern Sie, was man unter einer Einlagenfazilität versteht.

2 Welche Alternative haben die Geschäftsbanken zur Einlagenfazilität und in welchem Fall werden sie die Alternative in Anspruch nehmen?

3 Erklären Sie, wodurch es bei den Geschäftsbanken zu einem Liquiditätsbedarf „über Nacht“ kommt.

4 Erklären Sie, weshalb die Zinssätze der ständigen Fazilitäten dazu geeignet sind, für den Geldmarkt einen Zinskorridor zu bilden.

Lösungen

Einlagenfazilitäten entstehen, wenn die Geschäftsbanken bei der Zentralbank überschüssige Liquidität aus dem Zahlungsverkehr anlegen.

Die Liquiditätsüberschüsse können am Geldmarkt angelegt werden. Geschäftsbanken wählen diese Alternative, solange der Zinssatz über dem der Einlagenfazilität liegt.

Der Liquiditätsbedarf entsteht, wenn die Kunden der Geschäftsbanken insgesamt einen höheren Wert an Kontobelastungen haben als an Gutschriften. Dann schuldet die Geschäftsbank anderen Banken diese Beträge.

Wenn der Satz der Einlagenfazilität der Zentralbank über dem Geldmarktsatz liegt, würden alle Banken überschüssige Liquidität bei der Zentralbank anlegen. Der Geldmarktzins wäre nicht konkurrenzfähig.
Das gilt auch für den Satz der „Über-Nacht-Kredite“: Läge der Geldmarktzinssatz über dem der Zentralbank, würden sich alle Geschäftsbanken bei der EZB refinanzieren und nicht mehr auf dem Geldmarkt.