Wesen und Arten
Wesen der Inflation
Unter Inflation versteht man eine über einen längeren Zeitraum anhaltende Preissteigerung. Ein Ansteigen einzelner Preise genügt nicht, um von Inflation zu sprechen. Die Preise müssen im Durchschnitt unter Berücksichtigung der Bedeutung der Güter steigen. Wörtlich übersetzt bedeutet Inflation „Aufblähung“. Gemeint ist damit die Vermehrung der Geldmenge gegenüber der Gütermenge. Die Wirtschaft ist mit Geld überversorgt. Das Ungleichgewicht zwischen Geld- und Gütermenge kann durch eine Zunahme der Geldmenge oder eine Abnahme der Gütermenge verursacht werden. Auch eine Erhöhung der Umlaufgeschwindigkeit des Geldes ruft eine Inflation hervor.

Der Zusammenhang zwischen Geldmenge und Gütermenge
Ausgangspunkt ist die Frage, wie hoch die Geldmenge sein muss, damit eine Volkswirtschaft mit Geld ausreichend versorgt ist. Nehmen wir an, eine Volkswirtschaft stellt innerhalb eines Jahres Güter und Dienstleistungen im Wert von 100.000 GE her – muss die Geldmenge dann ebenfalls 100.000 GE betragen, ist sie höher oder niedriger als 100.000 GE?

Man braucht 100.000 GE, wenn alle Güter auf einmal gekauft werden. In der Realität finden Käufe und Bezahlvorgänge jedoch häufiger statt. Nehmen wir an, dass zweimal pro Jahr Gehalt gezahlt wird und kurz nach dem Zeitpunkt der Gehaltszahlung alle Warenkäufe für das kommende halbe Jahr getätigt werden.

In diesem Beispiel kommt die Volkswirtschaft mit der Hälfte der Geldmenge aus. Es genügen 50.000 GE, um Güter im Gesamtwert von 100.000 GE zu kaufen. Die Umlaufgeschwindigkeit beträgt zwei. Sie gibt an, wie oft eine GE pro Periode umgesetzt wird.
Wenn wir jetzt annehmen, dass im Jahr zwölfmal Gehalt gezahlt wird und alle Menschen ihr Geld jeden Monat auf einmal abheben und es in Güter umsetzen, dann genügt eine Geldmenge von 12.000 GE. Die Umlaufgeschwindigkeit beträgt 8 1/3.

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M · V = P · X |
mit: | M V P X |
= Geldvolumen = Umlaufgeschwindigkeit des Geldes = Preisniveau = Gesamtwirtschaftliche Produktionsmenge |
Die Fisher’sche Verkehrsgleichung erläutert, in welchen Fällen eine Erhöhung der Geldmenge zu einer Erhöhung des Preisniveaus führt. Man geht davon aus, dass die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes konstant bleibt.
| Erhöht man in einer Phase der Unterbeschäftigung die Geldmenge, so wird dies nicht zu einer Erhöhung des Preisniveaus, sondern zu einer Erhöhung des Handelsvolumens führen. |
M ↑ · V = P · X ↑ |
| Erhöht man im Falle der Vollbeschäftigung die Geldmenge, so führt dies zu einer Erhöhung des Preisniveaus, weil durch die Vollbeschäftigung keine neuen Güter mehr produziert werden können. |
M ↑ · V = P ↑ · X |
Arten der Inflation
Die Arten der Inflation kann man nach dem Tempo des Preisanstieges oder ihrer Sichtbarkeit unterscheiden.
| Kriterium | Arten | Kurzbeschreibung |
| Tempo | Schleichende Inflation | Stetiges, langsames Ansteigen des Preisniveaus |
| Galoppierende Inflation | Schneller Anstieg innerhalb eines kurzen Zeitraums | |
| Sichtbarkeit | Offene Inflation | Ansteigen der Preise für jedermann erkennbar |
| Verdeckte Inflation | Konstante Preise wegen staatlicher Maßnahmen |
Schleichende Inflation
Ein Preisanstieg von etwa 2 % bis 5 % wird als schleichende Inflation bezeichnet. Sie ist für unsere derzeitige Wirtschaft charakteristisch und wird als nicht zu vermeidende Begleiterscheinung des wirtschaftlichen Wachstums angesehen. Wie bereits im Kapitel Geldmenge erläutert, rechnet die EZB mit einer unvermeidlichen Inflationsrate. Es handelt sich um eine Erhöhung der Geldmenge, die es ermöglichen soll, dass neue, höherwertige Produkte auf den Markt gebracht werden können, um ein Voranschreiten der Wirtschaft zu gestatten. Wenn die EZB die Inflationsrate auf Null halten würde, so wäre es den Unternehmen, die technisch fortschrittliche Produkte auf den Markt bringen, nicht möglich, einen höheren Preis für diese Güter zu verlangen als für ältere. Da die Forschungs- und Entwicklungskosten jedoch in der Kalkulation berücksichtigt werden müssen, müssen auch höhere Preise verlangt werden können.
Wenn Inflation in einer Konjunkturphase der Stagnation herrscht, wenn also die Produktionsauslastung zurückgeht und es zu einem Anstieg der Arbeitslosigkeit kommt, spricht man auch von Stagflation.
Galoppierende Inflation
Steigt die Inflation stärker und schneller an, so spricht man je nach Geschwindigkeit des Preisniveauanstieges von einer trabenden oder galoppierenden Inflation. Eine sehr schnelle Geldentwertung war in den Jahren 1920 bis 1923 festzustellen. Betrug der Banknotenumlauf 1920 noch 67,7 Mrd. Reichsmark, so schwoll die Geldmenge bis zum 15.11.1923 auf 92.900.000.000 Mrd. Reichsmark an, ohne dass die Gütermenge im gleichen Umfang anstieg. In einigen südamerikanischen Ländern lässt sich derzeit ein stark und schnell anwachsendes Preisniveau feststellen. Für die galoppierende Inflation wird auch der Begriff Hyperinflation verwendet.
Offene Inflation
Die offene Inflation ist für unser derzeitiges, marktwirtschaftlich orientiertes Wirtschaftssystem charakteristisch. Inflation tritt für jedermann offen auf. Weder der Staat noch die EZB versuchen, die inflationären Tendenzen zu verdecken.
Verdeckte Inflation
Die Preise bleiben bei der verdeckten Inflation konstant, weil der Staat einen Preisstopp anordnet. Bei dieser Art der Inflation spricht man auch von zurückgestauter Inflation, weil Höchstpreise festgesetzt werden, die unter dem Gleichgewichtspreis liegen. Dadurch kommt es auf dem Markt zu einem Nachfrageüberhang: Die Nachfrage übersteigt das Angebot.

Die Höchstpreispolitik wurde nach der Machtergreifung Hitlers praktiziert. Aufgrund der zu geringen Gütermenge kam es zu Rationierungen, Steuererhöhungen und zur Bildung eines Schwarzmarktes.
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Inflation – Wesen und Arten: Aufgaben
Testen Sie Ihr Wissen an folgenden Beispielen:
Aufgaben:
1 Welche Inflationsarten sind charakteristisch für marktwirtschaftliche Wirtschaftssysteme?
2 Erklären Sie, wann und weshalb es zu einer Stagflation kommen kann.
3 Überlegen Sie, weshalb ein Ansteigen der Umlaufgeschwindigkeit zur Inflation führt.
4 Erläutern Sie die Folgen der Höchstpreispolitik.
5 Welche Folgen kann eine Mindestpreispolitik haben? Stellen Sie Ihre Lösung auch grafisch dar.
