Geldschöpfung durch die Zentralbank

Zentralbankgeld

Um die Wirtschaft optimal mit Geld zu versorgen, setzt sich die EZB jedes Jahr ein Geldmengenziel. Dieses Ziel kann die EZB mit Hilfe der nationalen Zentralbanken durch verschiedene Instrumente steuern. Ein Teil des Geldes wurde bei der Währungsreform 1948 als Kopfgeld im Umtausch gegen Reichsmark in Umlauf gebracht. Der Euro gelangte auf die gleiche Weise durch Einlösung gegen 1,95583 DM in die Bevölkerung. Doch dies sind nur die Ausnahmen bei einer Währungsreform bzw. -umstellung. Betrachten wir zunächst einige Vorgänge, wie Zentralbankgeld im Normalfall in Umlauf gebracht wird.

Beispiel 1:
Die Zentralbank kauft von einer Geschäftsbank ausländische Zahlungsmittel in Höhe von 50 GE, die aus den Exporterlösen eines Bankkunden stammen. Die Zentralbank bezahlt die ausländischen Zahlungsmittel in bar. Dieser Vorgang verändert die Bilanz der Zentralbank und die der Geschäftsbank folgendermaßen:

Aktiva Zentralbankbilanz Passiva
Währungsreserven +50 Banknotenumlauf +50

Durch den Kauf der ausländischen Zahlungsmittel gelangen 50 GE in Umlauf. Es wird Zentralbankgeld in Höhe von 50 GE geschaffen. In der Bilanz der Geschäftsbank findet ein Aktivtausch statt. Die Bilanzsumme der Zentralbank verlängert sich um 50 GE (Aktiv-Passiv-Mehrung). Eine Erhöhung der Geldmenge findet durch diesen Vorgang noch nicht statt, denn die Bargeldbestände der Geschäftsbanken zählen gemäß Definition nicht zur Geldmenge. Erst wenn die Geschäftsbank diese Banknoten in Form eines Kredites an einen Kunden weitergibt, erhöht sich die Geldmenge.

Beispiel 2:
Die Zentralbank kauft von einer Geschäftsbank Wertpapiere in Höhe von 30 GE in bar. Die Geschäftsbank kaufte diese Wertpapiere zur Geldanlage vom Staat. Dieser Vorgang beeinflusst die Bilanzen wie folgt:

Aktiva Zentralbankbilanz Passiva
Wertpapiere +30 Banknotenumlauf +30

Durch den Kauf der Wertpapiere ist Zentralbankgeld in Höhe von 30 GE an die Geschäftsbank geflossen. Auch in diesem Beispiel erhöht sich die Geldmenge erst, wenn die Geschäftsbank die Banknoten an ein Unternehmen oder einen privaten Haushalt als Kredit ausgibt.

Beispiel 3:
Die Zentralbank sagt einer Geschäftsbank einen Kredit in Höhe von 80 GE zu. Der Kredit wird dem Konto der Geschäftsbank bei der Zentralbank gutgeschrieben. Dieser Vorgang verändert die Bilanzen so:

Aktiva Zentralbankbilanz Passiva
Kreditforderungen +80 Sichtverbindlichkeiten +80

Die Kreditaufnahme der Geschäftsbank führt zu einer Geldschöpfung in Höhe von 80 GE. Wie bei den Beispielen 1 und 2 erhöht sich die Geldmenge erst, wenn die Geschäftsbank das Geld bei ihren Kunden in Umlauf bringt.

Zentralbankgeldschöpfung

Wie die Beispiele 1 bis 3 zeigen, findet bei den Geschäften zwischen der Zentralbank und den Geschäftsbanken eine Geldschöpfung statt. In allen Fällen erhält die Zentralbank einen Gegenwert für das Zentralbankgeld. Es handelt sich um Vermögensteile (Aktiva) oder Schulden (Passiva). Ein Blick auf eine vereinfachte Zentralbankbilanz zeigt weitere Möglichkeiten der Geldschöpfung durch die Zentralbank:

Aktiva Zentralbankbilanz Passiva
Gold Bargeldumlauf
Devisen/Währungsreserven Einlagen bei der Zentralbank
Wertpapiere – von Wertpapieren
Kreditforderungen gegenüber – den öffentlichen Haushalten
– dem Finanzsektor
– den öffentlichen Haushalten
Sonstige Passivpositionen inkl. Eigenkapital & Kapitalrücklagen
Sonstige Aktiva inkl. Sachanlagen

Merke:

Die von der Zentralbank in Umlauf gebrachten Banknoten stellen eine Verbindlichkeit gegenüber dem jeweiligen Inhaber der Banknote dar. Die Einlagen des Geschäftsbanken und von öffentlichen Haushalten bei der Zentralbank stellen für die Zentralbank ebenfalls Verbindlichkeiten dar.

Zentralbankgeld kann geschaffen werden, wenn die Kreditinstitute mit der Zentralbank Geschäfte tätigen. Dadurch hat die Zentralbank die absolute Kontrolle über die Zentralbankgeldmenge.

Möglichkeiten der Geldschöpfung durch die Zentralbank

Die EZB kann Aktivpositionen kaufen. Wie die Beispiele 1 und 2 zeigen, findet dadurch eine Aktiv-Passiv-
Mehrung in der Zentralbankbilanz statt. Die Aktivpositionen Währungsreserven bzw. Wertpapiere steigen.
Auf der Passivseite erhöhen sich der Bargeldbestand oder die Einlagen der monetären Finanzinstitute.
Die Kreditinstitute nehmen bei der EZB Kredite auf. In der Zentralbankbilanz erhöhen sich auf der Aktivseite die
Kreditforderungen und auf der Passivseite der Bargeldbestand oder die Sichteinlagen.

Eine direkte Verschuldung des Staates bei der Zentralbank ist ausgeschlossen. Sie fungiert nur als Emittent der Bundeswertpapiere, die von Privatleuten oder Unternehmen gekauft werden können.

Geldvernichtung durch die Zentralbank

Eine Geldvernichtung durch die Zentralbank erfolgt, wenn die Zentralbank Aktivpositionen verkauft oder die Kredite zurückgezahlt werden. Man muss sich die obigen Vorgänge nur umgekehrt vorstellen. Ein wesentlicher Teil der Zentralbankgeldmenge kommt durch Kreditgewährungen in Umlauf. Damit die Zentralbankgeldmenge immer konstant bleibt, müssen die Kredite der EZB an die Geschäftsbanken andauernd verlängert werden.

Geldschöpfung durch die Zentralbank: Übung

Entscheiden Sie, ob die folgenden Aussagen richtig oder falsch sind.

Arbeitsauftrag: Klicken Sie die richtige Lösung an.

Geldschöpfung durch die Zentralbank: Aufgaben

Testen Sie Ihr Wissen an folgenden Beispielen:

Aufgaben:

1 Stellen Sie den Vorgang der Geldschöpfung durch die Zentralbank dar, indem Sie die Zentralbankbilanz erstellen:

1  Eine neu gegründete Zentralbank kauft Devisen im Wert von 4 GE gegen Bargeld.
2  Die Zentralbank kauft Gold im Wert von 2 GE gegen Gutschrift.
3  Eine Geschäftsbank verkauft der Zentralbank Wertpapiere gegen Gutschrift in Höhe von 5 GE.
4  Die Zentralbank verkauft Wertpapiere im Wert von 1 GE gegen bar.
5  Eine Geschäftsbank erhält einen Kredit gegen Gutschrift in Höhe von 3 GE.

2 Erklären Sie die Möglichkeiten der Geldschöpfung durch die Zentralbank.

3 Erklären Sie den Unterschied zwischen Zentralbankgeldschöpfung und einer Erhöhung der Geldmenge.

4 Wie kommt es zu einer Geldvernichtung durch die Zentralbank?

5 Die vereinfachte Zentralbankbilanz eines Währungsgebietes hat zu Beginn eines Abrechnungszeitraums folgendes vereinfachte Aussehen (Zahlen in Mrd. GE):

Aktiva   Zentralbankbilanz   Passiva
Währungsreserven 45 40 Banknotenumlauf
Wertpapiere 10 15 Sichteinlagen der MFI
Kreditforderungen 12  5 Sichteinlagen des Staates
Sonstige Aktivpositionen  8 15 Sonstige Passivpositionen
75 75


Erstellen Sie eine Bilanz, nachdem folgende Transaktionen getätigt wurden:

1  Die Sichteinlagen der monetären Finanzinstitute (MFI) erhöhen sich zu Lasten des Banknotenumlaufs
auf insgesamt 17 Mrd. GE.
2  Die Kreditinstitute verkaufen Wertpapiere an die Zentralbank in Höhe von 10 Mrd. GE gegen Gutschrift.
3  Die Kreditinstitute zahlen Kredite im Wert von 5 Mrd. GE in bar zurück.
4  Die Zentralbank nimmt Sichteinlagen des Staates bar in Höhe von 1 Mrd. GE an.
5  Die Zentralbank kauft Gold von einer Geschäftsbank gegen Gutschrift in Höhe von 3 Mrd. GE.

6 In einer Zentralbankbilanz erfolgt ein Passivtausch zwischen den Positionen Banknotenumlauf und Sichteinlagen der monetären Finanzinstitute. Nennen Sie zwei mögliche Transaktionen, die diesem Vorgang zugrunde liegen könnten.

Lösungen

Eine Schöpfung von Zentralbankgeld ist möglich, wenn die Zentralbank Aktivpositionen wie z.B. Goldbestände, Wertpapiere oder Devisen von den Geschäftsbanken erwirbt. Eine weitere Möglichkeit ist die Kreditvergabe an Geschäftsbanken.

Zu einer Erhöhung der Geldmenge muss zunächst Zentralbankgeld geschöpft werden. Erst wenn die Geschäftsbanken das neue Zentralbankgeld an ihre Kunden weitergeben, erhöht sich die Geldmenge.

Eine Geldvernichtung stellt den umgekehrten Vorgang der Geldschöpfung dar. Es werden Kredite der Geschäftsbanken zurückgezahlt. Die Zentralbank kann auch Aktivpositionen verkaufen.

Die Kreditinstitute wandeln Sichteinlagen in Bargeld um oder zahlen Bargeld auf ihre Konten ein.