Staatliche Eingriffe in die Preisbildung
Die Preisbildung findet bei vielen Gütern nicht unter den Bedingungen des freien Marktes statt, sondern wird durch den Staat beeinflusst. Dieser Eingriff des Staates in einer sozialen Marktwirtschaft dient dem Schutz der Nachfrager und/oder der Anbieter und sorgt dafür, dass der Marktpreis, der als nicht „gerecht“ oder nicht „sozial“ empfunden wird, durch den Eingriff „gerecht“ und/oder „sozial“ wird.
Unterschieden wird zwischen indirekten, marktkonformen Maßnahmen des Staates (Preislenkung) und direkten, marktkonträren Eingriffen des Staates in die Preisbildung (Preisbindung).
Marktkonforme Eingriffe in die Preisbildung
Marktkonforme Maßnahmen des Staates zielen darauf ab, Angebot und Nachfrage zu beeinflussen, ohne die Preisbildung am Markt zu beeinträchtigen. Solche Maßnahmen der staatlichen Preisbeeinflussung sind z. B. die Erhebung von Einfuhrzöllen (sie sichern inländischen Herstellern einen höheren Preis), die Zahlung von Subventionen an bestimmte Wirtschaftszweige (z. B. Steinkohlebergbau) oder die Exportförderung (z. B. Zahlung von Exportprämien oder Gewährung von Steuervergünstigungen für Unternehmen). Neben diesen Preismaßnahmen kann der Staat versuchen, mithilfe von Mengenmaßnahmen wie der Bevorratung landwirtschaftlicher Erzeugnisse oder der Festlegung von Einfuhrkontingenten die Preisbildung am Markt über die Angebots- und Nachfragemengen zu beeinflussen.

Erhöhung der Nachfrage:
Eine Erhöhung der Nachfrage kann der Staat erreichen, indem er selbst als Nachfrager auftritt und z. B. zusätzliche Forschungsaufträge erteilt oder Aufträge an die Bauwirtschaft vergibt. Wenn der Staat die Nachfrage erhöhen will, selbst aber nicht als Nachfrager auftreten möchte, hat er die Möglichkeit, die Nachfrager zu subventionieren, indem er Transferleistungen an Haushalte z. B. in Form von Wohngeld bezahlt.
Durch solche Maßnahmen erhöht sich die Nachfrage, Gleichgewichtspreis und -menge steigen.
Verringerung der Nachfrage:
Will der Staat die Nachfrage (und damit Preissteigerungen) dämpfen, kann er die Staatsnachfrage einschränken, indem er z.B. geplante Staatsaufträge streicht oder aufschiebt. Auch eine Erhöhung der Einkommensteuer wirkt in die gleiche Richtung, weil in der Regel weniger gekauft wird, wenn das Nettoeinkommen sinkt. Ebenso führt die Einführung oder die Erhöhung einer Ökosteuer auf ein Produkt bei normalen Nachfrageverhalten zu einer sinkenden Nachfrage bei dem belasteten Produkt. Durch die sinkende Nachfrage sinken Gleichgewichtsmenge und Gleichgewichtspreis auf dem Markt.


Erhöhung des Angebots:
Eine Erhöhung des Angebots erfolgt in der Regel über Subventionszahlungen an die Produzenten (z. B. die Rapsbauern), damit diese in die Lage versetzt werden, Kostensteigerungen aufzufangen, d. h. zum gleichen Preis mehr anzubieten.
Durch solche Maßnahmen erhöht sich das Angebot für das subventionierte Produkt, der Gleichgewichtspreis sinkt, die Gleichgewichtsmenge steigt.
Verringerung des Angebots:
Will der Staat das Angebot verringern, kann er dies durch die Streichung von Subventionen oder die Erhöhung von Kostensteuern, wie z. B. der Gewerbesteuer erreichen.
Dadurch sinkt die Gleichgewichtsmenge und der Gleichgewichtspreis steigt.

Marktkonträre Eingriffe in die Preisbildung
Direkte, marktkonträre Eingriffe des Staates in die Preisbildung können z. B. durch die Festlegung von Höchstpreisen, von Mindestpreisen oder durch einen staatlichen Festpreis erfolgen. Durch diese Maßnahmen wird der Preismechanismus außer Kraft gesetzt. Derartige Eingriffe widersprechen dem Wesen einer Marktwirtschaft.

Höchstpreise liegen unter dem Preis, der sich bei freier Preisententwicklung ergeben würde. Der Höchstpreis soll den Verbraucher vor übermäßig hohen Preisen schützen. Er wird vor allem in Mangelzeiten, wenn das Angebot gering und die Nachfrage sehr groß ist, eingeführt, um die Bevölkerung mit lebensnotwiendigen Gütern zu versorgen. Der Höchstpreis führt zu einem Nachfrageüberhang. Ist der Höchstpreis so niedrig, dass ein Teil der Produzenten nicht mehr kostendeckend anbieten kann, ist die Wirtschaft unterversorgt. Dadurch entstehen „Schwarzmärkte“, auf denen die knappen Waren zu überhöhten Preisen gehandelt werden.
Festsetzung von Verbrauchsmengen:
Setzt der Staat Verbrauchsmengen fest, will er eine gleichmäßige Versorgung der Wiederverwender und/oder Endverbraucher sichern.
Festsetzung von Produktionsmengen:
Die Festsetzung von Produktionsmengen hat in der Regel das gleiche Ziel, wie die Festsetzung von Höchstpreisen: die Mindestversorgung der Bevölkerung soll gesichert werden, die bisherigen Produktionsmengen möglichst erhalten bzw. sogar erhöht werden.
Die Festsetzung von Produktionsmengen kann aber auch zum Ziel haben, die Produktionsmengen zu verringern. Der Zweck ist, das Preisniveau zu erhöhen. Es sollen die Produzenten vor Überproduktion geschützt werden.
Mindestpreis:
Mindestpreise liegen über dem Preis, der sich bei freier Preisentwicklung ergeben würde. Sie dienen dem Schutz des Produzenten. Durch den Mindestpreis werden die Produzenten zu Mehrproduktion angeregt, die die Verbraucher aufgrund des hohen Preises nicht restlos aufnehmen wollen oder können. Mindestpreise führen zu einem Angebotsüberhang. Der Mindestpreis ist nur haltbar, wenn der Staat die Überschussproduktion aufkauft.

Festpreis:
Festpreise können über oder unter dem Preis liegen, der sich bei freier Preisentwicklung ergeben würde. Liegt der Festpreis über dem Gleichgewichtspreis wirkt er wie ein Mindestpreis, liegt er darunter, wirkt er wie ein Höchstpreis.
Staatliche Eingriffe in die Preisbildung: Aufgaben
Testen Sie Ihr Wissen an folgenden Beispielen:
Aufgaben:
1 Der Verband der Verkehrsflughäfen hat folgendes Nachfrageverhalten für Inlandsflüge von und nach Lenau festgestellt: Der Prohibitivpreis liegt bei 500,00 €, die Sättigungsmenge bei 10.000 Tickets pro Tag. Damit ist die Nachfragefunktion:
pN = – 0,05x + 500 (mit x = Zahl der Tickets pro Tag)
Die Angebotsfunktion aller Anbieter von Inlandsflüge von und nach Lenau pro Tag lautet:
pA = 0,05x + 100 (mit x = Zahl der Tickets pro Tag)
1.1 Bestimmen Sie grafisch das Marktgleichgewicht und ermitteln Sie den entsprechenden Gesamterlös.
(x-Achse: 1 cm = 1.000 Tickets; y-Achse: 1 cm = 100,00 €)
1.2 Die Regierung erhebt für jedes verkaufte Inlandsflugticket von der jeweiligen Fluggesellschaft eine Luftverkehrsabgabe (Umweltsteuer) in Höhe von 100,00 €.
1.2.1 Begründen Sie, um welche Form des Markteingriffs es sich handelt und welche Absicht die Regierung mit dieser Maßnahme verfolgt.
1.2.2 Stellen Sie in der zu Aufgabe 1.1 angefertigten Grafik die Veränderung dar, die sich durch die Luftverkehrsabgabe ergibt und begründen Sie Ihre Lösung.
1.2.3 Interpretieren Sie das Ergebnis aus 1.2.2 unter Berücksichtigung der Zielsetzung der Regierung.
2 (vergleiche: https://www.lehrplanplus.bayern.de/sixcms/media.php/72/11.3_H%C3%B6chstpreis.987252.pdf)
Sie lesen in der Tagespresse folgenden Artikel:
Wohnsituation verschärft sich weiter
Bundesdeutsche Großstädte sind aufgrund ihrer Wirtschaftskraft und ihres Freizeitwertes sehr attraktiv.
In den deutschen Großstädten wird die Bevölkerung in den nächsten Jahren weiter wachsen. Ursächlich hierfür sind positive Wanderungssalden (= mehr Zuzüge als Wegzüge) und Geburtenüberschüsse (= mehr Geburten als Sterbefälle). Zudem steigt der Anteil an Single-Haushalten in den Großstädten. In München sind im Jahr 2015 mehr als die Hälfte aller Haushalte Single-Haushalte, die entsprechende kleine Wohnungen nachfragen. Auch Studierende und junge Erwerbstätige suchen nach bezahlbaren Wohnungen im Stadtgebiet. Der dort gebildete Marktpreis für Ein-Zimmer-Wohnungen ist aber für das Einkommen vieler Studenten und junger Erwerbstätiger zu hoch.
Wie einige Ihrer Mitschüler möchten auch Sie nach der Fachhochschulreife in München studieren und von Zuhause ausziehen. Aus diesem Grund diskutieren Sie gemeinsam mit Ihren Klassenkameraden Probleme und Lösungsmöglichkeiten für Ihre persönliche Wohnungssuche.
2.1 Begründen Sie, warum es Studenten auf dem Wohnungsmarkt deutscher Großstädte besonders schwer haben, eine bezahlbare Wohnung zu finden. Führen Sie ggf. eigene Erfahrungen an.
2.2 Recherchieren Sie die durchschnittliche monatliche Nettomiete für eine 20 qm-Wohnung in mittlerer Wohnlage und Ausstattung gemäß Mietspiegel.
Für die Stadt München nutzen Sie das Online-Berechnungsprogramm auf dem Stadtportal: http://www.mietspiegel-muenchen.de/2015/berechnungsprogramm/berechnung.php
Hinweis:
Der Münchner Mietspiegel 2015 bietet eine Übersicht über die Mietpreise im Stadtgebiet. Die ortsüblichen Mietpreise ergeben sich aus den in den Jahren 2010 bis 2013 neu vereinbarten oder geänderten Mieten für frei finanzierte Wohnungen im Stadtgebiet München. Der Mietspiegel gilt z.B. nicht für Sozialwohnungen und Studentenwohnheime. Der ortsübliche Mietpreis soll das Mietniveau einschätzen und dient als Begründungsmittel für Mieterhöhungen.
2.3 Ermitteln Sie, um wie viel Prozent der Vermieter die Miete bei Neuvermietung nach § 556d BGB (= “Mietpreisbremse“) maximal heraufsetzen darf.
2.4 Skizzieren Sie die Angebotskurve und die Nachfragekurve für Ein-Zimmer-Wohnungen in einem geeigneten Preis-Mengen-Diagramm und ermitteln Sie die monatliche Nettomiete (ohne Umlagen) im Marktgleichgewicht.
Hinweise: Verwenden Sie zur vereinfachten Modellierung eine lineare Angebots- bzw. Nachfragekurve.
2.5 Sie haben sich mit Problemen der Wohnungssuche auseinandergesetzt und möchten sich daher mit Ihren Klassenkameraden zu der Bürgersprechstunde des Oberbürgermeisters im Rathaus der Stadt München anmelden. Sie möchten neben der Festlegung eines Höchstpreises (Anlage 1) für Mietwohnungen in vergleichbarer Größe und Lage mit dem Oberbürgermeister auch alternative Maßnahmen besprechen.
Zur Vorbereitung dieses Besuchs analysieren Sie die Auswirkungen dieser Maßnahme und erstellen eine Liste mit Pro- und Contra-Argumenten.
2.5.1 Beurteilen Sie die Auswirkungen der Festlegung eines Höchstpreises auf die konkrete Wohnmarktsituation in München.
Hinweis: Zeichnen Sie hierzu den Höchstpreis in Ihre Skizze von Nr. 4 ein.
2.5.2 Sammeln Sie darüber hinaus zusätzliche Pro- und Contra-Argumente unter ökonomischen und sozialen Gesichtspunkten.
2.5.3 Führen Sie alternative Maßnahmen an, die die Stadt ergreifen könnte, um bezahlbaren Wohnraum für Studenten zu schaffen.
2.6 Ziehen Sie ein persönliches Fazit und begründen Sie dieses gegenüber Ihren Mitschülern.
Hier finden Sie die Anlagen zu den Aufgaben:
Infoblatt: Höchstpreis
Stand: 05.07.2017
Der Staat (Bund, Länder und Gemeinden) kann unterschiedlich stark in das Wirtschaftsgeschehen eingreifen. In der sozialen Marktwirtschaft hat der Staat einen ziemlich weiten Gestaltungsspielraum. Marktkonforme Maßnahmen sind Staatseingriffe in die Wirtschaft, die den Markt-Preis-Mechanismus nicht außer Kraft setzen (indirekte Staatseingriffe). Hierzu zählen: Steuern, Zölle und Abgaben, Subventionen und Transferzahlungen sowie staatliche Stützungskäufe. Durch marktkonträre Maßnahmen wird die Marktpreisbildung außer Kraft gesetzt (direkte Staatseingriffe). Hierzu zählen z. B. Festpreise, Mindestpreise und Höchstpreise. Begrenzt der Staat den am Markt gehandelten Preis nach oben, handelt es sich um einen Höchstpreis. Dieser staatliche Höchstpreis darf nicht überschritten werden. Der Höchstpreis soll die Nachfrager vor zu hohen Ausgaben für lebensnotwendige Güter schützen. Er wird vor allem in Mangelzeiten, wenn die Nachfrage sehr groß ist, eingeführt, um die Bevölkerung mit den knappen, lebensnotwendigen Gütern zu versorgen. Der Höchstpreis liegt stets unter dem Gleichgewichtspreis, der sich ohne staatliches Eingreifen am Markt gebildet hätte. Der Preis verliert durch den Staatseingriff die Preisausgleichsfunktion, da er nicht mehr durch die Nachfragekonkurrenz bis zum Gleichgewichtspreis steigen kann. Der Höchstpreis verhindert kurzfristig zwar das Steigen der Preise, bewirkt langfristig aber einen Versorgungsmangel. So hat eine Mietpreisbindung langfristig stets ein Nachlassen der Neubautätigkeit für Mietobjekte nach sich gezogen, da die Bauherren nicht bereit waren, zu den niedriger festgesetzten Mieten zu investieren. Auch Überbelegungen oder kurzzeitige Vermietungen an z. B. Urlauber sind die Folge. Die Versorgung der Bevölkerung wird also beim staatlich festgelegten Höchstpreis durch das zu geringe Angebot nicht gewährleistet. Die Höchstpreispolitik führt also zu einem Nachfrageüberhang (Verkäufermarkt), weil bei dem niedrigeren Höchstpreis das Angebot kleiner als die Nachfrage ist. Aus diesem Grund muss der Staat eine zusätzliche Mengenregulierung einführen. Beispiele hierfür sind z. B. Wartelisten bei der Vergabe von Sozialwohnungen oder auch Lebensmittelmarken nach dem Zweiten Weltkrieg. Dies ist erforderlich, da sonst andere Nachfrager das knappe Gut erhalten, z. B. weil sie sich als Erste in die Warteschlange einreihen (Windhundverfahren) oder persönliche Beziehungen nutzen können (Vetternwirtschaft). In dieser Situation bilden sich häufig auch Schwarzmärkte, auf denen die Güter illegal zu höheren Preisen gehandelt werden.



