Gründe für Wirtschaftsschwankungen

Einteilung der Konjunkturtheorien

Über die Gründe für das Auftreten von Konjunkturzyklen gibt es viele Theorien und heftige Debatten. Was führt zu einer Belebung der Gesamtnachfrage oder des Gesamtangebots? Die derzeit in der Volkswirtschaftslehre üblichen Theorien können in zwei Gruppen eingeteilt werden:

Gründe für konjunkturelle Schwankungen

Exogene Theorien Endogene Theorien
Die Wurzeln der Schwankungen sind außerhalb des
Wirtschaftssystems zu suchen.
Gründe für die Konjunkturzyklen liegen innerhalb des
Wirtschaftssystems begründet:
– Monetäre Theorie
– Überinvestitionstheorie
– Überproduktionstheorie

Exogene Theorien

Gründe für konjunkturelle Schwankungen werden außerhalb des Wirtschaftssystems gesehen. Kriege, Revolutionen, Wahlen, Ölpreise, technologische Neuerungen, psychologische Größen und auch die Witterungsbedingungen werden als Auslöser für das Auf und Ab der Wirtschaft angesehen. Die Rezession von 1973 bis 1975 passt genau zu dieser Theorie.

Endogene Theorien

Endogene Theorien suchen die Mechanismen von Konjunkturschwankungen innerhalb des Wirtschaftssystems. Nach diesem Ansatz führt jeder Aufschwung früher oder später wieder in den Abschwung hinein. Man sieht diese Konjunkturwellen voraus, ohne jedoch den genauen Verlauf oder die genauen Ausprägungen prognostizieren zu können.

Monetäre Theorie

Der Konjunkturzyklus wird durch Veränderungen der Geldmenge erklärt. Der Aufschwung wird durch eine Erhöhung der Geldmenge erreicht, die über den Zinssatz der Europäischen Zentralbank (EZB) gesteuert wird. Die Banken können sich von der EZB Geld ausleihen, das sie wiederum ihren Kunden zur Verfügung stellen. Wird dieses Geld billiger, ist davon auszugehen, dass mehr Kredite nachgefragt werden. Wenn diese Kredite für Investitionen verwendet werden, kann sich auf dem Arbeitsmarkt die Situation verbessern. Normalerweise werden mehr Mitarbeiter benötigt. Dadurch steigt das Einkommen der Konsumenten. Wenn nun diese ihre Konsumausgaben erhöhen, kommt es zu einem weiteren positiven Impuls im Konsumgüterbereich.

Der Abschwung wird durch eine Verringerung der Geldmenge eingeleitet. Der Zins wird erhöht, so dass die Kreditnachfrage sinkt und weniger Investitionen durchgeführt werden können. Es werden weniger Mitarbeiter benötigt; Stellen werden abgebaut. Das Einkommen der Privathaushalte sinkt, so dass der Konsum geringer ausfallen wird. Der Freisetzungseffekt von Mitarbeitern breitet sich auf den Konsumgüterbereich aus. Die Wirtschaft wird insgesamt von einem Abschwung erfasst.

Überinvestitionstheorie

Zwischen dem Investitionsgütermarkt und dem Konsumgütermarkt kommt es regelmäßig zu Verzögerungen. Ein Nachfragezuwachs bei den Konsumgütern führt zu einem verhältnismäßig stärkeren Wachstum in der Investitionsgüterindustrie. Der Aufschwung beginnt. Ein Abschwung wird durch stagnierende oder fallende Konsumgüternachfrage erklärt, denn dies führt dies im Investitionsgütersektor zu verhältnismäßig starken Rückgängen.

Beispiel: Ein Konsumgüterhersteller hat seit mehreren Jahren Maschinen im Wert von 500 GE. Derzeit werden gleichmäßig 1.000 Stück nachgefragt. Damit ist das Unternehmen voll ausgelastet. Die tatsächliche Abnutzung der Maschinen und ihr Austausch erfolgt entsprechend der linearen Abschreibung. Die Nutzungsdauer der Anlagen liegt bei 10 Jahren.

Folgende Auswirkungen der Veränderung der Konsumgüternachfrage auf den Investitionsgüterbereich sind hier dargestellt:

  • Im ersten Jahr steigt die Konsumgüternachfrage, die bisher stets konstant war, um 20 % auf 1.200 Stück. Der Maschinenbestand verändert sich entsprechend.
  • Im zweiten Jahr bleibt die Konsumgüternachfrage gleich.
  • Im dritten Jahr sinkt der Konsum auf die Ausgangslage.
Konsumgüterbereich Investitionsgüterbereich
Nachfrage
nach Konsumgütern
in Stück
Maschinen-
bestand
in GE
Abschreibung
am Ende
des Jahres
Nachfrage
nach
Ersatz-
investitionen
zu Beginn
des Jahres
Nachfrage nach
Erweiterungs-
investitionen
zu Beginn
des Jahres
Summe
Ausgangssituation 1.000 500 50 50 50
Jahr 1 1.200 600 60 50 100 150
Jahr 2 1.200 600 60 60 60
Jahr 3 1.000 540 54

Die Ersatzinvestitionen zu Beginn eines Jahres entsprechen immer den Abschreibungen zum Ende des Vorjahres. Dies bedeutet, dass die Ersatzinvestitionen der Ausgangssituation in Höhe von 50 GE die im Jahr zuvor abgeschriebenen und ausgeschiedenen Maschinen ersetzen.

Im Jahr 1 erhöht sich die Investitionsgüternachfrage von 50 auf 150 GE. Dies entspricht einer Steigerung von 200 %, während die Konsumgüternachfrage nur um 20 % gestiegen ist.

Die Konsumgüternachfrage bleibt im Jahr 2 konstant. Dies führt im Investitionsgüterbereich zu einem Rückgang der Nachfrage auf 60 %.

Ein Sinken der Konsumgüternachfrage auf die Ausgangssituation wirkt sich im Investitionsgütersektor durch einen ungleich stärkeren Rückgang von 60 auf 0 GE (100 %) aus. Im Jahr 3 wurden im Konsumgüterbereich nur Maschinen im Wert von 500 GE zur Produktion benötigt. Da Maschinen im Wert von 540 GE vorhanden sind, kommt es zu Leerkapazitäten, weshalb in diesem Jahr auch keine Ersatzinvestitionen vorgenommen werden.

Überproduktionstheorie

Innerhalb dieser Theorie widmet man sich der Erklärung des Abschwungs, der durch eine ungleiche Einkommensverteilung zwischen den Unternehmen und den Haushalten erklärt wird. Man geht davon aus, dass die Löhne in der Aufschwungphase nur geringfügig ansteigen, während sich die Unternehmergewinne stark erhöhen. Daraus resultiert eine steigende Produktion, die von den Konsumenten nicht aufgekauft wird. Es entstehen hohe Lagerbestände, so dass die Unternehmer in der Folgezeit gezwungen sind, ihre Produktion zu drosseln. Es entstehen Leerkapazitäten, in deren Folge der Arbeitsplatzabbau einsetzt.

Bedeutung der Konjunkturtheorien

Keine dieser Theorien erklärt vollständig, warum es Konjunkturzyklen gibt; keine der Theorien eignet sich als umfassende Erklärung für jede denkbare oder tatsächliche Situation. Jede Theorie enthält aber auch ein Stück Wahrheit, mit der man Teilvorgänge erklären kann.

Gründe für Wirtschaftsschwankungen: Übung

Entscheiden Sie, ob die folgenden Aussagen richtig oder falsch sind.

Arbeitsauftrag: Klicken Sie die richtige Lösung an.

Gründe für Wirtschaftsschwankungen: Aufgaben

Testen Sie Ihr Wissen an folgenden Beispielen:

Aufgaben:

1 Erläutern Sie die Aussagen der Überinvestitionstheorie hinsichtlich der Gründe für die Einleitung von Auf- und Abschwung.

2 Erklären Sie, weshalb eine Zinssenkung durch die Europäische Zentralbank einen Aufschwung einleiten kann.

3 Nehmen Sie zur theoretischen Wirkungsweise der monetären Konjunkturtheorie kritisch Stellung.

4 Erklären Sie, weshalb man in der Überproduktionstheorie von einem Ungleichgewicht zwischen den Investitionen der Unternehmen und den Ersparnissen der privaten Haushalte ausgeht.

5 In einer Volkswirtschaft beträgt die Konsumgüternachfrage seit längerer Zeit konstant 10.000 Stück. Zur Herstellung dieser Güter werden Maschinen im Wert von 40.000 GE benötigt, die sich über einen Zeitraum von 10 Jahren gemäß der linearen Abschreibungsmethode abnutzen und ersetzt werden. Stellen Sie die Situation im Konsumgüter- und im Investitionsgüterbereich für folgende Änderungen dar:

  • Im Jahr 1 steigt die Nachfrage auf 12.000 Stück.
  • Im Jahr 2 steigt die Nachfrage auf 14.000 Stück.
  • Im Jahr 3 sinkt die Nachfrage auf 8.000 Stück.
  • Im Jahr 4 sinkt die Nachfrage auf 6.000 Stück.

Lösungen

Als Ursache des Aufschwung wird in der Überinvestitionstheorie eine Nachfrageerhöhung im Konsumgüterbereich angesehen. Diese wirkt sich im Investitionsgütersektor sehr viel stärker aus und schafft dadurch neue Arbeitsplätze.
Bleibt die Nachfrage im Konsumgüterbereich konstant oder sinkt sie, so gehen im Investitionsgüterbereich sehr viel mehr Aufträge verloren als es im Konsumgüterbereich der Fall ist. Der Abschwung wird eingeleitet.

Wenn die Zinsen sinken, werden wahrscheinlich mehr Kredite für Investitionen nachgefragt. Diese Investitionen setzen positive Impulse. Es werden Arbeitskräfte benötigt, um die neuen Maschinen zu produzieren; die Einkommen der privaten Haushalte steigen und es ist mehr Konsum möglich. Der positive Impuls setzt sich im Konsumgüterbereich fort.

Innerhalb der Kausalkette der monetären Theorie kann es verschiedene Zusammenhänge geben, die nicht wie in der Theorie funktionieren:

Wenn die EZB den Leitzins gegenüber den Geschäftsbanken senkt, so kann es eine Weile dauern, bis auch die Geschäftsbanken den Zins gegenüber ihren Privat- und Firmenkunden senken. Ob dieser Mechanismus schnell funktioniert, hängt von einem funktionierenden Wettbewerb ab.

Wenn die Banken ihren Zinssatz gegenüber den Privat- und Firmenkunden gesenkt haben, müssen nicht unbedingt neue Kredite aufgenommen werden, weil die Nachfrage nach Krediten nicht ausschließlich vom Zins abhängig ist. Unternehmen fragen nur Kredite nach, wenn sie auch Gewinnchancen in ausreichender Höhe erkennen können.

Aufgenommene Kredite zu günstigeren Konditionen bedeuten nicht zwangläufig, dass Investitionen erfolgen. Diese Kredite können auch zur Umschuldung oder zur Bezahlung von Löhnen und Gehältern verwendet werden.

Investitionen verbessern nicht in allen Fällen die Situation auf dem Arbeitsmarkt. Die Unternehmen könnten die Kredite zu arbeitssparenden Investitionen verwenden. Dann wirkt sich eine Neuinvestition eher negativ auf den Arbeitsmarkt aus.

Wenn die Investitionen mehr Arbeitsplätze schaffen, dann steht den Arbeitnehmern mehr Geld für Konsumzwecke zur Verfügung. Ob dieses Geld tatsächlich in den Konsum fließt, muss bezweifelt werden.

Man geht davon aus, dass die Arbeitnehmereinkommen in der Aufschwungphase nicht so kräftig ansteigen wie die Unternehmergewinne. Die Gewinne werden für Neuinvestitionen verwendet, die zu einem Anstieg der Lagerbestände führen. Die Haushalte üben sich unterdessen noch in Kaufzurückhaltung, weil deren Löhne geringere Wachstumsraten aufweisen.

Jahr Nachfrage Maschinen Abschreibung Ersatzinv. Erw.inv. Summe
0 10.000 40.000 4.000 4.000 4.000
1 12.000 48.000 4.800 4.000 8.000 12.000
2 14.000 56.000 5.600 4.800 8.000 12.800
3 8.000 50.400 5.040
4 6.000 45.360 4.536
Änderungen in Prozent Konsumgüterbereich Investitionsgüterbereich
     Jahr 0 auf Jahr 1 + 20 % + 200 %
     Jahr 1 auf Jahr 2 + 16,7 % + 6,7 %
     Jahr 2 auf Jahr 3 – 42,9 % – 100 %
     Jahr 3 auf Jahr 4 – 25 % 0 %

In diesem Beispiel ist die Auswirkung vom Jahr 1 auf das Jahr 2 innerhalb des Investitionsgüterbereiches nicht so stark wie in anderen Jahren.

Erläuterungen zu Jahr 3:
Notwendige Maschinen: 32.000
Vorhandene Maschinen: 56.000 – 5.600 = 50.400
Es finden keine Ersatzinvestitionen statt, weil genügend Maschinen vorhanden sind.

Erläuterungen zu Jahr 4:
Notwendige Maschinen: 24.000
Vorhandene Maschinen: 50.400 – 5.040 = 45.360