Bruttoinlandsprodukt als Wohlstandsindikator

Das Bruttoinlandsprodukt als alleiniger Wohlstandsindikator?

Das Bruttoinlandsprodukt wird üblicherweise als Indikator für den Wohlstand der Bevölkerung einer Volkswirtschaft benutzt. Die Auffassung, „je mehr Güter produziert werden, desto höher ist der Wohlstand“, muss jedoch grundlegend überdacht werden, weil es eine Reihe wichtiger Gründe gibt, die dagegen sprechen, das Nationaleinkommen als alleinigen Indikator des Wohlstandes zu betrachten.

Gründe gegen das Bruttoinlandsprodukt als alleinigen Indikator

Im Bruttoinlandsprodukt werden nur Güter erfasst, die auf dem Markt gehandelt werden.

Unentgeltlich erbrachte Leistungen, wie z.B. die von Hausfrauen, fließen nicht in das Bruttoinlandsprodukt ein, obwohl diese Arbeit einen wichtigen sozialen Beitrag erfüllt.

Auch Schwarzarbeit stellt eine Leistung dar, die nicht gemessen wird. Nach Schätzungen sind solche Arbeiten in ihrer Zahl steigend. Abgesehen davon, dass Schwarzarbeit Mindereinnahmen für den Staatshaushalt verursachen, können diese Leistungen den subjektiven Wohlstand steigern. Dies wird aber nicht durch das Bruttoinlandsprodukt gemessen.

Das Bruttoinlandsprodukt gibt keine Auskunft darüber, unter welchen Arbeitsbedingungen die Gütermenge erreicht wurde. Wenn eine hohe Gütermenge mit schlechten Arbeitsbedingungen erkauft wird, ist der Wohlstand nicht gestiegen.

Das Bruttoinlandsprodukt kann keine Auskunft über den Wohlstand geben, weil Werte wie Zugehörigkeit, Wertschätzung oder Selbstverwirklichung nicht in Preisen bewertet werden können.

Die zu Preisen bewertete Menge an Gütern und Dienstleistungen kann kein Ausdruck der individuellen Lebensqualität sein.

Das Bruttoinlandsprodukt berücksichtigt den Wert der Freizeit nicht.

Wenn das Bruttoinlandsprodukt nur steigt, weil die Arbeitszeit je Arbeitnehmer verlängert wurde, geschieht dies zu Lasten der Freizeit der Arbeitnehmer, die ebenfalls Bedeutung für den Wohlstand und die Lebensqualität besitzt.

Die Beseitigung von Umweltschäden erhöht das Bruttoinlandsprodukt.

Die Kosten der Beseitigung von Umweltschäden werden nicht von den Verursachern, sondern von der Allgemeinheit getragen. Werden die Schäden beseitigt, so erhöht sich das Bruttoinlandsprodukt, obwohl diese Maßnahmen nur dazu dienen, in etwa den Wohlstand zu erreichen, den man vor der Produktion der umweltschädlichen Güter hatte. Gleiches gilt auch für die Behandlung von Krankheiten, Unfällen oder die Beseitigung von Katastrophen- oder auch Kriegsschäden. Selbst der Straßenbau kann von einigen Menschen als Wohlstandsminderung angesehen werden, erhöht aber das Bruttoinlandsprodukt.

Der Staat erbringt Vorleistungen, die zum Bruttoinlandsprodukt hinzugerechnet werden.

Maßnahmen im Straßenbau oder andere Infrastrukturmaßnahmen stellen im Sinne der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung keine Vorleistungen dar, wie es in der Industrie oder im Handel üblich ist. Die Erfassung der staatlichen Vorleistungen als Investition des Staates erhöht das Bruttoinlandsprodukt, obwohl diese Leistungen nur dazu dienen, dass sich Industriebetriebe ansiedeln können. Diese Leistungen müssten als Vorleistungen erfasst werden.

Das Bruttoinlandsprodukt berücksichtigt die Einkommensverteilung nicht.

Die Menge an Gütern kann sehr ungleich verteilt sein. Für die Menschen, denen Güter und Dienstleistungen in ausreichender Anzahl zu Verfügung stehen, mag – ganz abgesehen von obigen Gründen – ein gestiegenes Bruttoinlandsprodukt mehr Wohlstand bedeuten. Wenn sehr vielen Menschen nur ein zu geringer Teil an Gütern zusteht, so dass die täglichen Bedürfnisse nicht oder nicht ausreichend erfüllt werden, kann auch ein gestiegenes Bruttoinlandsprodukt kaum eine Wohlstandserhöhung bedeuten. Die Verteilung ist eine Frage der Gerechtigkeit, für die jedes Land durch Verteilungskorrekturen eine individuelle Lösung finden muss.

Das Bruttoinlandsprodukt berücksichtigt Umweltschäden nicht.

Die Produktion von Gütern geht mitunter mit Verunreinigungen der Luft, der Gewässer und Lärmbelästigung einher. Wenn diese Schäden nicht beseitigt werden, sinkt der Wohlstand der Bevölkerung.

Der Marktpreis staatlicher Leistungen ist nicht feststellbar.

Die Leistungen des Staates werden nicht auf dem Markt gehandelt. Verwaltungsdienstleistungen werden zu Herstellungskosten im Bruttoinlandsprodukt angesetzt. Dieser Wertansatz ist letztlich willkürlich.

Staatliche Leistungen erhöhen das Bruttoinlandsprodukt, obwohl kein Verbraucher entscheiden kann, ob er diese Leistungen in Anspruch nehmen will oder nicht. Der Wohlstand einer Gesellschaft muss durch die staatlichen Leistungen nicht steigen.

Zur Messung des Wohlstandes ist das Bruttoinlandsprodukt als alleiniger Indikator untauglich. Es müssen weitere Messinstrumente hinzugenommen werden.

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