Finanzierungsanlässe

Finanzierung

Die Finanzierung hat zum Ziel ein Unternehmen so mit Kapital auszustatten, dass es seine Investitionen (Anschaffungen von Vermögenswerten) bezahlen kann. Bei sozialen Einrichtungen liegt der Fokus neben der Kapitalbeschaffung für Investitionen auf der Refinanzierung der erbrachten Leistungen.

Fallbeispiel

Franz Müller ist seit mehreren Jahren im sozialen Dienstleistungssektor tätig und will nun ein Seniorenzentrum eröffnen. Weit bevor der Betrieb starten kann, muss er große Geldbeträge aufbringen:

  • Am 03. März 01 erwirbt Herr Müller ein Grundstück in geeigneter Lage für 300.000,00 €.

  • Am 15. März 01 unterzeichnet er beim Notar einen Vertrag mit einem Bauunternehmen zur Errichtung eines Gebäudekomplexes inklusive seniorengerechter Ausstattung. Geplante Fertigstellung ist der 30. März 01. Die Zahlung des Kaufpreises über 5.000.000,00 € erfolgt in Raten nach Baufortschritt.

  • Am 30. März 01 mietet Franz Müller in der Nachbarschaft ein kleines Büro an, von dem aus er die Planungen für das Seniorenzentrum vorantreibt. Die Monatsmiete beträgt 500,00 €.

  • Von Oktober bis Dezember 01 schaltet Franz Müller zahlreiche Anzeigen in den regionalen Medien. Diese verursachen Kosten in Höhe von 4.000,00 €. Darüber hinaus stellt er im November 01 eine Mitarbeiterin  zur Vertragsabwicklung mit zukünftigen Kunden ein. Für die Teilzeitstelle entstehen Müller monatliche Ausgaben in Höhe von 2.800,00 €.

  • Im Januar 02 deuten sich Verzögerungen im Baufortschritt an. Müller beauftragt daher einen Bau-Gutachter sowie einen Rechtsanwalt, um mögliche Schadensersatzansprüche gegenüber dem Bauunternehmen zu prüfen. Die Honorare belaufen sich insgesamt auf 12.000,00 €.

Nachdem das Gebäude doch rechtzeitig fertig gestellt wird, ziehen im April 02 alle neuen Bewohner ein. Es entstehen nun monatliche Ausgaben (Löhne und Gehälter der Mitarbeiter, Leasing-Verträge für Fahrzeuge und sonstige Ausstattungen, Energie und Wasserversorgung, Verbrauchsmaterialien, …).

Jetzt gibt es jedoch auch endlich Einnahmen für das Unternehmen durch die monatlichen Zahlungen der Bewohner sowie durch deren Kranken- und Pflegekassen. Diese liegen höher als die laufenden Ausgaben und werden nun im Laufe vieler Jahre die getätigten Ausgaben zur Gründung wieder einbringen.

Anhand des skizzierten Beispiels wird der Zeitunterschied zwischen Ausgaben und Einnahmen im Unternehmen deutlich. Aus diesem Phänomen ergibt sich die Notwendigkeit, Einnahmen und Ausgaben zeitlich abzustimmen, um die Liquidität des Unternehmens sicher zu stellen und benötigtes Kapital möglichst günstig zu beschaffen. Für laufende Geschäfte in einem Unternehmen wird hierfür der Finanzplan verwendet. Geht es um die Finanzierung einer größeren Investition (z.B. in der Gründungsphase) wird eine Finanzierungsplan erstellt.

Finanzplan

Unternehmen müssen jederzeit ihre finanziellen Verpflichtungen erfüllen können. Deshalb sollen immer ausreichende flüssige Mittel oder entsprechende Verschuldungsmöglichkeiten vorhanden sein, um die Zahlungsfähigkeit sicherzustellen. Hierfür werden Finanzpläne erstellt, in denen die erwarteten Aus- und Einzahlungen des Unternehmens gegenüber gestellt werden. (Beachte: Die Begriffe Ausgaben und Auszahlungen werden hier synonym verwendet, ebenso Einnahmen und Einzahlungen.) Ein Finanzplan erfasst alle Zahlungsvorgänge für einen bestimmten Planungszeitraum; seine Genauigkeit ist von den Gegebenheiten des Unternehmens abhängig. Ein Versicherungsunternehmen oder ein Kreditinstitut wird eine genauere Finanzplanung benötigen als ein kleines Industrieunternehmen.

In Finanzplänen kann die Liquidität z.B. pro Tag, pro Woche, pro Monat usw. ermittelt werden. Aufgrund der vorhandenen Unterlagen (z.B. Kaufverträge, Lieferscheine, Rechnungsdurchschriften, Kreditverträge usw.), den Erfahrungen aus der Vergangenheit und den Zukunftseinschätzungen werden Finanzpläne für mehrere Perioden im Voraus erstellt. Diese Planwerte (Soll-Werte) werden dann fortlaufend mit den Ist-Werten überprüft und für die weitere Zukunft fortgeschrieben bzw. korrigiert.

Sollte für eine bestimmte Periode in einem Finanzplan die Summe der erwarteten Einzahlungen größer sein als die Summe der erwarteten Auszahlungen, dann liegt ein Liquiditätsüberschuss (Überdeckung) vor. Derartige Zahlungsmittelüberschüsse können deshalb frühzeitig erkannt werden und ihre sinnvolle Anlage kann geplant werden. Ist hingegen die Summe der erwarteten Einzahlungen geringer als die Summe der erwarteten Auszahlungen, so entsteht ein Finanzierungsbedarf (Unterdeckung) für diese Periode. Durch eine rechtzeitige Aufdeckung können notwendige Maßnahmen, wie z.B. die Aufnahme eines kurzfristigen Kredites, durchgeführt werden.

Das nachfolgende Beispiel dient der Veranschaulichung.

  Finanzplan für das 1. Quartal (in Tausend-€):
 Dez.
Vorjahr

Januar

Februar

März

Ist Soll Ist Soll Ist Soll Ist
  Einzahlungen
  – Umsatzerlöse 100 100 93 95 95
  – Kreditaufnahmen 20 20 0 25
  – sonstige Einzahlungen 10 10 12 10 10
  Summe 110 130 125 105 130
  Auszahlungen
  – Zahlungen an Zulieferer 60 60 60 60 60
  – Personalkosten 50 50 55 55 55
  – Zinsaufwendungen 2 2 2 2 2
  – Kreditrückzahlungen 0 5 5 0 0
  – sonstige Auszahlungen 13 13 13 13 13
  Summe 125 130 135 130 130
  Bestand – 15 0 – 10 -25 0
  Überdeckung
x 10 25
  Gegenmaßnahmen
z.B. Kontokorrentkreditx)
15 10 25 x

x) Kontokorrentkredit: Überziehungskredit auf dem Kontokorrentkonto (Girokonto).

Aus diesem Finanzplan ist ersichtlich, dass die Werte des Vormonats (berichtigt um absehbare Veränderungen) fortgeschrieben werden. Dabei bilden die tatsächlichen Ein- und Auszahlungen (Ist-Werte) die Grundlage für die Soll-Werte des Folgemonats. Diese Vorgehensweise wird auch als rollierendeFinanzplanung bezeichnet. Aus Fortschreibungsgründen werden beim Finanzplan zum 1. Quartal auch die Ist-Werte vom Vormonat (Dezember des Vorjahres) aufgeführt. Der Unterdeckung im Dezember wurde durch eine Kreditaufnahme im Januar entgegengewirkt. Die im Januar wieder aufgetretene Unterdeckung konnte (wie im Dezember) durch einen Kontokorrentkredit schnell ausgeglichen werden. Da sich bei der Fortschreibung für Februar (Soll) die Situation weiter anspannt, wird für März (Soll) eine weitere Kreditaufnahme eingeplant.

Finanzpläne werden nach der Fristigkeit unterschieden:

– Kurzfristige Pläne (bis zu einem Jahr) werden für das laufende Geschäftsjahr erstellt.
– Mittelfristige Pläne (bis unter vier Jahren) werden für neue Produktlinien und Kapazitätsanpassungen erstellt.
– Langfristige Pläne (über vier Jahre) für strategische Unternehmensentwicklungen und neue Geschäftsfelder.

Finanzierungsplan

Der Finanzplan darf nicht mit dem Finanzierungsplan verwechselt werden. Der Finanzierungsplan wird für einen einmaligen Finanzierungsvorgang (z.B. Firmengründung oder Produktionserweiterung) benötigt und gibt an, woher die dafür benötigten Geldmittel kommen.

Beispiel: Die Kapitalbedarfsberechnung ergibt für die Neugründung einer Aktiengesellschaft (AG) einen Gesamtkapitalbedarf von 2.000.000,00 €. Dieser Bedarf wird finanziert über die Ausgabe von Aktien in Höhe von 500.000,00 € (Eigenkapital). Ferner gewährt eine Bank ein langfristiges Darlehen über 1.300.000,00 €. Für den Restfinanzierungsbetrag von 200.000,00 € kann ein Kontokorrentkredit in Anspruch genommen werden.