Rechtsextremistische Bedrohungen der Verfassung

Begriffsklärung Rechtsextremismus

Auf der Webseite „Bayern gegen Rechtsextremismus“ schreibt Richard Stöss zur Ideologie und den Zielen des Rechtsextremismus:

„Das langfristige Ziel des Rechtsextremismus besteht darin, die staatliche Ordnung in einen völkischen Nationalismus zu transformieren, mithin einen Systemwechsel herbeizuführen. Die Notwendigkeit eines Systemwechsels, der eigene Machtanspruch also, wird mit existenzgefährdenden, äußeren oder inneren Bedrohungen gerechtfertigt, die propagandistisch überdramatisiert werden, damit sich in der Bevölkerung das Bedürfnis nach einem mächtigen Staat, einem omnipotenten Führer, nach einer autoritär-volksgemeinschaftlichen Problemlösung ausbreitet. Der Rechtsextremismus bestreitet die Legitimation des bestehenden Systems. Er zielt auf seine „Delegitimation“, indem er seine Werte, Verfassung, Strukturen, Institutionen und Führungsgruppen systematisch abwertet. Rechtsextremismus bedeutet den „totalen Angriff gegen Staat und Gesellschaft“, unabhängig davon, ob er sich system-konformer oder systemwidriger Methoden bedient.“

Quelle: Richard Stöss, Ideologie und Strategie des Rechtsextremismus

Rechtsextremistische Parteien und Gruppen

Die oben erwähnte Webseite führt folgende Parteien als rechtsextreme Parteien auf. Klicken Sie auf die Links, wenn Sie weitere Informationen über diese Parteien oder andere Gruppen der rechtsextremen Szene abrufen wollen.

Rechterroristische Gruppen

Eine Gruppe von Rechtsterroristen wird im November 2011 entdeckt: die Gruppe „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) in Zwickau, Sachsen. Acht türkische und ein griechischer Kleinunternehmer wurden von den Mitgliedern der Gruppe erschossen, eine Polizistin ermordet. Womöglich war die kleine Gruppe auch an zwei rassistisch motivierten Anschlägen in Köln und Düsseldorf beteiligt. Die Entdeckung, dass in Deutschland eine Gruppe rechtsextremer Terroristen über Jahre morden konnte, weckt den bei vielen Bürgern den Ruf nach einem harten Vorgehen des Staates – nicht nur gegen Täter und Unterstützer, sondern auch gegen Urheber und Propagandisten der menschenverachtenden Ideologie. In dem Zusammenhang wird jetzt wieder der Ruf nach einem Verbot der NPD laut, da die Partei der Kern des rechtsextremen Milieus ist.

Der „Spiegel“ widmet dieser Gruppe eine Titelgeschichte im November 2011 und spricht im Titel bereits von einer „Braunen Armee Fraktion“ – in Anspielung an die RAF („Rote Armee Fraktion“) der 1970er Jahre.

Das BKA entschließt sich im Dezember 2011 zu einem Fahndungsaufruf, wie er in den 1970er Jahren gegen die RAF mit ähnlichem Aufwand durchgeführt wurde. Dies zeigt, wie ernst die Bedrohung eingeschätzt wird. Verfassungsschutzpräsident Heinz Fromm stellte zu dem rechtsterroristischen Umfeld fest, dass deren Mitglieder unterschätzt worden seien: „Wir haben die Dimension ihres Hasses ebenso unterschätzt wie ihren Willen zur Tat“, sagte Fromm auf einer Veranstaltung im Dezember 2011. (Quelle: Den Hass unterschätzt,SZ, 15.12.2011)

Fahndungsaufruf des BKA:
„Die Bundesanwaltschaft und das Bundeskriminalamt bitten um Mithilfe bei der weiteren Aufklärung einer Serie von Schwerverbrechen. Sie begann im Jahr 2000 mit einem Mordanschlag in Nürnberg und setzte sich bis zum Jahr 2006 mit Morden an insgesamt acht türkischen/türkischstämmigen Geschäftsinhabern und einem griechischen Geschäftsinhaber in Deutschland fort. Im Januar 2001 und im Juni 2004 fanden in Köln Sprengstoffanschläge auf ein Lebensmittelgeschäft bzw. vor einem Friseursalon statt, bei denen über 20 Personen zum Teil schwer verletzt wurden. Im April 2007 wurde in Heilbronn eine 22-jährige Polizistin erschossen und ihr Kollege lebensgefährlich verletzt. Daneben kam es im gesamten Zeitraum, zuletzt am 04.11.11 in Eisenach, zu einer Reihe von bewaffneten Banküberfällen im Bundesgebiet. Nach den derzeitigen Erkenntnissen ist für die Taten eine rechtsterroristisch ausgerichtete Gruppierung verantwortlich. Bei den bislang bekannten Mitgliedern der Gruppe handelt es sich um den 38-jährigen Uwe Mundlos und den 34-jährigen Uwe Böhnhardt, die sich am 04.11.2011 in Eisenach nach einem Banküberfall in einem Wohnmobil selbst töteten, sowie die 36-jährige Beate Zschäpe, die sich am 08.11.2011 den Polizeibehörden stellte und u. a. wegen Verdachts der Bildung einer terroristischen Vereinigung in Untersuchungshaft genommen wurde.“

Quelle: http://www.bka.de im Dezember 2011

Die NPD

Die NPD ist die größte und stabilste Organisation im rechtsradikalen Milieu. Sie besitzt auch den privilegierten Status einer Partei und alles, was damit verbunden ist. Sie ist öffentlich präsent, nimmt an Wahlen teil, hat ihre Vertreter in Landtagen und Kommunalparlamenten, verfügt über Posten für Aktivisten – und über staatliches Geld, das ihr als Partei zusteht. Ein Verbot der NPD würde die gesamte rechtsextremistische Szene also schwer treffen. Einen Verein, in dem sich solche Mitglieder befinden, hätte das Bundesinnenministerium längst verboten. Aber die NPD ist kein Verein. Sie ist eine Partei und daher stehen vor einem Verbot hohe verfassungsrechtliche Hürden (vgl. Artikel 21 GG) für ein Verbot. Der frühere Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, warnt eindringlich vor einem NPD-Verbotsverfahren. Das Risiko sei aktuell nicht kalkulierbar: „Die NPD – und nicht nur einer ihrer Funktionäre – müsste in diese mörderischen Anschläge in irgendeiner Form verwickelt sein.“ Dieser Nachweis werde nicht einfach zu erbringen sein, so Papier. „Da müssten die Ermittlungen noch mehr ergeben.“

Quelle: www.welt.de 4.12.2011

Ein Verbotsantrag scheiterte 2003 daran, dass drei Verfassungsrichter die Durchdringung der NPD-Führung durch staatlich geführte Spitzel für unvereinbar mit den Anforderungen an ein rechtsstaatliches Verbotsverfahren erklärten. Der demokratische Staat war blamiert.
Nach wie vor beobachten die Verfassungsschutzämter die NPD mit nachrichtendienstlichen Mitteln, daher ist ein erneuter Verbotsantrag verfassungsrechtlich unsicher. Der einzige Weg, dieses höchstrichterliche Gebot zu umgehen, wäre der Abzug aller V-Leute aus den NPD-Führungsgremien. Das wäre zwar möglich, es ist aber in Anbetracht der jetzt deutlich gewordenen Gefährlichkeit der rechten Extremisten fraglich, ob ein solcher Abzug wünschenswert ist.
Als Konsequenz aus der Mordserie kündigte Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich die Einrichtung einer zentralen Datei zur Erfassung von Rechtsextremisten und den Aufbau eines „Abwehrzentrum Rechts“ in der Nähe von Bonn an. Darauf haben sich die Innen- und Justizminister von Bund und Ländern im November 2011 geeinigt. Vorbild war die bereits existierende ähnliche Datei über radikale Islamisten.

Rechtsextremistische Straf- und Gewalttaten

Die seit etwa Mitte 2014 steigenden Asylbewerberzahlen in Deutschland gingen mit einem deutlichen Anstieg rechtsextremistisch motivierter Straftaten und einer verstärkten Agitation von Rechtsextremisten gegen Asylsuchende und deren Unterkünfte sowie gegen die Asylpolitik der Bundesregierung insgesamt einher. Insbesondere im Laufe des Jahres 2015 gewann diese Entwicklung an Dynamik und Intensität. Auch 2016 war in diesem Themenfeld ein hohes Niveau zu konstatieren. So konnte bei rechtsextremistischen beziehungsweise rechtsextremistisch beeinflussten Aktivitäten vor allem in Bezug auf die Asylthematik eine deutliche Radikalisierung in Inhalt und Diktion festgestellt werden. Vor allem die Möglichkeiten des Internets können auf Radikalisierungsprozesse einen enormen Einfluss haben. Daraus resultiert auch eine potenzielle Gefahr der Herausbildung rechtsterroristischer Strukturen.

Quelle: https://www.verfassungsschutz.de/de/arbeitsfelder/af-rechtsextremismus/was-ist-rechtsextremismus

Experteninterviews zur Gewaltbereitschaft in der rechtsextremen Szene