Bundesverfassungsgericht

Aufgaben des Bundesverfassungsgerichts

Das Bundesverfassungsgericht hat seinen Sitz in Karlsruhe; es wacht über die Einhaltung des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland. Seit seiner Gründung 1951 hat das Gericht ganz wesentlich dazu beigetragen, der freiheitlich-demokratischen Grundordnung Ansehen und Wirkung zu verschaffen. In vielen stark beachteten Grundsatzurteilen hat das Bundesverfassungsgericht, das bei der Mehrheit der Bundesbürger höchstes Ansehen genießt, über die Auslegung von Artikeln des Grundgesetzes entschieden.
Zur Beachtung des Grundgesetzes sind alle staatlichen Organe verpflichtet. Kommt es dabei Konflikten, kann das Bundesverfassungsgericht angerufen werden. Seine Entscheidung ist unanfechtbar. An seine Rechtsprechung sind alle übrigen Staatsorgane gebunden. Damit kommt diesem staatlichen Organ eine herausragende Bedeutung zu.

Die Arbeit des Bundesverfassungsgerichts hat auch politische Wirkung. Das wird besonders deutlich, wenn das Gericht ein Gesetz für verfassungswidrig erklärt. Das Gericht ist aber kein politisches Organ. Sein Maßstab ist allein das Grundgesetz. Fragen der politischen Zweckmäßigkeit dürfen für das Gericht keine Rolle spielen. Es bestimmt nur den verfassungsrechtlichen Rahmen des politischen Entscheidungsspielraums. Wie schwierig diese Grenzziehung zwischen Politik und Recht ist, zeigt sich im Zusammenhang mit der Euro-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes 2012. Das Gericht wird durch die politisch motivierten Kläger gegen den Europäischen Rettungsschirm ESM in eine Machtposition („Wenn Karlsruhe regiert“ , NN vom 28.8.13) gedrängt, die es nicht haben sollte und wohl auch gar nicht haben will.
Die Begrenzung staatlicher Macht durch das BVG ist ein zentrales Kennzeichen des Rechtsstaats.

In zwei Senate aufgeteilt entscheidet es z.B. über Verfassungsbeschwerden, Verfassungsstreitigkeiten zwischen Organen, über Normenkontrollklagen von Gerichten oder Organen. Es gehört aber nicht zum normalen Instanzenzug der Gerichte. Auch in Fragen der Demokratiesicherung wird das BVG angerufen; die Bundesregierung und die Bundesländern wollten die NPD vom Verfassungsgericht als verfassungswidrige Partei einstufen und verbieten lassen, was allerdings scheiterte. In den Artikeln 93 und 94 des Grundgesetzes sind die Zuständigkeiten und die Zusammensetzung des BVG geregelt.

Interessant ist auch das Verhältnis des BVG zum Europäische Gerichtshof. Im Kern geht es dabei um die Frage, wer hat das letzte Wort – Karlsruhe oder der Europäische Gerichtshof? Welche Rolle wird das Bundesverfassungsgericht künftig unter den höchsten europäischen Gerichtshöfen spielen? Am Beispiel der Maßnahmen der EZB (Europäische Zentralbank) bei der Rettung der gemeinsamen Währung, soll durch das BVG geprüft werden, ob die EZB nicht in nationale souveräne Befugnisse unzulässig eingeriffen hat. Die Grenzen zwischen nationalem und EU-Recht sind hier schwierig zu ziehen und so ist der Fall im Jahr 2013 zum Schicksalsverfahren geworden. Darf sich das Karlsruher Gericht zum Kontrolleur einer originär europäischen Institution wie der EZB aufschwingen? Oder muss es sich nicht darauf besinnen, dass es eben doch nur ein nationales Gericht ist – eines von vielen?
Einen Bericht zu diesem Thema lesen Sie hier.

Wenn man der Frage nachgeht, warum das BVG bei so vielen Bürgern und den meistens Parteien so hohes Ansehen genießt und gelegentlich als der „bessere Gesetzgeber“ empfunden wird, muss man zwei Aspekte nennen: Die geradezu geheimnisvolle Wirkungsmacht dieses Gerichts erklärt sich vorrangig aus der bunten, heterogenen Zusammensetzung der beiden Senate und aus dem Ausschluss der Wiederwahl. So müssen Kandidaten für Karlsruhe im Bundestag oder im Bundesrat zwar einer Zwei-Drittel-Mehrheit vermittelbar sein, danach sind sie aber zwölf Jahre lang (oder bis zur Altersgrenze von 68) unabhängig. „Eine anschließende oder spätere Wiederwahl der Richter ist ausgeschlossen“, heißt es im Gesetz über das Bundesverfassungsgericht. Diese Unabhängigkeit hat schon zu manchen unerwarteten Entscheidungen einiger Verfassungsrichter geführt. Nicht wenige haben sich von der Linie „ihrer“ Partei entfernt, früher etwa die von der SPD nominierte Karin Graßhof oder der von der Union vorgeschlagene Konrad Kruis. Dazu gehört auch der ehemalige Gerichtspräsident Hans-Jürgen Papier. Er kam als konservativer Staatsrechtler mit CSU-Parteibuch und machte sich einen Namen als überzeugter Datenschützer und Bürgerrechtler.

Das Bundesverfassungsgericht in Bildern:

Das Sitzungssaalgebäude des Bundesverfassungsgerichts

Karlsruhe bundesverfassungsgericht.jpg
Von Tobias Helfrich – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, Link

Erster Senat – Zusammensetzung bis 15. Juni 1989; v. li.: Alfred Söllner, Otto Seidl, Hermann Heußner, Roman Herzog, Gisela Niemeyer, Johann Friedrich Henschel, Dieter Grimm, Thomas Dieterich – vor dem Adlerrelief aus dem Jahr 1969 von Hans Kindermann

Bundesarchiv B 145 Bild-F083310-0001, Karlsruhe, Bundesverfassungsgericht (retuschiert).jpg
Von Bundesarchiv, B 145 Bild-F083310-0001 / Schaack, Lothar / CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0 de, Link

50 Jahre Bundesverfassungsgericht. Die letzte Münze der Mark-Währung (2001), entworfen von der Künstlerin Aase Thorsen

German 10 DM 2001 Silver Coin Constitutional Court.jpg
Von Berlin-GeorgeEigenes Werk, CC BY-SA 3.0, Link

Aufgaben und Zuständigkeiten

Bundesadler des Bundesverfassungsgerichts
Von Sigmund von Weech – Diese Datei wurde von diesem Werk abgeleitet: Bundesadler.svg, Gemeinfrei, Link

Streitfall Antragsberechtigte Fallbeispiele
Verfassungsstreitigkeiten
Rechtsstreitigkeiten zwischen Verfassungsorganen (Bund, Länder)
Bundesorgane, Landesregierungen und u. U. Parteien

 

– Rechte des Bundespräsidenten im Zusammenhang mit Artikel 68 Abs. 1 GG (1983)
 
Normenkontrolle
– abstrakte Normenkontrolle: grundsätzliche Vereinbarkeit von Rechtsnormen mit dem GG
– konkrete Normenkontrolle: konkrete Vereinbarkeit einer Rechtsnorm mit dem GG
Bundesregierung, Landesregierungen,
ein Drittel des Bundestagsalle Gerichte bei einem Zweifelsfall
– Reform des § 218
(1975 und 1993)
– „Zustandekommen des Zuwanderungsgesetzes“ (2002)
– Entfernung von Verfassungsfeinden aus dem öffentlichen Dienst (1975)
Verfassungsbeschwerden
nach Ausschöpfung des normalen Rechtsweges
Jedermann (alle Bürger und Gemeinden der Bundesrepublik) – Recht auf „informationelle Selbstbestimmung“
(1983, Volkszählung)

– gleiche Besteuerung von Renten und Pensionen (200

Demokratie- und
Rechtstaatssicherung

– Verbot verfassungswidriger Parteien
– Grundrechteverwirkung einzelner Bürger
– Verlagerung von staalichen Kompetenzen auf die EU

 

Bundestag, Bundesrat, Landesregierungen

– Verbot der SRP (1953)
– Verbot der KPD (1956)
– Verbotsantrag gegen die NPD (2001/2002)- „Verfassungsklagen gegen Fiskalpakt und ESM“

Das Bundesverfassungsgericht befindet in rechtsverbindlicher und endgültiger Weise darüber, ob ein Gesetz oder eine staatliche Maßnahme mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Seine Entscheidungen Entscheidungen binden alle anderen Verfassungsorgane des Bundes und der Länder sowie alle Gerichte und Behörden.