Integration

Chancen der Migration

Der wirtschaftliche Aufschwung der deutschen Wirtschaft in den 50er Jahren war mit den einheimischen Kräften alleine nicht nicht zu bewerkstelligen. Der enorme wirtschaftliche Zuwachs Deutschlands, das Wirtschaftwunder, ist ohne Zweifel auch eine Leistung der ausländischen Arbeitskräfte. So mancher Betrieb konnte die steigende Nachfrage nur mit Hilfe der „Gastarbeiter“ befriedigen. Nachdem die Gewerkschaften, die ein Lohndumping befüchteten, durchgesetzt hatten, dass auch für die ausländischen Arbeitnehmer Tarifbedingungen zu gelten hatten, arrangierten sich die die deutschen Arbeitnehmer mit ihren ausländischen Kollegen. So mancher Deutsche verdankte ihnen seinen beruflichen Aufstieg, da schwere und unqualifizierte Arbeiten häufig von den zugewanderten Arbeitskräften übernommen wurden. Die jungen und gesunden Arbeitskräfte übernahmen alle, auch beschwerliche Arbeiten und nahmen kaum sozialstaatliche Leistungen in Anspruch. Ihre Beiträge sicherten die steigenden Renten in den 60er und 70er Jahren und trugen zum wachsenden Wohlstand der Deutschen bei.

Heute wirbt die Bundesrepublik Deutschland wieder südeuropäische Arbeitskräfte an. Gut ausgebildete Akademiker sollen heute den drohenden Fachkräftemangel in der Bundesrepublik abwenden. Es gibt viele Gründe, spanische Ingenieure oder griechische Ärzte anzuwerben: ihre gute Ausbildung, ihre Integrationsbereitschaft und die hohe Arbeitslosigkeit in ihren Heimatländern. Die Lage ist aber in der gesamten EU ähnlich: Die Menschen bekommen immer weniger Kinder, Fachkräfte werden knapp.

Kulturell trugen die verschiedenen Gruppen der Arbeitsmigranten zu vielen Veränderungen der deutschen Alltagskultur bei, die heute nicht mehr wegzudenken sind: Der Italiener nebenan mit seiner guten Pizza oder der türkische Gemüsehändler um die Ecke – beides gehört zum Alltag in Deutschland. Auch, wenn der Begriff „multikulturell“ umstritten ist, die deutsche Gesellschaft ist durch seine Migranten kulturell vielfältiger geworden.

Zahlen und Fakten

Im Jahr 2016 hatten 18,6 Millionen der insgesamt 82,4 Millionen Einwohner in Deutschland einen Migrationshintergrund (Zugewanderte und ihre Nachkommen). Von diesen 18,6 Millionen Personen waren 9,6 Millionen Deutsche und 9,0 Millionen Ausländer (51,8 bzw. 48,2 Prozent).

Gut zwei Drittel der Personen mit Migrationshintergrund – 12,7 Millionen bzw. 68,6 Prozent – waren 2016 selbst Migranten (erste Generation). Von diesen 68,6 Prozent mit eigener Migrationserfahrung waren 40,9 Prozent Ausländer und 27,7 Prozent Deutsche. Personen ohne eigene Migrationserfahrung, also Migranten in zweiter oder dritter Generation, machten knapp ein Drittel der Personen mit Migrationshintergrund aus (31,4 Prozent). Diese Gruppe teilt sich in Deutsche ohne eigene Migrationserfahrung (24,1 Prozent) und Ausländer, die ebenfalls in Deutschland geboren wurden (7,4 Prozent).

Die Deutschen mit eigener Migrationserfahrung (27,7 Prozent aller Personen mit Migrationshintergrund) untergliedern sich in selbst zugewanderte (Spät-)Aussiedler (17,1 Prozent) sowie selbst zugewanderte Eingebürgerte (10,4 Prozent). Die Deutschen mit Migrationshintergrund aber ohne eigene Migrationserfahrung (24,1 Prozent aller Personen mit Migrationshintergrund) lassen sich ebenfalls unterteilen: Die Gruppe der Eingebürgerten (2,7 Prozent) ist dabei deutlich kleiner als die der als Deutsche Geborenen (21,4 Prozent). Letztere sind zum Beispiel Kinder von Eingebürgerten, deutsche Kinder ausländischer Eltern oder Kinder von (Spät-)Aussiedlern.

Im Jahr 2016 lebten 95,7 Prozent der Personen mit Migrationshintergrund in Westdeutschland und Berlin. Mehr als jede vierte Person mit Migrationshintergrund lebte dabei in Nordrhein-Westfalen (26,2 Prozent), jeweils etwa jede Sechste in Baden-Württemberg und Bayern (17,5 bzw. 15,9 Prozent). Bezogen auf die jeweilige Bevölkerung der Bundesländer war ihr Anteil in den Stadtstaaten Bremen (30,5 Prozent), Hamburg (30,0 Prozent) und Berlin (28,0 Prozent) sowie in den Flächenländern Hessen (30,2 Prozent), Baden-Württemberg (29,7 Prozent) und Nordrhein-Westfalen (27,2 Prozent) am höchsten. In Ostdeutschland lag der Anteil der Personen mit Migrationshintergrund an der Gesamtbevölkerung bei lediglich 6,4 Prozent (Westdeutschland: 25,5 Prozent, Deutschland: 22,5 Prozent).

60,0 Prozent aller Personen mit Migrationshintergrund lebten 2016 in städtischen, 12,8 Prozent in ländlichen Regionen. Auf Gemeindeebene gilt, dass je größer die Einwohnerzahl der Gemeinde ist, desto größer ist tendenziell auch der Anteil der Personen mit Migrationshintergrund an der Gesamtbevölkerung: Während beispielsweise der Anteil in den Gemeinden mit weniger als 2.000 Einwohnern im Jahr 2016 bei 8,2 Prozent lag, hatte in den Gemeinden mit 50.000 bis unter 100.000 Einwohnern durchschnittlich etwa jede vierte Person einen Migrationshintergrund (25,6 Prozent). In den Gemeinden mit 500.000 Einwohnern und mehr lag der entsprechende Anteil bei 31,5 Prozent.

Mittelfristig wird sich der Anteil der Personen mit Migrationshintergrund weiter erhöhen: Im Jahr 2016 hatten in Deutschland 38,1 Prozent aller Kinder unter fünf Jahren einen Migrationshintergrund – in der Gruppe der 35- bis unter 45-Jährigen lag der entsprechende Anteil im selben Jahr bei 29,4 Prozent und bei den 85- bis unter 95-Jährigen bei 7,1 Prozent.

Europa ist für die Migration in Deutschland besonders bedeutsam: 35,5 Prozent der 18,6 Millionen Personen mit Migrationshintergrund stammten 2016 aus einem der 27 anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, weitere 32,1 Prozent aus einem anderen europäischen Staat. Die meisten der 18,6 Millionen Personen mit Migrationshintergrund stammten im Jahr 2016 aus der Türkei (15,1 Prozent), gefolgt von Polen (10,1 Prozent), Russland (6,6 Prozent) und Italien (4,6 Prozent). Kasachstan ist mit 5,2 Prozent das einzige wichtige nicht-europäische Herkunftsland. In diesem Zusammenhang ist allerdings zu berücksichtigen, dass für 7,4 Prozent der Personen mit Migrationshintergrund keine Angaben vorliegen.

Im Mikrozensus 2016 gaben 3,2 Millionen zugewanderte Deutsche (einschließlich zeitgleich eingereister Ehegatten und Kinder) an, mit dem Aussiedler- bzw. Spätaussiedlerstatus nach Deutschland eingereist zu sein. Die meisten (Spät-)Aussiedler kommen aus den Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion (2016: 1,5 Mio.) – darunter vor allem aus Kasachstan (582.000) und aus Russland (580.000). Daneben sind Polen (642.000) und Rumänien (223.000) wichtige Herkunftsländer.

Datenquelle: Statistisches Bundesamt: Mikrozensus – Bevölkerung mit Migrationshintergrund

Anteil der Einwohner mit Migrationshintergrund auf Kreisebene nach Daten des Zensus 2011 in Deutschland

Migrationshintergrund Kreise Zensus 2011.png
Von Michael Sander – selbst erstellt (Daten des Zensus, Kartengrundlage: hier), CC BY-SA 3.0, Link