Reibungskräfte
Einführung
Aus Erfahrung wissen wir, dass bei Bewegungsabläufen mehr oder weniger große Reibungskräfte auftreten. Reibungskräfte wirken immer entgegen der Bewegungsrichtung. Wie diese Reibung zustande kommt, sieht man unmittelbar, wenn man zwei Bürsten, mit den Borsten ineinander verkeilt, gegeneinander verschiebt. Bei der Bewegung der Borsten gegeneinander entstehen entgegengesetzt gerichtete Kräfte. Wenn Körper sich berühren, wirken jedoch nicht nur die Rauigkeiten der Oberflächen, sondern auch noch molekulare Anziehungskräfte (Adhäsion).

In diesem Kapitel soll untersucht werden, welche Gesetzmäßigkeiten bei Reibungsvorgängen gelten.
Versuchsbeschreibung
Zur Messung der Reibungskraft ziehen wir unseren Versuchskörper an einem Kraftmesser mit konstanter Geschwindigkeit über eine horizontale Unterlage. Beschleunigungskräfte treten durch die konstant gehaltene Geschwindigkeit nicht auf und der am Kraftmesser angezeigte Kraftbetrag entspricht damit dem Betrag der Reibungskraft. In den einzelnen Teilversuchen wird untersuch, ob und wie die Reibungskraft von der Zuggeschwindigkeit, der Größe der Auflagefläche, der Gewichtsraft und der Beschaffenheit der Oberflächen abhängt.

Versuchsdurchführung
Versuchsauswertung
Bei jedem Teilversuch lässt sich feststellen, dass am Anfang, wenn der Klotz noch in Ruhe ist, der Kraftmesser zunächst eine größere Kraft anzeigt als bei der späteren Gleitbewegung. Aus diesem Grund unterscheidet man zwischen der Haftreibungskraft (oder Haftkraft) \( \vec{F_{\mathrm{h}}} \) und der Gleitreibungskraft \( \vec{F_{\mathrm{gl}}} \). DIe Haftreibungskraft \( \vec{F_{\mathrm{h}}} \) entspricht dabei der maximalen Kraft, kurz bevor das Gleiten einsetzt. Im Teilversuch 1 besitzt die Haftreibungskraft den Betrag 0,30 N, die Gleitreibungskraft beträgt 0,20 N.
Die Ursache für das Vorhandensein einer Haftreibungskraft ist offensichtlich. Bevor sich der Körper in Bewegung setzt, greifen die Unebenheiten der Oberflächen besser ineinander als beim Gleiten.
Teilversuch 1:
Die Größe der Reibungskraft ist von der Geschwindigkeit, mit der der Körper gezogen wird, unabhängig.
Diese Aussage gilt jedoch nur, wenn die Geschwindigkeiten nicht zu hochnwerden. Bei schnellen Bewegungen sinkt die Reibungskraft nämlich etwas, da sich die Unebenheiten nicht mehr so stark ineinander verzahnen.
Auf der anderen Seite sorgt der Luftwiderstand dafür, dass die Reibungskraft bei höheren Geschwindigkeiten ansteigt. Ist die Luftströmung verwirbelt (nicht laminar), steigt die Luftreibung quadratisch mit der Geschwindigkeit, ansonsten linear. Auch spielen der Querschnitt und die Form des Körpers und die Dichte des strömenden Stoffes eine große Rolle. Bei unseren Versuchen zur Reibung können wir den Luftwiderstand vernachlässigen.
Teilversuch 2:
Die Größe der Reibungskraft ist von der Größe der Auflagefläche unabhängig. Die Ursache dafür liegt darin, dass auf der einen Seite zwar die Kraft pro Auflagefläche (der Druck) zunimmt, auf der anderen Seite aber die Größe der Auflagefläche abnimmt.
Teilversuch 3:
Bei zwei Klötzen (doppelte Gewichtskraft) verdoppeln sich Haft- und Gleitreibungskraft. Bei dreifacher Gewichtskraft verdreifachen sich Haft- und Gleitreibungskraft. Auch weitere Versuche würden zeigen, dass Haft- und Gleitreibungskraft proportional zur Gewichtskraft des Körpers sind:
\( F_{\mathrm{gl}} \sim F_{\mathrm{G}} \) bzw. \( F_{\mathrm{gl}} = k \cdot F_{\mathrm{G}} \)
\( F_{\mathrm{h}} \sim F_{\mathrm{G}} \) bzw. \( F_{\mathrm{h}} = k \cdot F_{\mathrm{G}} \)
wobei k jeweils eine Proportionalitätskonstante ist.
Teilversuch 4:
Haft- und Gleitreibungskraft hängen stark von der Obeflächenbeschaffenheit von Körper und Auflagefläche ab. Berücksichtigt wird dies durch die Proportionalitätskonstanten aus teilversuch 3. Für verschiedene Kombinationen von Oberflächen können ungefähre Werte ermittelt werden (siehe z.B. in folgender Tabelle).
Die Proportionalitätskonstanten werden als Reibungszahlen oder Reibungskoeffizienten bezeichnet und besitzen in der Regel den griechischen Buchstaben \( \mu \) (sprich „mü“):
Gleitreibungszahl: \( \mu_{\mathrm{gl}}= \frac{F_{\mathrm{gl}}}{F_{\mathrm{G}}} \)
Haftreibungszahl: \( \mu_{\mathrm{h}}= \frac{F_{\mathrm{h}}}{F_{\mathrm{G}}} \)
Sowohl Gleitreibungs- als auch Haftreibungszahl sind einheitenlos!
Für unseren Teilversuch 1 können wir\( \mu_{\mathrm{gl}} \) und \( \mu_{\mathrm{h}} \) sehr einfach bestimmen. Der Betrag \( F_{\mathrm{G}} \) der Gewichtskraft des Holzklotzes berechnet sich zu \( F_{\mathrm{G}} = m \cdot g= 0,100 \mathrm{kg} \cdot 9,81 \frac{\mathrm{m}}{\mathrm{s²}}= 0,98 \mathrm{N}\). Damit ergibt sich für die Gleitreibungszahl \( \mu_{\mathrm{gl}} \) der Wert \( \frac{0,2 \mathrm{N}}{0,98 \mathrm{N}}=0,2 \). Die Haftreibungszahl errechnet sich zu \( \mu_{\mathrm{h}} \) der Wert \( \frac{0,3 \mathrm{N}}{0,98 \mathrm{N}}=0,3 \).
Rollreibung
Bei rollenden Fahrzeugrädern wirkt die sogenannte Rollreibung. Die Rollreibungszahl oder Fahrwiderstandszahl \( \mu_{\mathrm{F}} \) ist sehr viel kleiner als die Gleitreibungszahl (siehe Tabelle). Es gilt wieder ein linearer Zusammenhang zwischen Reibungskraft und Gewichtskraft:
\( F_{\mathrm{F}} = \mu_{\mathrm{F}} \cdot F_{\mathrm{G}} \)
Gesamtergebnis
Die Beträge \( F_{\mathrm{gl}} \), \( F_{\mathrm{h}} \) und \( F_{\mathrm{F}} \) von Gleit-, Haft- und Rollreibungskraft, die zwischen einer waagrechten Oberfläche und einem Körper auftreten, verhalten sich jeweils proportional zum Betrag der \( F_{\mathrm{G}} \) der Gewichtskraft des Körpers. Mit den Reibungszahlen \( \mu_{\mathrm{gl}} \), \( \mu_{\mathrm{h}} \) und \( \mu_{\mathrm{F}} \), die von der Oberflächenbeschaffenheit von Körpern und Auflagefläche abhängen, können die Beträge der Reibungskräfte mit den folgenden Gleichungen berechnet werden:
\( F_{\mathrm{gl}}= \mu_{\mathrm{gl}} \cdot F_{\mathrm{G}} \)
\( F_{\mathrm{h}}= \mu_{\mathrm{h}} \cdot F_{\mathrm{G}} \)
\( F_{\mathrm{F}}= \mu_{\mathrm{F}} \cdot F_{\mathrm{G}} \)
mit \( F_{\mathrm{G}}= m \cdot g \).