Interferenz: Überlagerung zweier Kreiswellen
Ein sehr einfacher Fall einer Überlagerung von Wellen liegt vor, wenn sich zwei Wellen addieren, die von zwei Erregern mit gleicher Frequenz, gleicher Amplitude und gleicher Phase ausgehen. In einer Wellenwanne kann man diese Überlagerung erzeugen, indem man zwei gleichartig angeregte punktförmige Tupfer verwendet. Das Bild unten zeigt die Berechnung eines zugehörigen Interferenzmusters.

Alternativ kann man einen sogenannten Doppelspalt (Youngscher Doppelspalt, benannt nach Thomas Young) verwenden, der von einer ebenen Wellenfront getroffen wird. Die Grafiken unten zeigen die Erzeugung einer Kreiswelle am sehr schmalen Einfachspalt und die Überlagerung zweier Kreiswellen hinter einem Doppelspalt.

Untersuchung der Interferenz zweier Kreiswellen
Die Animation unten zeigt das berechnete Interferenzmuster zweier Kreiswellen, die ihr Zentrum an den Punkten (-2|-5) und (+2|-5) haben. Man erkennt, dass es hier 5 Linien maximaler Bewegung gibt, aber auch 4 Linien minimaler Bewegung. Wovon die Anzahl dieser Maxima und Minima abhängt und wo sie zu finden sind, wollen wir im Folgenden untersuchen.
Die Linien minimaler und maximaler Bewegung sind Geraden oder Hyperbeläste. Es hat sich eingebürgert, die Linien dieser Minima und Maxima durchzunummerieren und ihnen eine „Ordnung“ zuzuweisen. Die Nummerierung bei den Maxima beginnt bei 0, die der Minima bei 1.

Setzt man einen kleinen Korken auf die Wasseroberfläche dieser beiden überlagerten Kreiswellen, dann führt der Korken, wenn er sich auf einer der Maxima-Linien befindet, eine maximale Auf-und-ab-Bewegung durch. Auf den roten Minima-Linien bewegt er sich hingegen überhaupt nicht. Zwischen den Minima- und Maxima-Linien nimmt seine Schwingungsamplitude einen Wert zwischen 0 und einem maximalen Wert ein, der in der Realität von der Entfernung des Korkens von den Erregern und der Dämpfung abhängt.
Entstehung und Lage der Maxima I und Minima II

Der Punkt P2 im obigen Bild liegt auf einer Minima-Linie, auf der sich die Wellen auslöschen. Ein von einem Erreger ankommender Wellenberg trifft auf einen vom anderen Erreger ankommendes Wellental. Die Wegdifferenz Δs muss deshalb 0,5·λ, 1,5·λ, 2,5·λ usw. sein. Verwenden wir wieder den Buchstaben k, um die Ordnung eines Minimus anzugeben, dann lässt sich die Wegdifferenz Δs mit Δs = (k-0,5)·λ oder Δs = (2k-1)·λ/2 mit k = 1; 2; 3; … berechnen.

Im obigen Bild sieht man die beim roten Teilchen ankommenden Wellen (violett und blau). Sie überlagern sich destruktiv zu einem Minimum (rote Kurve), da sie so zueinander verschoben sind, dass die Wellenberge der einen Welle deckungsgleich mit den Wellentälern der anderen Welle sind (Δs = 0,5·λ, 1,5·λ, 2,5·λ, …).
Entstehung und Lage der Maxima und Minima I
Ein beliebiges Teilchen auf der Wasseroberfläche nimmt an zwei Schwingungen gleichzeitig teil. Die eine Schwingung (Welle) geht vom Erreger 1 aus, die zweite vom Erreger 2. Da die Schwingungen ausgehend von den Erregern zu einem Teilchen aber unterschiedliche Strecken zurücklegen, können die beiden ankommenden Sinus-Wellen gleichphasig, aber auch ungleichphasig sein. Treffen beim Teilchen die Wellenberge und Wellentäler gleichzeitig ein (gleichphasig), so ergibt sich eine Verstärkung (Maximum), treffen ein Wellenberg und ein Wellental im selben Moment ein, löschen sich die Wellen komplett aus (Minimum). Neben diesen beiden Sonderfällen, der maximalen Verstärkung und der Auslöschung, findet man neben den Maxima- und Minima-Linien Orte, bei denen die Verschiebung mehr oder weniger groß ist. Die Überlagerungsamplitude nimmt dann Werte zwischen 0 und einem Maximalwert ein.

Im Bild oben treffen beim Punkt P1 die Wellen der beiden Erreger phasenverschoben ein. Die Entfernung s1 des Punktes P1 vom linken Erreger (-2|-4) ist länger als die Entfernung s2 des Punktes P1 vom rechten Erreger (+2|-4). Die Wegdifferenz Δs = s2-s1 (Wegunterschied, Gangunterschied) beträgt für das obige Beispiel genau eine Wellenlänge λ, die beiden Wellen verstärken sich deshalb maximal. Eine maximale Verstärkung findet aber auch dann statt, wenn Δs = 0 oder Δs = 2·λ, 3·λ, 4·λ usw. ist. Damit haben wir eine Bedingung für das Auftreten eines Maximums an einer bestimmten Stelle gefunden. Die Wegdifferenz Δs der Wellen an dieser Stelle muss Δs = k·λ mit k = 0; 1; 2; … sein. Damit erklärt sich auch die Art der Durchnummerierung der Maxima. Beim Maximum mit der Ordnung 2 (k = 2) ist die Wegdifferenz 2·λ.
Im obigen Bild sieht man die beim roten Teilchen ankommenden Wellen (violett und blau). Sie überlagern sich konstruktiv (rote Kurve), da sie nicht (oder um Vielfache der Wellenlänge λ) zueinander verschoben sind.
Entstehung und Lage der Maxima und Minima III

Beim Punkt P3 findet sich weder ein Maximum noch ein Minimum, die Wegdifferenz Δs ist nicht das Vielfache von λ/2. Die Amplitude Ages der Schwingung an diesem Ort lässt sich dennoch berechnen. Dafür ist es notwendig, die Amplitude der Summe zweier zueinander phasenverschobenen Sinus-Wellen (mit der Amplitude A) allgemein zu bestimmen. Die Amplitude Ages läßt sich mit folgener Gleichung, die auf der nächsten Seite hergeleitet wird, berechnen: Ages = 2·A·cos(Δs/λ·π). Eine Dämpfung und die Abnahme der Amplitude über die Entfernung des Punktes von den Erregern wird bei dieser Gleichung jedoch nicht berücksichtigt. Das leuchtet in dem Moment ein, in dem wir für Δs beispielsweise 0 oder λ einsetzen. Ages berechnet sich dann zu 2·A, da der Kosinusterm den Wert 1 besitzt.

Im obigen Bild sieht man die beim roten Teilchen ankommenden Wellen (violett und blau). Je nachdem, wie groß die Wegdifferenz Δs ist, ist die Bewegung des Teilchens mehr oder weniger stark.
Um die Verschiebung, der von den Erregern ausgehenden Wellen anzugeben, kann neben der Wegdifferenz Δs auch der Phasenverschiebungswinkel Δφ der Sinuskurven angegeben werden. Δφ (im Bogenmaß) berechnet sich zu Δφ = (Δs/λ)·2π. Für Maxima beträgt Δφ damit 0, 2π, 4π,… und für Minima π, 3π, 5π,….
Entstehung und Lage der Maxima und Minima IV
Um die resultierende Amplitude Ages zweier zueinander verschobener Sinuskurven zu ermitteln, könnte man die beiden Sinuskurven in ein Zeitdiagramm eintragen und eine Punktaddition vornehmen. Das Ergebnis wäre dann die resultierende Sinuskurve mit der leicht abzulesenden Amplitude Ages. Um die beiden Sinuskurven zeichnen zu können, braucht man deren Phasenverschiebungswinkel Δφ, der sich, wie schon erwähnt, mit Δφ = (Δs/λ)·2π berechnen lässt.
Einfacher wird es, wenn man die beiden zu addierenden Sinuskurven als Projektionen von rotierenden Zeigern darstellt. Um die resultierende Amplitude Ages zu ermitteln, genügt es dann, die beiden Zeiger der Sinuskurven vektoriell zu addieren und die Länge des resultierenden Zeigers zu ermitteln, sie entspricht Ages. Die folgende Animation soll dies verdeutlichen.
Der Phasenverschiebungswinkel Δφ findet sich zwischen den beiden Zeigern (blau und violett). Der resultierend (rote) Zeiger entsteht durch Vektoraddition.

Im obigen Beispiel kommt die Welle, die durch den blauen Zeiger repräsentiert wird, früher (nicht ganz einen Wellenberg) am Beobachtungspunkt an, deshalb wird der blaue Zeiger um Δφ vorauseilend gegenüber dem violetten Zeiger eingezeichnet.

Der oben eingezeichnete Winkel ergibt sich daraus, dass der Summenwinkel in einem Dreieck π (180°) beträgt und die beiden anderen Winkel den gleichen Wert Δφ/2 besitzen. Da wir, wie bereits erwähnt, die Abnahme der Amplituden über die Entfernung oder wegen Dämpfung nicht berücksichtigen, sind die Amplituden der zu addierenden Wellen gleich, also A.
Zunächst tragen wir eine winkelhalbierende Hilfslinie ein.

Im obigen rechtwinkligen Dreieck gilt: sin((π-Δφ)/2) = (Ages/2)/A
Daraus folgt: Ages = 2·A·sin((π-Δφ)/2) = 2·A·sin(π/2-Δφ/2) = -2·A·sin(Δφ/2-π/2)
Verschiebt man den negativen Sinus um π/2 nach rechts (durch -π/2 in der Klammer), entspricht er dem positiven Kosinus:
Ages = 2·A·cos(Δφ/2)
Mit dem Zusammenhang zwischen Δs und Δφ (Δφ= Δs/λ·2π) folgt:
Ages = 2·A·cos(Δs/λ·π)
Anzahl der Maxima und Minima I
Viele Linien maximaler und minimaler Bewegung sind dann zu finden, wenn große Wegdifferenzen Δs in der Schwingungsebene vorhanden sind. Soll beispielsweise ein Maximum 2. Ordnung vorhanden sein, muss man Orte finden können, die von dem einen Erreger 2·λ weiter weg sind, als vom anderen. Das ist allerdings nur möglich, wenn die Erreger einen Abstand haben, der groß genug ist. Die maximale Wegdifferenz Δsmax in der Ebene findet man links und rechts von den Erregern in der Verlängerung der Erregerverbindungslinie auf zwei Halbgeraden.

Δsmax entspricht dem Erregerabstand b. Kennt man nun noch die Wellenlänge λ, kann man die maximale Wegdifferenz Δsmax auch in Vielfachen von λ berechnen: k = b/λ.
Im Bild oben ist k = b/λ = (4,0 cm)/(2,0 cm) = 2. Die maximale Wegdifferenz Δsmax beträgt damit 2·λ und das ist auch der Grund, warum auf den Δsmax-Linien Maxima 2. Ordnung zu finden sind. Insgesamt sind bei k = 2 fünf Maxima-Linien zu finden. Eine Gerade für das Maximum 0. Ordnung und je zwei Linien für die Maxima 1. und 2. Ordnung. Minima-Linien existieren vier, je zwei für die Minima 1. und 2. Ordnung.

Im Bild links sind die Erreger 0,5·λ voneinander entfernt (k = b/λ = 0,5). Es gibt nur ein Maximum 0. Ordnung und zwei Minima-Linien der 1. Ordnung in der Verlängerung der Erreger. Im Bild rechts besitzen die Erreger einen Abstand von b = 1·λ (k = 1). Es gibt 3 Linien maximaler Bewegung und zwei Linien minimaler Bewegung.
Anzahl der Maxima und Minima II

Im Bild links oben sind die Erreger 1,5·λ voneinander entfernt (k = b/λ = 1,5). Es gibt drei Maxima-Linien und vier Minima-Linien. Im Bild rechts besitzen die Erreger einen Abstand von b = 2·λ. Es gibt fünf Linien maximaler Bewegung und vier Linien minimaler Bewegung.

Hier sind die Erreger im linken Bild b = 2,5·λ auseinander (k = 2,5). Die Anzahl der Maxima-Linien ist fünf, die Anzahl der Minima-Linien ist 6. Rechts ist k = 3. Man findet sieben Linien maximaler Bewegung und 6 Minima-Linien.
Auf den beiden Geraden, die in der Verlängerung der beiden Erregern liegen, müssen nicht unbedingt Minima oder Maxima liegen. Im Bild unten ist k = 1,75 und damit ist die Wellenbewegung auf den beiden Verlängerungs-Geraden weder 0 noch maximal.

Schwingen die Erreger nicht synchron, also gleichphasig, verschieben sich die Maxima- und Minima-Linien in der Ebene. Bewegen sich die beiden Erreger exakt gegenphasig mit einer Phasendifferenz von π (180°), werden aus den Maxima-Linien Minima-Linien und umgekehrt.