Wesenszüge der wissenschaftlichen Theorie und der Alltagstheorie
Ausgangssituation:
Theo (17 J.) ist Schüler der Fach- und Berufsoberschule. In der Pause unterhält er sich mit seinem besten Freund Charly. Beide sind sich einig, dass blonde Frauen einfach nicht einparken können. Charly sagt überzeugt, dass er das erst gestern wieder beobachtet habe und ihm daher auch klar sei, warum das bei den Frauen einfach nicht klappt. Ben, ein Schüler der Parallelklasse, kommt hinzu und traut seinen Ohren nicht. „Ach, Leute! Das könnt ihr doch nicht einfach so sagen! Ihr solltet das als Schüler des Sozialwesens eigentlich wissen, dass das eine unzulässige Verallgemeinerung ist! Tzzz!“. Die beiden kommen ins Grübeln.
Aufgaben:
1. Informieren Sie sich über die Merkmale der Wissenschaft und der Alltagstheorie
2. Fixieren Sie zentrale Merkmale der wissenschaftlichen Theorie mit einer Erklärung in einer Tabelle.
3. Leiten Sie von den fixierten Merkmalen ab, wie die Alltagstheorie beschrieben werden kann. Stellen Sie hier einen Bezug zu der Ausgangssituation her und ordnen Sie das Beispiel passend ein.
4. Reflektieren Sie Ihre persönlichen Alltagstheorien. Überlegen Sie, wie diese zustande gekommen sind.
Informationstext zu den Merkmalen der wissenschaftlichen Theorie und der Alltagstheorie
1. Allgemeines
Der Ausgangspunkt jeder Wissenschaft ist die Beobachtung. Im Alltag beobachtet man Mitmenschen und beschreibt sie. Diese Situation kennt man von einem Bummel durch die Altstadt, von einem Spaziergang oder auch von einem Treffen mit Freunden. Aus diesen alltäglichen Beobachtungen leiten Menschen ab, warum sie oder andere sich so verhalten und nicht anders. Abzugrenzen ist diese laienhafte Erkenntnisgewinnung aber von der professionellen Arbeit der Pädagogen bzw. Psychologen. Diese fungieren als Wissenschaftler und beobachten ebenfalls. Der Unterschied liegt jedoch darin, dass sie dabei systematisch vorgehen und sich um die Einhaltung von wissenschaftlichen Gütekriterien bemühen.
2. Wissenschaftliche Gütekriterien
Bei Gütekriterien im wissenschaftlichen Sinne handelt es sich um Kriterien zur Bestimmung der Güte (Qualität) von Ergebnissen der Wissenschaft. Folgende Unterscheidungen werden getroffen:
2.1 Kriterium der Objektivität:
Dies bedeutet, dass das wissenschaftliche Ergebnis unabhängig von der Person des einzelnen Forschers ist. Die Ergebnisse müssen also beobachterunabhängig gewonnen werden. Grundsätzlich entscheidend ist, dass das Ergebnis frei von der Meinung des Beobachters und damit frei von jeder Form der Subjektivität ist.
2.2 Kriterium der Validität (Gültigkeit):
Ist etwas valide, dann ist es gültig. Dabei ist der Frage nachzugehen, ob auch tatsächlich genau das beobachtet wird, was beobachtet werden soll.
2.3 Kriterium der Reliabilität (Zuverlässigkeit)
Wiederholbarkeit wird u.a. mittel dem Kriterium der Reliabilität (Zuverlässigkeit) erzielt.
Ein Untersuchungsverfahren ist dann zuverlässig, wenn es genau das Merkmal exakt misst, das es messen soll. Eine Wiederholung der Messung würde demnach zu gleichen Ergebnissen führen.
3. Methodisches, wissenschaftliches Vorgehen
Das methodische Vorgehen ist geplant und organisiert, d.h. wissenschaftliche Aussagen werden nach bestimmten Regeln systematisch gewonnen. Eine systematische Vorgehensweise liegt dann vor, wenn das Vorgehen der wissenschaftlichen Untersuchung planmäßig erfolgt und schrittweise nachzuvollziehen ist. Es werden mithilfe wissenschaftlicher Methoden Informationen zu dem zu untersuchenden Sachverhalt gesammelt und aufbereitet.
Die wichtigsten wissenschaftlichen Methoden sind: Befragung, Interview, Test, Experiment und Beobachtung.
Wissenschaftler beobachten demnach Sachverhalte und formulieren Zusammenhänge, die dann durch weitere Beobachtungen verfeinert werden. Die veröffentlichten Ergebnisse können schließlich überprüft werden, denn die Art der Erkenntnisgewinnung muss so dokumentiert werden, dass sie in der Realität jederzeit nachvollziehbar ist. Dies wird auch durch die Möglichkeit des Wiederholens bzw. Reproduzierens sichergestellt, wobei eine wiederholte Messung im Idealfall dasselbe Ergebnis erzielen wird.
4. „Was ist denn eigentlich eine Theorie?“
In der Alltagssprache verwendet man den Begriff Theorie nicht selten. „Das ist deine Theorie!“ oder „X hat dazu eine Theorie aufgestellt!“ Diese Aussagen und Gedanken unterscheiden sich aber vom Theoriebegriff im wissenschaftlichen Sinn.
In der Wissenschaft geht es immer um den Zusammenhang von Beobachtung und Theorie.
Eine wissenschaftliche Theorie ist ein Erklärungsmodell, das auf bestimmten Prinzipien basiert. Mithilfe einer Theorie können beobachtete Verhaltensweisen oder Ereignisse in ein System gebracht und Vorhersagen getroffen werden. Eine Theorie stellt Einzelbeobachtungen in einen Zusammenhang und vereinfacht damit den Sachverhalt. Wissenschaftliche Theorien werden demnach nicht von Laien aufgestellt, denn eine Theorie verbindet Einzelfaktoren zu Prinzipien, schafft Zusammenhänge und ist eine hilfreiche Zusammenfassung – sowohl für die Forschungsarbeit als auch die berufliche Praxis.