Das OCEAN-Modell nach Costa und MCCrae
Lernsituation „Der Bewertungsbogen“
Ihre Freundin Lena möchten sich beruflich weiterentwickeln und absolviert in der kommenden Woche ein Praktikum in Ihrer Wunscheinrichtung. Bei einem Kaffee erzählt Sie Ihnen, dass das Gelingen des Praktikums für Lena von besonderer Bedeutung ist, da diese Einrichtung ihr Kooperationspartner für das Duale Studium an der Fachhochschule werden soll. (Hinweis: Bei dieser Ausbildungsform erfolgt die theoretische Ausbildung an der Fachhochschule und die Praxis wird zu gleichen Anteilen bei einem Wirtschaftsunternehmen absolviert)
Bereits in einem Vorgespräch mit dem Geschäftsführer erfährt Lena, dass Ihre Einschätzung und damit auch ihre Eignung anhand eines Bewertungsbogens erfolgen soll. Als der Geschäftsführer betont, dass man anhand weniger Faktoren sehr schnell erkenne, ob sie zum Unternehmen passe, wurde Lena hellhörig!
Da Sie sich bereits mit dem Thema Persönlichkeit im Fach Pädagogik/ Psychologie auseinandergesetzt haben, wissen Sie das Personalverantwortliche die „Big-Five“ häufig dazu einsetzen, um Mitarbeiter einzustellen. Deshalb beschließen Sie Ihre Freundin zu unterstützen. Sie erarbeiten gemeinsam, anhand den „Big Five“, eine Liste mit möglichen Handlungen, die Lena zu einen optimalen Erfolg in der Einrichtung verhelfen sollen.
Aufgaben:
1. Überlegen Sie zunächst, welche allgemeinen Eigenschaften eine Person für beruflichen Erfolg mitbringen sollten. Notieren Sie diese in Form eines Brainstormings auf ein Blatt.
2. Informieren Sie sich über das „ocean-Modell“ nach Costa und McCrae. Halten Sie dabei die fünf wichtigsten Dimensionen (Big Five) der Persönlichkeit fest.
3. Entwerfen Sie anhand der Eigenschaften zu den Dimension ein Do and Dont´s-Liste, mit erfolgreichen Handlungen, die Lena für den optimalen Erfolg in der Einrichtung unterstützen werden. (Sie dürfen die Ausgangssituation kreativ weiterentwickeln: Art der Einrichtung, Eigenschaften die Lena mitbringt/ fehlen,…)
4. Reflektieren Sie Ihre eigene Persönlichkeit. Erstellen Sie mithilfe des „OCEAN-Modells“ ein Persönlichkeitsprofil von sich selbst. (Wo sehen Sie ihre Stärken? Wo sind Ihre Schwächen?) Gleichen Sie diese Selbsteinschätzung ab!
ZUM NACHDENKEN: Auch in sozialen Netzwerken, geben Sie viel über Ihre Persönlichkeit preis. Anhand dieser Daten können schnell Persönlichkeitsprofile von Ihnen erstellt werden. Überlegen Sie, inwiefern und von wem das erstellte Profil genutzt werden könnte
Informationstext
Die Wissenschaft bewertet das OCEAN-Modell (aus dem engl.; zu dt. Fünf-Faktoren Modell) als das aktuell beste Modell aus der Psychologie, um die menschliche Persönlichkeit zu beschreiben. Dabei wird sich auf wenige Faktoren, genauer den „Big Five“ beschränkt. Die von Paul Costa und Robert Mc Crae nach den entsprechenden Anfangsbuchstaben des Modells formulierten Faktoren (Openness, Conscientiousness, Extraversion, Agreeableness, Neuroticism) sind seit den 1980er Jahren anerkannt und wurden mittels einer sogenannten Faktorenanalyse herausgearbeitet.
Eine Faktorenanalyse ist ein statistisches Verfahren bei dem die vielfältig gewonnen empirischen Variablen zu einem bestimmten Untersuchungsgegenstand auf wenige lineare Variablen (in diesem Fall Faktoren genannt) zusammengefügt werden.
So werden die vielen beobachtbaren Eigenschaften eines Arbeitnehmers wie Pünktlichkeit, das stetige Einhalten von Terminen und Absprachen oder der achtsame Umgang mit Arbeitsmaterialien auf den Faktor „hohe Gewissenhaftigkeit“ bzw. „niedrige Gewissenhaftigkeit“ zurückgeführt.
Die fünf Faktoren der „Big Five“
Die Faktoren der Big Five sind bei jeder Person unterschiedlich stark ausgeprägt (hohe bis niedrige Ausprägung). Sie können wie folgt beschrieben werden:
„openness“ (Offenheit)
Openness bezieht sich auf das Maß für Offenheit gegenüber von Erfahrungen. Personen die gegenüber neuen Dingen (Ästethik, Kunst, Intellektuelles,…) sich aufgeschlossen zeigen, erreichen oft hohe Werte in dieser Dimension. Zu den positiven Eigenschaften gehören eine gute Vorstellungskraft, der Wunsch Neues auszuprobieren und auch Neues zu lernen. Personen mit einem geringen Maß an opennness sind schwerfällig, starr und unflexibel vom Gemüt. Ein sehr eingeschränktes Interessenspektrum bis hin zu Desinteresse ist hier oft im Verhalten der Person zu erkennen.
Exemplifikation
Lilly soll in einem halben Jahr in eine betreute Wohngruppe für Menschen mit Behinderungen einziehen. Die Leitung und die Betreuer erstellen hierzu Persönlichkeitsprofile, um harmonische Wohngemeinschaften zu bilden. Die Zusammensetzung der WGs soll sich positiv auf die Persönlichkeitsentfaltung der unterschiedlichen Bewohner auswirken.
Lilly ging von Beginn an neugierig in die Wohneinrichtung. Sie zeigte sich sehr wissbegierig und stellte viele Fragen, u.a. zum täglichen Ablauf in der Gruppe. Besonders freute sie sich über die vielfältigen Angebote außerhalb der Wohngruppe, die allen Bewohnern offen stehen. Lilly ist ein Mensch mit vielfältigen Interessen.
„conscientiousness“ (Gewissenhaftigkeit)
Diese Dimension beinhaltet Eigenschaften wie Sorgfalt, Zuverlässigkeit, Strukturiertheit, Diszipliniertheit und das Maß an Pflichtbewusstsein gegenüber anderen Dingen und Aufgaben. Gewissenhafte Menschen sind leistungsorientiert, d.h. sie verfolgen Aufgaben zielstrebig und arbeiten hart dafür. Die negative Ausprägungen der Dimension ist hohe Nachlässigkeit, auch umgangssprachlich als „Schlampigkeit“ betitelt.
Exemplifikation
„extraversion“ (Extraversion)
Extraversion beschreibt, ob eine Person eher nach außen bzw. nach innen gewandt ist. Extrovertierte Personen suchen die Interaktion mit anderen, introvertierte Personen hingegen eher zu sich selbst. Extraversion zeigt sich dementsprechend in der Vielfältigkeit und der Handhabung der sozialen Kontakte. Es umfasst daher Eigenschaften wie Geselligkeit, Freundlichkeit, oder aber gegenteilig Reserviertheit, Zurückhaltung, Unfreundlichkeit.
Exemplifikation
Lilly geht freundlich auf die anderen Bewohner zu und sucht deren Kontakt. Man merkt, dass sie sich bei Gruppenaktivitäten wohl fühlt und insgesamt ein geselliger Mensch ist, der sich gern mit anderen abgibt.
„agreeableness“ (Verträglichkeit)
Dieser Faktor beschreibt die Art und Weise, wie eine Person mit anderen Menschen umgeht. Personen mit einem hohen Maß an Verträglichkeit wirken sympathisch und herzlich. Sie können sich in andere hineinversetzen, sind mitfühlend und daher auch hilfsbereit. Sie führen überwiegend positive Beziehungen zu anderen Menschen. Bei einer geringen Ausprägung ist die Person kühl und distanziert. Sie vertraut anderen nicht, manipuliert und zeigt keine kooperationsbreitschaft. Sie sucht sogar unter Umständen bewusst die Konfrontation mit anderen. Gering verträgliche Persönlichkeiten sind Einzelkämpfer und auf sich selbst bezogen.
Exemplifikation
Im Umgang mit den anderen Bewohnern zeigt Sie sich rücksichtsvoll. Bei Gruppenaktivitäten integriert sich Lilly gern in die neue Gruppe, jedoch nur solange sie einen eigenen Nutzen daraus zieht. Kann in einem Spiel ihre Gruppe den Sieg nicht erreichen, lässt sie die anderen im Stich.
„neuroticism“ (Neurotizismus)
Der Grad der Ausprägung an Neurotizismus zeigt an, wie emotional stabil eine Person ist. Eine Personen mit hoher emotionaler Stabilität, weißt ebenso eine hohe Resilienz auf. Sie ist ausgeglichen und sowohl in Alltags- als auch in Stresssituationen belastbar. Labile Persönlichkeiten empfinden häufig negative Emotionen, sind dadurch launisch oder angespannt. Sie können auch durch eine hohe Vulnerabilität beschrieben werden.
Exemplifikation
Lilly ist in Alltagssituationen weitestgehend emotional stabil. In Stresssituationen, wie z.B. wenn sie sich wegen einer Verspätung beeilen soll oder bei Konflikten in der Gruppe, wird Lilly rasch nervös und launisch.
Mit Hilfe der wenigen Faktoren können nun Persönlichkeitsprofile erstellt werden, die die Einzigartigkeit der Person widerspiegeln, diese aber auch nun mit anderen vergleichbar macht.
Persönlichkeitsprofil von Lilly (im Vergleich mit anderen) könnte nun grafisch wie folgt aussehen:
Exemplifikation
Lilly zeigt ein hohes Maß an Offenheit und Extraversion. Der Faktor der Gewissenhaftigkeit ist bei ihr hingegen sehr gering ausgeprägt. Im Bereich der Verträglichkeit und des Neurotizismus zeigt sie einen mittleren Grad der Ausprägung.
Anhand dieses Persönlichkeitsprofils können die Betreuer und Leiter der Wohngruppe, geeignete Förder- und Unterstützungsmöglichkeiten erkennen, wie z.B. in der Haushaltsführung oder aber auch die Möglichkeit sich invielfältigen Disziplinen ausprobieren zu dürfen.