Verstärkerpläne
Aufgaben:
1. Informieren Sie sich über die möglichen Verstärkerpläne.
2. Fassen Sie die zentralen Erkenntnisse schriftlich zusammen.
3. Überlegen Sie, welche Anforderungen die unterschiedlichen Verstärkerpläne jeweils an Eltern bzw. Pädagogen stellen. Welche Schwierigkeiten können sich ergeben?
Informationstext1
Der Verhaltensaufbau bei Lernenden wird erleichtert, wenn man sich vor Augen führt, dass auch die Häufigkeit der Verstärkergabe einen Einfluss auf den Lernprozess nimmt. So macht es durchaus einen Unterschied, ob eine Verhaltensweise immer und beständig verstärkt wird oder nur gelegentlich bzw. gar nicht.
Vor diesem Hintergrund sind verschiedene Verstärkerpläne voneinander abzugrenzen. Eine Differenzierung erfolgt in dreierlei Hinsicht:
1. Schnelligkeit des Verhaltensaufbaus,
2. Häufigkeit des Verhaltens in der folgenden Zeit,
3. Löschresistenz.
1) Kontinuierliche Verstärkung („continous reinforcement“)
Diese Form des Verstärkerplans ergibt sich bereits aus seiner Bezeichnung. Vor allem in der Anfangsphase eines Verhaltensaufbaus wird das erwünschte Zielverhalten immer verstärkt, sobald dieses gezeigt wird. Der Vorteil liegt darin, dass das Verhalten sehr schnell und zügig aufgebaut werden kann, da der Lernende nach der Verstärkung strebt. Sofern eine beständige Verstärkung erfolgt, zeigt sich das Verhalten in der folgenden Zeit auch vermehrt. Der Nachteil ist aber, und dieser darf nicht außer Acht gelassen werden, dass die Beständigkeit des erworbenen Verhaltens geringer ist und dieses löschanfällig ist. Die geringe Löschresistenz unterstreicht den Einsatz der kontinuierlichen Verstärkung in der Anfangsphase des Verhaltenserwerbs und den Wechsel zur intermittierenden Verstärkung in einem weiteren Schritt.
Exemplifikation: Felix (4 Jahre) wird zu Beginn immer verstärkt, wenn er sich alleine anzieht. Er wird zügig und schnell lernen, dass das das erwünschte Verhalten ist und er dann eine Belohnung erhält, d.h. von anderen Personen verstärkt wird.
2) Intermittierende Verstärkung
Im Gegensatz zur kontinuierlichen Verstärkung wird bei der intermittierenden Verstärkung das Verhalten nur gelegentlich verstärkt. Hier ist der sogenannte Intervall- vom Quotenplan zu unterscheiden. Der Intervallplan gibt an, dass die Verstärkung nach einem vorher festgelegten zeitlichen Intervall erfolgt. Der Quotenplan orientiert sich an der Anzahl gezeigter Reaktionen.
Soll ein Verhalten allein durch intermittierende Verstärkung erworben werden, so ist festzuhalten, dass der Aufbau des Zielverhaltens deutlicher langsamer erfolgt, als dies bei der kontinuierlichen Verstärkung der Fall ist. Das erwünschte Zielverhalten wird unter Umständen auch nicht regelmäßig gezeigt, da es an Verstärkung fehlt. In einem solchen Fall sollte zumindest kurzzeitig auf die kontinuierliche Verstärkung gewechselt werden. Ebenso ist aber auch zu konstatieren, dass es im Vergleich zu durch kontinuierlich erlerntem Verhalten löschungsresistenter und damit auch beständiger ist. Skinner stellte fest, dass ein beim Kind erwünschtes Verhalten, das nur gelegentlich verstärkt wurde, wesentlich länger bestehen bleibt, als ein Verhalten, dass kontinuierlich verstärkt wurde.
Exemplifikation: Felix wird in dieser Phase des Lernprozesses nicht mehr kontinuierlich, sondern nur noch gelegentlich dafür verstärkt, dass er sich eigenständig anzieht. Er erhält das Lob nur ab und zu. Orientiert man sich hierbei an einem Quotenplan, so würde er die Verstärkung nach jedem dritten alleinigen Anziehen erhalten.
3) Differentielle Verstärkung
Eine dritte Möglichkeit der Verstärkung wird als differentielle Verstärkung bezeichnet. Der DUDEN beschreibt „differentiell“ als „unterscheidend, einen Unterschied darstellend, begründend“. In den pädagogischen Arbeitsbereich übertragen bedeutet dies, dass ein Unterschied gemacht wird, welches Verhalten verstärkt wird und welches nicht. Die differentielle Verstärkung meint demnach, dass das erwünschte Zielverhalten verstärkt wird und das unerwünschte Verhalten, sofern keine Gefahr droht, ignoriert wird.
Ansätze des erwünschten Verhaltens werden demnach verstärkt und erwünschtes Verhalten damit aufgebaut. Unerwünschtes Verhalten wird ignoriert und tritt somit weniger häufig auf.
Exemplifikation: Felix wird dann verstärkt, wenn er sich alleine angezogen hat. Dies ist das erwünschte Zielverhalten, welches von Felix gezeigt werden soll. Möchte er sich nicht oder nicht angemessen anziehen (z.B. dicke Jacke im Sommer), so wird dies – sofern es möglich ist – ignoriert. Im selben Zuge sollte man ihm allerdings passende und ihn ansprechende Anziehsachen anbieten, damit das Erlernen eines angemessenen Kleidungsstils nicht völlig außer Acht gelassen wird.
Nachgedacht! Eltern, ErzieherInnen und andere Sorgeberechtigte reagieren oft auf unakzeptables Verhalten von Kindern mit erhöhter Aufmerksamkeit. Sie wenden sich dem Kind zu, reagieren unverzüglich, indem sie das Kind zur Seite nehmen und ihm Zeit schenken. Sie verstärken dadurch oft ungewollt das nicht erwünschte Verhalten.
Kennen Sie eine Situation, die diesen „Umstand“ passend mit Leben füllt? Notieren Sie diese!
1Schermer, Drinkmann: Grundlagen der Psychologie (Psychologie in der Sozialen Arbeit, Band 1), Kohlhammer Verlag, 4. Auflage 2017, S. 60ff