Grundexperiment Modelllernen

Aufgaben:

1. Informieren Sie sich über das Grundexperiment des Modelllernens und die hieraus resultierenden Erkenntnisse.

2. Fixieren Sie die zentralen Informationen in Ihren Unterlagen.

3. Die Aggressionsexperimente werden mehrfach auch in die Diskussion um die Wirkung von Gewalt in den Medien einbezogen. Reflektieren Sie den Einfluss der Gewalt in den Medien v.a. auf Kinder und Jugendliche vor dem Hintergrund des dargestellten Experimentes.

Informationstext

Die sozial-kognitiven Theorien, die neben den Konditionierungstheorien ebenfalls den Lerntheorien zuzuordnen sind, sehen den lernenden Menschen stets in sozialen Situationen agierend. Für Lernprozesse von zentraler Bedeutung sind dabei die kognitiven Prozesse der Informationsverarbeitung und -speicherung. Diese entscheiden, wie mit den aus der Umwelt stammenden Reizen umgegangen wird.

Im Rahmen der Theorie des Beobachtungslernens bzw. Modelllernens, einem Teilbereich der sozial-kognitiven Theorie, konnten Bandura u.a. diesen Zusammenhang eindrücklich nachweisen. Grundlage hierfür stellte das nun mittlerweile als klassisch zu bezeichnende Experiment zum Erlernen von Aggressionen, das so genannte „Rocky- Experiment“ (1963) dar:

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Der Ablauf des Experimentes lässt sich wie folgt zusammenfassen (Pervin: Persönlichkeitstheorien,3. Auflage, Reinhardt-Verlag, 1993, S. 406-409):

Eine Gruppe von Vorschulkindern wird nach dem Zufallsprinzip in drei Versuchsgruppen eingeteilt und durchläuft den Versuchsvorgang in drei Phasen:

Phase 1: Die Kinder verfolgen im Labor einen Film, in dem zu sehen ist, wie eine erwachsene Person („Rocky“) aggressiv mit einer großen Puppe („Bobo Doll“) umgeht. Je nach Versuchsgruppe wurde „Rocky“ am Ende des Filmes

– belohnt (1. Gruppe),

– bestraft (2. Gruppe),

– ohne Konsequenzen entlassen (3. Gruppe).

Phase 2: Die Kinder werden in einen Raum gebracht, in dem sich das Spielzeug befand, welches sie auch im Film zu sehen bekommen haben. Ihr Spielverhalten wurde durch eine Einwegscheibe systematisch beobachtet. (vgl. Abb. Anzahl der imitativen aggressiven Reaktionen: „kein Anreiz“).

Aus den Ergebnissen lässt sich schlussfolgern, das die Beobachtung von belohntem aggressiven Verhalten auch das aggressive Verhalten des Beobachters steigert. Eine Bestrafung des Modells hingegen hemmt die Nachahmung des beobachteten Verhaltens.

Unsicherheit bestand nun dahingehend, ob die Kinder der Gruppe 2 das beobachtete Verhalten nicht gelernt hatten, oder ob sie durch das gezeigte Filmende zugleich das Wissen um die Unangemessenheit aggressiven Verhaltens miterworben haben. Entsprechend folgte Phase 3 des Experimentes.

Phase 3: Die Kinder aller Gruppen bekamen eine Belohnung (positiver Anreiz) in Aussicht gestellt, wenn sie das beobachtete aggressive Verhalten imitieren würden. Erneut im Spielzimmer konnte nun beobachtet werden, wie sich die Unterschiede in den Nachahmungsraten aufgehoben haben. In allen drei Gruppen traten ähnlich häufig aggressive Verhaltensweisen auf, was darauf schließen lässt, dass alle Kinder gelernt hatten – selbst wenn sie es nicht gleich gezeigt haben. Demnach beeinflussten die negativen Konsequenzen beim Modell zwar die Ausübung, nicht aber das Lernen der aggressiven Verhaltensweisen (vgl. Abb. Anzahl der imitativen aggressiven Reaktionen: „mit Anreiz“).

Dieses Experiment wurde von Bandura u.a. auf verschiedenste Weisen variiert (z.B. Darbietung als reale Situation oder als Comic, Ergänzung des Filmes um verbale Erläuterungen u.ä.). Folgende Ergebnisse können festgehalten werden:

  • zwischen der Wirkung von Filmdarstellungen und der Beobachtung natürlicher Situationen besteht kaum ein Unterschied.
  • zusätzliche verbale Erläuterungen und Zusammenfassungen erhöhen die Wirkung der Beobachtung.
  • Filme sind wirksamer als Comics und diese sind wirksamer, als wenn nur eine Geschichte erzählt wird.
  • die Imitationsraten sind umso höher, je lebensnäher das Modell agiert.
  • nach der Beobachtung desselben Modells zeigen Jungen und Männer mehr aggressives Verhalten als Mädchen und Frauen.

(zit. nach Heidenreich: Training Grundwissen Pädagogik, Stark-Verlag, 1996, S.72-73)