Arten und Relativität von Verstärkern

Aufgaben:

1. Informieren Sie sich über die verschiedenen Arten und die Relativität von Verstärkern.

2. Fassen Sie die zentralen Erkenntnisse schriftlich zusammen und finden Sie dabei eine sinnvolle Struktur (z.B. Tabellenform). Integrieren Sie hier auch die Exemplifikation.

3. Überlegen Sie, welche Verstärker allgemein besonders effektiv sind. Erinnern Sie sich dabei auch an Ihre Kindheit: Welche Verstärker haben bei Ihnen „gut funktioniert“. Wie ist das heute?

4. Reflektieren Sie anhand konkreter Beispiele, inwiefern auch Bestrafungen auf verschiedene Arten erfolgen können und in ihrer Wirkung relativ sind.

Informationstext

1. Primäre, konditionierte und generalisierte Verstärker

Ausgehend von seinen Experimenten mit der Skinnerbox und den dort eingesetzten Arten der Verstärkung bzw. Bestrafung unterscheidet Skinner grundsätzlich zwischen primären und konditionierten Verstärkern.

Die primären Verstärker zeichnen sich dabei dadurch aus, dass die verstärkende Wirkung von ihnen selbst ausgeht und diese angeboren ist. Ein vorheriger Lernprozess ist nicht nötig, da sie sich auf grundlegende, d.h. elementare Bedürfnisse stützen. Hierbei handelt es sich beispielsweise um Schlaf, Zuwendung oder die unmittelbare Versorgung durch Nahrung.

Exemplifikation:  Milo (10 Jahre) ist sehr hungrig. Den ganzen Tag über hat der noch nichts gegessen, denn der Schultag war sehr hektisch. Als er nach Hause kommt, erwartet ihn die Mutter bereits mit seiner Lieblingsspeise: Nudeln mit Tomatensoße. Da er hungrig ist und somit ein elementares Bedürfnis vorliegt, fungiert die Speise als primärer Verstärker für das nach Hause kommen.

Hiervon gilt es die sekundären (=konditionierten) Verstärker zu unterscheiden. Diese waren vorab neutral behaftet und hatten keine direkte Bekräftigungswirkung. Sie entwickelten sie erst in Verbindung mit einem primären Verstärker, wobei wichtig ist, dass es im Bereich der sekundären Verstärker keine Begrenzung gibt. Hier kann eher von einer Vielfalt gesprochen werden. Beispiele können sowohl ein Buch aus einem bestimmten Genre, ein Kleidungsstück eines bestimmten Herstellers oder eine besondere Süßigkeit sein, deren Verstärkung nicht aus der Sättigung, sondern einem bestimmten Geschmack resultiert.

Eine Sonderform der sekundären Verstärker ist der generalisierte Verstärker. So heißt es nicht umsonst: „Geld regiert die Welt!“, denn die Bedeutung dieses Verstärkers erscheint unermesslich. Dies bezieht ein, dass z.B. die monetäre Zuwendung sowohl im Kindes- und Jugendalter, aber auch noch in späteren Lebenslagen als Verstärker fungieren kann. Dieser generalisierte Verstärker ist als von der momentanen Bedürfnislage unabhängig zu sehen.

Schermer, Drinkmann: Grundlagen der Psychologie (Psychologie in der Sozialen Arbeit, Band 1), Kohlhammer Verlag, 4. Auflage 2017, S. 58ff

2. Weitere Unterteilungsmöglichkeit der Arten von Verstärkern

Wie aus dem vorangestellten Absätzen hervorgeht, können die eingesetzten Verstärker je nach deren inhaltlicher Ausgestaltung differenzierter betrachtet werden. In der Praxis ist eine Auswahl nötig und sinnvoll!

2.1 Materielle Verstärker

Diese Verstärkerart umfasst, wie es der Name schon vorgibt, alle vorstellbaren materiellen, gegenständlichen Dinge. Dies können in der Kindheit eine Rassel, ein Spielzeugauto oder eine tolle Puppe sein. In der Jugend sind es eher ein Fahrrad, Inline-Skates oder später eine tolle Soundanlage bzw. das erste eigene Auto. Es handelt sich hier vor allem um individuell begehrenswerte Gegenstände und Sachelemente.

Exemplifikation:  Milo (10 Jahre) hat ein sehr gutes Zeugnis erreicht. Die Lehrer sind zufrieden. Aus diesem Grund bekommt er von seinen Eltern das funkferngesteuerte Auto, das er sich schon so lange gewünscht hat. Aus Auto ist dabei ein materieller Verstärker, der Milo weiter anspornen soll, sich für die Schule anzustrengen.

2.2 Soziale Verstärker

Diese Form der Verstärkungsmöglichkeit hat von Anfang an eine nicht zu unterschätzende, aber mit zunehmendem Alter noch steigende Bedeutung. Soziale Verstärker zeigen sich in Mimik und Gestik, d.h. einem zustimmenden Kopfnicken, einer Umarmung, aber auch in verbaler Form – nämlich dann, wenn ein Lob oder eine Zustimmung zur Meinung der anderen Person direkt formuliert wird. Hier ist eine Nähe zum informativen Verstärker durchaus erkennbar. Im Zuge der Peer-Group-Entwicklung gewinnen soziale Verstärker an Bedeutung.

Exemplifikation:  Milo (10 Jahre) hat ein sehr gutes Zeugnis erreicht. Die Eltern sind begeistert und loben ihn dafür. Sie nehmen ihn in den Arm und finden anerkennende Worte. Als der Junge seinem besten Freund davon berichtet, dass er ein gutes Zeugnis hat, klatschen beide ab. „Voll cool!“, sagt sein Freund Bastian. „Du weißt ja auch ganz schön viel!“, ergänzt er.  In beiden Fällen handelt es sich um einen sozialen Verstärkern. Die Eltern wirken als soziale Verstärker aus dem Bereich der Familie und der Freund Bastian vertritt die Peer-Group.

2.3 Aktivitäts- oder Handlungsverstärker

Auch bei dieser Möglichkeit der Verstärkung kann vom Terminus auf die inhaltliche Gestaltung geschlossen werden. Die Verstärkung ergibt sich aus einer besonderen Aktivität/ Handlung, die auf das gezeigte Verhalten folgt. Es geht um Tätigkeiten, die mit Erlebnissen und damit wertvollen Erinnerungen verbunden sind. Dies kann der Besuch des Zoos, eines Freizeitsparks, eines Festivals, eines Konzerts o.ä. sein.

Exemplifikation:  Milo (10 Jahre) hat ein sehr gutes Zeugnis erreicht. Die Eltern sind begeistert und wollen ihn daher überraschen. Da er sich schon lange den Besuch eines Freizeitparks wünscht, planen Sie für ihn diesen besonderen Ausflug und nehmen sich vor, in der ersten Ferienwoche ein Wochenende in einem Park zu verbringen.

2.4 Informative Verstärker

Informative Verstärker geben dem Lernenden eine Rückmeldung, eine Information zu seinem Verhalten.

Exemplifikation:  Milo (10 Jahre) hat ein sehr gutes Zeugnis erreicht. Allein dieses Zeugnis fungiert in dieser Form als informativer Verstärker, da es Milo anzeigt, dass er im Schuljahr gut gelernt und das Jahresziel erreicht hat. Er erhält über die Noten eine Rückmeldung zu seinem Lern- und Arbeitsverhalten und damit die Information, dass sich die Anstrengungsbereitschaft gelohnt hat.

3. Relativität von Verstärkern

Nicht immer wirkt ein Verstärker als genau dieser, denn nicht immer entfaltet er die Wirkung, die derjenige, der den Verstärker gegeben hat, im Blick hatte. Dies liegt an der sogenannten Relativität von Verstärkern. Entspricht eine Verhaltenskonsequenz i.S.e. Verstärkers nicht der aktuellen Bedürfnislage des Individuums, so wirkt diese auch nicht wie gewünscht. Vielmehr bleibt der Verstärker wirkungslos oder kann im schlimmsten Fall sogar als Bestrafung angesehen werden.

Exemplifikation:  Milo (10 Jahre) hat ein sehr gutes Zeugnis erreicht. Die Mutter möchte ihm einen tollen Stoffbären schenken. Der Vater gibt zu bedenken, dass Milo bereits fünf Bären hat und der „Bärenphase“ längst entwachsen ist. Die Mutter lenkt ein und sie entscheiden sich für ein Videospiel, das sich der Junge schon lange wünscht. Der Bär wäre für Milo kein Verstärker gewesen, da dieser einer aktuellen Bedürfnislage nicht entsprochen hätte.

Ein weiterer Grund für das Nichtwirken eines Verstärkers kann beispielsweise eine Übersättigung sein. Bekommt beispielsweise ein Kind immer ein Eis, immer ein Spielzeugauto oder immer die tollste aller Puppen, so kann sich ein Gewöhnungseffekt einschleichen und der Verstärker verliert seinen Reiz.

Abschließend ist anzumerken, dass zahlreiche Verstärker auch kulturabhängig sind (z.B. Prestige, sozialer Status, Macht, Reichtum, Berühmtheit, Stärke). Und auch die Person, die ein Verhalten verstärkt, spielt eine Rolle: Bedeutungsvolle Personen (z.B. Vorgesetzter, bester Freund, Ehepartner, …) besitzen einen höheren Verstärkungswert als Personen, die dem Lernenden unwichtig oder gleichgültig sind.

Quelle: http://www.lern-psychologie.de/behavior/skinner.htm