Motivationsprozess/ Rubikon-Modell

Aufgaben:

1. Informieren Sie sich mit Hilfe des Informationsmaterials über den Verlauf des Motivationsprozesses im Rahmen des „Rubikon-Modells“.

2. Notieren Sie zentrale Aspekte in einer anschaulichen Übersicht.

3. Reflektieren Sie fachkritisch eigene Entscheidungen bezüglich ihrer Ursprünge und Handlungsfolgen.

Informationsmaterial

Die psychischen Kräfte Emotion und Motivation sind eng miteinander verbunden. So gehen aus Emotionen Motive hervor, auf dessen Grundlage ein Verhalten aktiviert wird.

Im Rubikon-Modell beschreiben die deutschen Psychologen Heinz Heckhausen und Peter M. Gollwitzer seit 1989 einen vierphasigen chronologischen Prozess des Handelns unter Einbezug von Emotionen und Motivation. Das Modell kann auch als Veranschaulichung von Selbststeuerungsprozessen verstanden werden.

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Der Name des Modells entstammt einer historischen Begebenheit aus dem Jahr 49 v.Chr.. Der Fluss Rubikon bildete damals die natürliche Grenze zwischen Italien und der römischen Provinz Gallia Cisalpina. Mit dem Überschreiten des Rubikons und dem bekannten Ausspruch „alea iacta est“ („Der Würfel ist geworfen“) gab es für Gaius Julius Caesar kein Zurück mehr und es kam in der Folge unweigerlich zum Bürgerkrieg zwischen Caesar und Pompeius.                                                                                                                                   

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Im Rubikon-Modell wird auf diese historische Begebenheit Bezug genommen: Im Zuge des Motivationsprozesses fällt eine Person auf der Grundlage ihrer Motive die Entscheidung für eine konkrete Handlung – und vollführt so den berühmten „Schritt über den Rubikon“. Ein Zurück ist nun (theoretisch) nicht mehr möglich.

Folgende Phasen werden dabei voneinander abgegrenzt:

1. Phase des AbwägensPrädezisionale Phase: Phase des Abwägens verschiedener aktueller Absichten und Wünsche unter Einbezug der zur Verfügung stehenden Ressourcen, d.h. Abwägen der Handlungsmöglichkeiten.

–> Wird auf der Grundlage des Abwägens schließlich ein Fazit gezogen und kommt es zu einer tatsächlichen Festlegung auf ein bestimmtes Ziel, bedeutet dies den Schritt über den Rubikon (= Schritt der Willensbildung).

2. Phase des Planens/ Postdezisionale bzw. Präaktionale Phase: Planung, wie und wann die getroffene Entscheidung realisiert werden kann; die Person bereitet sich auf das Handeln vor.

3. Phase des Handelns/ Aktionale Phase: Reale Durchführung der Entscheidung in konkretem, zielgerichtetem Handeln. Entscheidend für die Intensität und Ausdauer der Bemühungen ist dabei die Stärke des Motivs.

4. Phase des Bewertens/ Postaktionale Phase: Beurteilung, ob die Handlung ein Erfolg war oder nicht und ob eventuell Nachbesserungen erforderlich sind oder das eigentliche Ziel verändert werden muss (Soll-Ist-Vergleich); Reflektieren der Ursachen für den gegebenen Erfolg bzw. Misserfolg (Kausalattribution).

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Von WiseiWisei – Eigenes WerkWisei, CC BY-SA 3.0, Link

Exemplifikation

Leistungsmotivation bedeutet das Streben nach Erfolg bzw. dem Vermeiden von Misserfolg. Konkrete Beispiele finden sich zahlreich sowohl im schulischen als auch beruflichen Kontext.

Ein Schüler, der sich beispielsweise auf eine Prüfung vorbereiten soll, bewertet in der Abwägephase individuell, wie wichtig der Erfolg bei dieser Prüfung für ihn ist bzw. wie wichtig es ihm ist, die unangenehme Situation zu vermeiden, in der er den Eltern gestehen muss, dass er die Prüfung nicht geschafft hat (mit den möglichen negativen Konsequenzen). Einbezogen werden dabei auch die Wünsche nach Freizeit und einem Nebenjob, der ihm finanziell etwas Freiraum verschafft. Erwartungen darüber, ob die anstehende Prüfung bewältigbar ist, runden das Gedankenpaket in dieser Phase ab.

Daraus folgend wird nach Abwägen der Möglichkeiten eine Intention gebildet, sich den Lernanstrengungen für die Prüfung zu stellen oder eben nicht (Schritt über den Rubikon).

In der Planungsphase wird die Prüfungsvorbereitung (für den Fall, dass in der Abwägephase die Entscheidung dafür getroffen wurde) geplant und gegen mögliche andere Ziele (z.B. mit Freunden treffen, jobben gehen) abgeschirmt. Es werden Tages- und Wochenpläne erstellt und die Freundin gebeten, darauf zu achten, dass der Plan auch eingehalten wird.

In der Handlungsphase kommt es zur Umsetzung der Pläne. Ist die Motivation, die Prüfung erfolgreich zu absolvieren, hoch, so werden auch Zeiten der Lustlosigkeit oder das Drängen der Freunde, sich doch einem Ausflug anzuschließen, den Schüler nicht von seinem Tun abbringen.

In der Bewertungsphase wird die absolvierte Prüfungsvorbereitung evaluiert. Bewertungskriterien sind dabei sowohl der absolvierte Prozess des Lernens als auch die erreichte Prüfungsnote. Ist der Schüler zufrieden, wird er die erstellten Lernpläne mit hoher Wahrscheinlichkeit auch bei der nächsten Prüfung anwenden.

Abschließend anzumerken ist, dass die hier dargestellte Vorstellung des Motivationsprozesses einen vergleichsweise starren Modellcharakter hat. So findet u.a. das Bewerten des Handelns bzw. Handlungserfolges in der Regel schon bei jedem bewussten Handeln und sogar schon der Planung selbst statt.

Auch insgesamt ist die Abfolge der Handlungsphasen eine idealtypische Vorstellung, die in der Realität eher selten ist. So gibt es viele Handlungen, die ohne Abwägen und Planen vonstattengehen, insbesondere alle Gewohnheitshandlungen. Das Handlungsphasenmodell unterscheidet verschiedene „geistige Tätigkeiten“, die für ein erfolgreiches Handeln nötig sind. Diese Tätigkeiten können aber auch gleichzeitig vorkommen oder sich überlappen, wenn mehrere Ziele zugleich verfolgt werden. Auch ist es möglich, von einer „späteren“ in eine „frühere“ Phase zurückzufallen.

Rubikonmodell der Handlungsphasen, Wikipedia, CC-by-sa-3.0, https://de.wikipedia.org/wiki/Rubikonmodell_der_Handlungsphasen