Phasen der frühkindlichen Libidoentwicklung
Die orale, die anale und die phallische Phase werden dabei der frühkindlichen Entwicklung der Libido zugeordnet, welche maßgeblich entscheidend für die psychische Entwicklung einer Person sind.
Die orale Phase (1. Lebensjahr)
Auf der Basis der Trieblehre
Ab dem ersten Lebenstag ist die aktuelle erogene Zone (= die Treibquelle) die Mundschleimhaut, sowie die Haut im Allgemeinen. Konkret erfährt das Kind also einen Lustgewinn über das Saugen, Kauen und Schlucken. Das Baby erkundet mit dem Mund sämtliche Dinge in seiner Umwelt. Der Wunsch nach Stimulation der Mundschleimhaut erfolgt u.a. durch das Trinken an der Mutterbrust oder Essen, den Schnuller, Babyspielzeug (Kauringe, Rasseln) uvm.
Im späteren Entwicklungsverlauf einer Person kommen dann weitere Verhaltensweisen wie Beißen, Küssen, Rauchen etc. hinzu. Zunächst verhält sich das Kind somit Freud folgend oral-passiv, mit dem Zahnen dann oral-sadistisch.
Persönlichkeitsmerkmale
Werden die oralen Bedürfnisse nicht adäquat (, d.h. durch exzessive oder gar eine unzureichende bzw. mangelnde Befriedigung) erfüllt, so kann dies den Charakter eines Menschen ein Leben lang prägen. Typisch für solche Menschen sind Verhaltensweisen wie exzessives Trinken und Rauchen, sowie Süchte im Allgemeinen, übertriebener Fleiß, Hartnäckigkeit, Misstrauen, Introversion oder Negativismus.
Bei angemessener Befriedigung der Bedürfnisse kann eine optimistische Lebenseinstellung herausgebildet werden, die sich in Persönlichkeitseigenschaften wie Mut und Vertrauen zeigt.
Wenn das Kind die Phase erfolgreich durchlaufen kann, entwickelt es ein Urvertrauen in seine soziale Umwelt.
Die anale Phase (2. und 3 Lebensjahr)
Auf der Basis der Trieblehre
Hier ist die entscheidende erogene Zone die Afterregion, typische Triebbefriedigungen sind:
- Entleerung des Darms oder Zurückhalten des Kots
- Spiel mit dem Kot (Schmutzlust)
- Beobachtung der Toilettengänge von Vater, Mutter und Geschwistern
Das Kind erlebt über die Ausscheidung zum ersten Mal, dass es die Kontrolle über seinen Körper bekommt. So erfährt es durch das bewusste Geben und Halten des Stuhlgangs Selbstbestimmung. Jedoch merkt es auch, dass die Anforderungen der Umwelt nicht mit den eigenen Übereinstimmen. Die Umwelt, stellt der neu gewonnen Freiheit Grenzen gegenüber und verlangt oft Ausscheidung auf Kommando bzw. Aufschub der Ausscheidung. Exkremente werden in dieser Phase zu verweigerten oder überreichten Gaben des Kindes an seine Umwelt. Die anale Phase wird damit zu Ausgangspunkt, um Macht und Kontrolle gegenüber anderen auszutesten.
Persönlichkeitsmerkmale
Werden die Konflikte in dieser Phase durch eine zu reinliche Erziehung nicht befriedigend gelöst, so kann dies zu einem sog. analen Charakter führen, der sich unter anderem dadurch auszeichnet, dass die Person geizig, übertrieben reinlich, sehr großzügig oder pedantisch ist.
Wird das Hergeben des Stuhl jedoch lustvoll besetzt, wird die Thematik des „Gebens“ auch im späteren Leben mit Freude besetzt sein. Das Kind wird als eine offene, sorgfältige oder selbständige Persönlichkeit auftreten können.
Phallische Phase (3. bis 4. Lebensjahr)
Auf der Basis der Trieblehre
Die aktuelle erogene Zone in dieser Phase ist die Genitalregion, Triebbefriedigung wird durch das Spielen an den Genitalen und das Urinieren gewonnen.
Freud geht davon aus, dass in dieser Phase das Kind Wünsche nach einer intensiven sexuellen Bindung an das gegengeschlechtliche Elternteil hat. Dieses Elternteil möchte das Kind ausschließlich für sich beanspruchen. Das gleichgeschlechtliche Elternteil wird damit zum Rivalen und es richtet sein Hassempfinden auf ihn. Widersprüchlicherweise wird aber damit das gleichgeschlechtliche Elternteil zum Identifikationsmodell, da das Kind so sein möchte, um dem gegengeschlechtliche Elternteil bestmöglich zu gefallen.
Der kleine Junge hat beim Spielen an seinem Penis dabei Phantasien bezüglich seiner Mutter. Freud stellte sich „idealtypisch“ vor, dass der Vater den Sohn bei diesem Spiel tadelt und der Bub diesen somit als Gegenbuhler betrachtet. Da der Junge weiß, dass die Mutter keinen Penis hat, befürchtet er, dass ihm der Vater (auch) seinen Penis abschneiden könnte (sog. Kastrationsangst). Erst durch die Identifikation mit dem Vater kann der Junge diesen traumatische Erlebnis überwinden.
Das kleine Mädchen liebt zunächst auch die Mutter, merkt aber in dieser Phase, dass es im Gegensatz zu Vater oder Bruder keinen Penis hat (sog. Penisneid). Es wendet deshalb seine positiven Gefühle auf den Vater und sieht die Mutter nun als Konkurrentin (sog. Elektra-Konflikt). Da die Mutter jedoch das ideale Modell ist, das dem Vater gefällt, identifiziert sich das Mädchen schließlich mit der Mutter und kann den Konflikt überwinden.
Persönlichkeitsmerkmale
Es bildet sich durch die jeweiligen Erlebnisse das Über-Ich, im Sinne eines Identifikationsproduktes mit seiner Umwelt, heraus.
Freud benannte die zu überwindenden Erlebnisse nach der antiken Sage mit dem Begriff des Ödipus-Konflikts. Schafft es das Kind in dieser Phase nicht, den Konflikt zu lösen, kann dies zu einer Manifestation im Sinne des Ödipus-Komplexes führen. Typische Charaktereigenschaften einer solchen Person wären ungenügende Lösung von den Eltern bzw. einem Elternteil („Muttersöhnchen“), Probleme mit der eigenen Geschlechterrolle, Beziehungsunfähigkeit bzw. -probleme.