Die ökologische Sozialarbeit
Bedeutung
Der ökologische Ansatz versucht, die wechselseitigen Beziehungen zwischen dem Individuum und seiner Umwelt zu berücksichtigen. Daraus ergibt sich die Verpflichtung der Sozialen Arbeit, gerade auf unzureichende Umweltbedingungen Einfluss zu nehmen. Diese Sichtweise zeigt den Unterschied zu den Handlungskonzepten der Einzelhilfe, bei denen das Individuum mit seinen individuellen Störungen im Fokus steht.
Exemplifikation
Ein Schüler weigert sich in die Schule zu gehen und klagt über Übelkeit und Angstzuständen, vor allem wenn Prüfungsarbeiten anstehen. Man kann das Problem des Schülers nun als „Schulangst“ interpretieren und die Lösung dieses innerpsychischen Problems in einer Verhaltenstherapie sehen oder man macht das Schulsystem für das Problem des Schülers verantwortlich und versucht über eine Elterninitiative die Schule den vermeintlichen Bedürfnissen des Schülers anzupassen. Beide Ansätze können hier als einseitig betrachtet werden.
Die ökologisch orientierte Sozialarbeit würde nun versuchen, sowohl die Schulangst des Schülers als auch die Umweltbedingungen, die diese Schulangst verursachen, zu betrachten und folglich versuchen, die Anpassungsfähigkeit des Schülers an die Schule und die Schule an die Bedürfnisse des Schülers anzupassen.
Ziele eines ökologisches Unterstützungskonzept sind es:
Austauschbeziehungen von Mensch und Umwelt zu verbessern, d.h. die Anpassungsfähigkeit und Handlungskompetenz des Betroffenen zu stärken bei gleichzeitiger Verbesserung der Umweltbedingungen:
- Stärkung der individuellen Ressourcen des Klienten, aber auch gleichzeitig die Lebensbedingungen den Bedürfnissen des Klienten entsprechend mit zu gestalten
- Exemplifikation: Der Sozialarbeiter hilft seinen Klienten z.B. neue Netzwerke aufzubauen und zu verknüpfen, ebenso sucht er Hilfestellungen heraus, die die soziale Integration erleichtern bzw. verbessern.
- Stärkung und Ausbau vorhandener Potenziale des Menschen, um ein höchstmögliches Maß an Autonomie zu erreichen
- Exemplifikation: Potenziale, die im Menschen geweckt werden können, sind z.B. die Beziehungsfähigkeit, die Selbstakzeptanz, die Anpassungsfähigkeit an Lebensumbrüche oder die aktive Problemlösung
- Berücksichtigung der strukturellen, materiellen und sozialen Ressourcen
- Exemplifikation: Diese können z.B. die Erwerbsmöglichkeiten, das Wohnumfeld, soziale Netzwerke, Hilfsorganisationen und öffentliche Träger von Einrichtungen sein.
Ökologische Konzepte gehen also über das traditionelle Verständnis einer „helfenden Beziehung“ wie in der Einzelhilfe hinaus. Modelle für dieses Vorgehen sind das ökologisches Life-Model of Social Work (Germain/Gitterman 1983), das Netzwerkkonzept, das Empowerment oder die ökosoziale Handlungstheorie (Wendt 1991).
Im Folgenden werden die grundlegenden Annahmen und Begriffe der ökologischen Sozialarbeit auf der Basis des Life Model von Germain/Gitterman dargestellt.