Komplexe technische Systeme – Kernbrennstoffe

Kernbrennstoffe

In Analogie zu der herkömmlichen Verbrennung, beispielsweise der von Kohle, bezeichnet man auch das im Kernreaktor eingesetzte Spaltmaterial als Kernbrennstoff, obwohl keine Verbrennung, sondern eine Kernspaltung stattfindet. Als Kernbrennstoff eignen sich nur schwere Kerne (A > 200) mit ungerader Massenzahl. Zudem dürfen keine Begleitstoffe enthalten sein, die Neutronen einfangen.

Von den in der Natur vorkommenden Kernbrennstoffen hat bislang nur das Uranisotop U-235 größere praktische Bedeutung bei der Energiegewinnung durch Kernspaltung erlangt. Natürlich vorkommendes Uran besteht aber zu nur 0,7% aus dem mit langsamen Neutronen spaltbaren U-235 und zu 99,3% aus dem praktisch nicht spaltbaren U-238. Das Schwermetall Uran ist ziemlich gleichmäßig über die Kontinente verteilt und keineswegs ein seltenes Metall; es kommt allerdings meist nur in sehr geringen Konzentrationen vor, so dass sich oft die Frage nach einer wirtschaftlichen Gewinnung des Urans stellt. Die untere Grenze des noch wirtschaftlichen Abbaus liegt bei ca. 0,1% Urangehalt im Erz. Einen Eindruck von dem erforderlichen Aufwand kann man dadurch bekommen, wenn man sich überlegt, dass man bei obigem Grenzwert 1 t Erz fördern muss, um 1 kg Natururan zu erhalten. Das relativiert natürlich auch die Aussage über die theoretisch hohe Energiedichte der Kernenergie. Grundsätzlich handelt es sich auch beim Uran um einen erschöpflichen Rohstoff. Aussagen über die Reichweite sind kaum möglich, da sie in starkem Maße vom Ausbaugrad der Kernenergie, von den Gewinnungskosten und von der Nutzung der Brütertechnologie abhängt. Mit einer Verknappung des Urans ist derzeit nicht zu rechnen.

Zwar wäre es grundsätzlich möglich, Kernreaktoren mit Natururan (99,7% U-238 und 0,7% U-235) zu betreiben, jedoch müssten dazu aufwendige Reaktoren eingesetzt werden, die große Mengen von Uran enthalten. Zudem müsste die Moderation mit schwerem Wasser oder Grafit erfolgen, da diese Stoffe eine wesentlich geringere Neigung zum Neutroneneinfang haben als normales Wasser. Nur mit diesem erhöhten Aufwand ließe sich eine Kettenreaktion im Natururan aufrechterhalten.

Bei der Energiegewinnung durch Kernspaltung ist es deshalb üblich, das gewonnene Natururan anzureichern: Die Konzentration des U-235 im Kernbrennstoff wird auf 2,5 bis 4% erhöht. Es gibt verschiedene Anreicherungstechniken, die alle darauf beruhen, dass das U-235-Isotop ca. 1% leichter ist als U-238. Der zur Anreicherung erforderliche Aufwand ist aufgrund des geringen Massenunterschieds der beiden Isotope technisch anspruchsvoll. Schließlich werden Brennelemente für den Reaktor hergestellt. In den Brennelementen läuft die kontrollierte Kettenreaktion ab, sie enthalten angereichertes Uran und die stark radioaktiven Spaltprodukte. Zudem muss von der Oberfläche der Brennelemente die erzeugte Wärmeenergie an das Kühlmittel abgeführt werden. Kühlmittel und Brennstoff dürfen nicht in unmittelbaren Kontakt kommen, um die Kontamination des Kühlmittels so gering wie möglich zu halten. Um diese Funktionen erfüllen zu können, sind Brennelemente folgendermaßen aufgebaut: Das angereicherte Uran wird als pulverförmiges Urandioxid zu Brennstofftabletten (Pellets) gepresst. Diese werden in ein Hüllrohr aus einer Speziallegierung gegeben, das gasdicht verschlossen ist. Damit ist ein sog. Brennstab entstanden. Im Brennstab sind leere Räume enthalten, welche die bei der Spaltung entstehenden radioaktiven Spaltgase aufnehmen können. Eine Vielzahl solcher Brennstäbe wird mittels Abstandshaltern zu einem Bündel, das man Brennelement nennt, zusammengefasst.