5.3 Eigenschaften von Salzen
Schmelztemperatur und Gitterenergie
Auf die Bedeutung der Gitterenergie als “Triebkraft” für die NaCl-Bildung wurde bereits hingewiesen. Die Gitterenergie bestimmt aber auch in erheblichem Maße physikalische Eigenschaften ionischer Verbindungen wie Schmelz- und Siedetemperaturen. Je größer die Gitterenergie eines Salzes, desto stärker ist der Zusammenhalt zwischen den Ionen.
Dies bedeutet, dass zum Aufbrechen des Ionengitters entsprechend viel Energie aufgewendet werden müsste. In der Regel äußerst sich dies in hohen Schmelztemperaturen der Salze.

© Belinda Flemming: Abhängigkeit der Gitterenergie vom Anionen-Radius, CC BY-SA
Es zeigt sich, dass die Gitterenergie und damit die Schmelztemperatur vom Radius der beteiligten Ionen abhängen. Je kleiner die Ionen im Gitter, desto höher ist die Gitterenergie, desto höher ist die Schmelztemperatur. Die Erklärung ist im Coulombschen Gesetz zu suchen, wonach die Anziehungskräfte zwischen den Ionen umso größer sind, je kleiner die beteiligten Ionen sind, je geringer also der Kern-Kern-Abstand im Ionengitter ist.

© Belinda Flemming: Abhängigkeit der Gitterenergie vom Kationen-Radius, CC BY-SA
Das Gleiche gilt für Kationen. In der Tabelle werden als Beispiel Metalloxide der Erdalkalimetalle verglichen. Bei konstanter Anionengröße müssen die Unterschiede in Schmelztemperatur und Gitterenergie auf die Kationenradien zurückzuführen sein.

© Belinda Flemming: Abhängigkeit der Gitterenergie von der Kationen-Ladung, CC BY-SA
In der dritten Tabelle zeigt sich die Abhängigkeit der Gitterenergie von der Ionenladung. Auch hier liefert das Coulomb’sche Gesetz die Erklärung: Denn die Anziehungskräfte zwischen den Ionen hängen direkt von der Ionenladung ab. Es zeigt sich aber auch, dass eine große Gitterenergie nicht notwendigerweise eine hohe Schmelztemperatur zur Folge haben muss. Der Zusammenhang, wonach steigende Gitterenergien zu immer höheren Schmelztemperaturen führen, ist allenfalls regelhaft aber nicht naturgesetzmäßig! Regeln lassen, im Gegensatz zu Naturgesetzen, bekanntermaßen Ausnahmen zu. Ein weiteres Beispiel für eine solche Ausnahme ist die Schmelztemperatur von LiCl (614°C). Sie sollte laut Regel eigentlich höher als die von NaCl (800°C) sein.
Leitfähigkeit
Legt man an einen Salzkristall eine elektrische Spannung an, so ist kein Stromfluss zu beobachten. Elektrischer Strom lässt sich als Bewegung von Ladungsträgern definieren. Ladungsträger sind in Metallen frei bewegliche Elektronen. In einem Ionengitter sind jedoch alle Elektronen an die Ionen gebunden und somit nicht frei beweglich. Auch die Ionen selbst können ihre Gitterplätze nicht verlassen.

© Belinda Flemming: Salzkristall – Ionengitter, CC BY-SA
Salz als Feststoff (Ionengitter) – nicht leitfähig!
Dies ändert sich, wenn man das Salz schmilzt. In der Schmelze treten treten die Ionen aus dem Gitter aus und sind frei beweglich. Sie dienen nun als freie Ladungsträger, die den elektrischen Strom transportieren können.

© Belinda Flemming: Einzelionen einer Salzschmelze, CC BY-SA
Salzschmelze – leitfähig!
Auch wenn man das Salz in Wasser löst entstehen freie Ionen als Ladungsträger, weshalb auch Salzlösungen elektrisch leitend sind. Die Leitfähigkeit nimmt mit der Anzahl der frei beweglichen Ionen zu.

© Belinda Flemming: Einzelionen zwischen Wasser-Molekülen einer Salzlösung, CC BY-SA
Salzlösung – leitfähig!
Sprödigkeit
Salze sind hart und spröde. Damit ist gemeint, dass sie Druck- oder Schlagbelastungen in gewissem Umfang aushalten, oberhalb gewisser Grenzen aber in Bruchstücke zerspringen, die wie der ursprüngliche Kristall ebene Flächen, gerade Kanten und definierte Winkel aufweisen. Die Erklärung liegt in der Tatsache, dass beim Verschieben der Ionenschichten im Gitter gleichnamige Ladungen über große Flächen hinweg nebeneinander zu liegen kommen, die sich dann alle gleichzeitig abstoßen.

© Belinda Flemming: Sprödigkeit von Salzen unter Druckeinwirkung – Zerfall des Ionengitters, CC BY-SA
Ionengitter zerbricht unter Druckeinwirkung
Löslichkeit
Wasser ist das wichtigste Lösungsmittel in Natur und Technik. Für die Chemie des Lebens ist Wasser unabdingbare Voraussetzung. Leben in der Form, wie es auf der Erde existiert, beruht auf flüssigem Wasser als Trägermaterial für die komplexen chemischen Vorgänge, die in Zellen ablaufen.
Wasser ist ein polarer Stoff, es besteht aus Dipolmolekülen und löst daher andere polare Stoffe. Wassermoleküle können aber auch mit elektrisch geladenen Teilchen wie Ionen Wechselwirkungen eingehen. Die Dipole orientieren sich dabei so, dass ihre positive Partialladung auf die negative Ladung eines Anions hin ausgerichtet ist. Das Ion wird von den Wassermolekülen regelrecht eingehüllt (hydratisiert). Häufig besteht diese Hydrathülle eines Ions aus sechs Wassermolekülen, die das Ion direkt berühren (vier in einer Ebene, eines davor und eines dahinter). Bei Kationen ist die Orientierung der Wassermoleküle umgekehrt. Ihre negative Partialladung tritt in Kontakt mit der positiven Ladung des Ions. Um diese innerste Sphäre von Molekülen einer Hydrathülle können sich weitere Schichten von Wassermolekülen anlagern. Denn die anziehende Wirkung der Ladung eines Ions reicht über eine beträchtliche Distanz in das Wasser hinein.

© Belinda Flemming: Lösungsvorgang eines Salzes auf Teilchenebene, CC BY-SA
Lösungsvorgang eines Salzes
Der Effekt der Hydration von Ionen in Wasser ist dafür verantwortlich, dass sich Salze (Ionenverbindung) in Wasser lösen. Die Wasser-Moleküle “greifen” einen Salzkristall bevorzugt an Ecken und Kanten “an”, da dort die Ionen weniger Nachbarn besitzen, also auch weniger stark im Gitterverband festgehalten werden. Hier können die Wasser-Moleküle die elektrostatischen Anziehungskräfte zwischen den entgegengesetzt geladenen Ionen am schnellsten überwinden.
Wasser-Moleküle lagern sich mit ihrem positiven Ladungsschwerpunkt an die Anionen und mit ihrem negativen Ladungsschwerpunkt an die Kationen des Ionengitters an. Sie lösen die Ionenbindung und überwinden damit die Gitterenergie. Die Einzelionen werden aus dem Ionengitter gelöst und vollständig von Wasser-Molekülen umhüllt (= Hydrathülle).