Allgemeine Energietechnik – Kraftwerke
Braunkohle und Steinkohle
Kohlekraftwerke sind ein wesentlicher Pfeiler der Stromerzeugung in Deutschland. Man unterscheidet Braunkohle- und Steinkohlekraftwerke. Braunkohle hat einen geringeren Brennwert, einen höheren Schadstoffanteil und ist geologisch jünger als Steinkohle. Während die Steinkohle zumindest in Deutschland im Untertagebau gewonnen wird, kann Braunkohle im Tagebau abgebaut werden. Braunkohlekraftwerke sind in der Nähe der Kohleabbaustätten angesiedelt, weil Braunkohle einen hohen Wasseranteil hat, so dass der Transport zu teuer wäre. Die Steinkohle wird auch an zechenfernen Standorten verbrannt. Beide Kraftwerkstypen gehören wie die Kernkraftwerke zu den Wärme- oder Dampfkraftwerken, denen gemeinsam ist, dass sie als Zwischenform die thermische Energie des Wasserdampfes nutzen. Dies hat zur Folge, dass sich nur ein Teil der Wärmeenergie in Arbeit umwandeln lässt, während der andere Teil an ein kaltes Reservoir, meist die Umgebung, abgegeben werden muss. Das geschieht zumindest bei neueren Kraftwerken durch riesige Kühltürme, die das eigentliche Wahrzeichen der Wärmekraftwerke sind. Etwa die Hälfte der aufgewendeten Primärenergie wird auf diese Weise (ungenutzt) an die Umgebung abgegeben.
Aufbau und Wirkungsweise
Die unten abgebildete Schemazeichnung zeigt die wesentlichen Komponenten eines Kohlekraftwerkes. Die prinzipielle Funktionsweise ist einfach nachzuvollziehen: Die angelieferte Kohle wird gemahlen und dann mit vorgewärmter Luft in die Feuerungsanlage geblasen, dort wird sie schwebend verbrannt. Der Dampferzeuger ist ein Wärmetauscher, in dem die Wärme von den heißen Verbrennungsgasen auf das Wasser des Dampfkreislaufes übergeht und dieses verdampft. Zu diesem Zweck befinden sich im oft über 100 m hohen Kessel viele Kilometer Rohrleitungen, um eine möglichst große Wärmetauscherfläche zu erreichen. Nach einer Zwischenüberhitzung und Dampftrocknung wird der über 500°C heiße und unter etwa 250 bar Druck stehende Dampf in die Turbinenanlage geleitet.

Der Dampf durchströmt fortlaufend die Turbine, wobei die feststehenden Leitschaufeln den Dampf auf die beweglichen Läuferschaufeln leiten. Dadurch dreht sich der Läufer, wodurch ein Teil der Dampfenergie in mechanische Energie umgewandelt wird. In der Regel wird der Dampf über mehrere Stufen entspannt, d.h. nach dem Hochdruckteil der Turbine wird er auf einen Mitteldruckteil geleitet, bei dem die Schaufeln größere Abmessungen haben, um bei geringerem Druck ein entsprechendes Drehmoment an der Welle erzeugen zu können. Danach durchströmt der Dampf den Niederdruckteil der Turbine, aus dem er mit einer Temperatur von etwa 30°C und einem Druck von 0,04 bar austritt. Wegen des niedrigen Drucks (96%-iges Vakuum) ist der Wasserdampf nach wie vor in der dampfförmigen Phase. An die Turbinenwelle ist der Generator angekoppelt, der die mechanische Rotationsenergie mit bestem Wirkungsgrad in elektrische Energie umwandelt. Die prinzipielle Funktionsweise eines Generators lernt man in der Physik kennen. Der aus der Turbine austretende Dampf wird im Kondensator verflüssigt. Dies geschieht notwendigerweise mit einer Wärmeabfuhr. Die abzuführende Wärme, die mengenmäßig größer ist als die erzeugte elektrische Energie, wird über einen Wärmetauscher an den Kühlkreislauf über den Kühlturm an die Umgebung abgeführt. Dazu wird im Kühlturm das erwärmte Kühlwasser versprüht und fällt gegen den aufsteigenden Luftstrom im Kühlturm nach unten, wobei ein Teil des Wassers verdunstet und dem restlichen Wasser die Verdunstungswärme entzieht. Das verdunstete Wasser muss im Kühlkreislauf ersetzt werden.
Nachdem der entspannte Dampf im Kondensator durch die Wärmeabfuhr wieder verflüssigt ist, wird das kondensierte Wasser zum Kessel gepumpt und dort wieder zum Verdampfen gebracht. Damit ist der Dampfkreislauf geschlossen und beginnt von vorne. Sowohl im Kühlkreislauf als auch im Dampfkreislauf ergeben sich bei jedem Durchlauf Wasserverluste, die ständig ersetzt werden müssen. Deswegen haben Wärmekraftwerke ihren Standort immer an einem Fluss, um ihren sehr hohen Wasserbedarf mit Flusswasser decken zu können.
Bei der Verbrennung der Kohle werden Luftschadstoffe freigesetzt. Zum einen sind das Rußpartikel, die mit Hilfe eines Elektrofilters zurückgehalten werden. In der Entschwefelungsanlage wird das bei der Verbrennung entstehende Schwefeldioxid in einem mehrstufigen Prozess aus den Rauchgasen entfernt. Schließlich entstehen bei der Verbrennung mit Luft auch Stickoxide, welche mit einem katalytischen Verfahren in der Entstickungsanlage aus den Rauchgasen entfernt werden.
Energieflussbild
Mit der Turbine enthält jedes Dampfkraftwerk eine Wärmekraftmaschine, deren Wirkungsgrad durch den Carnot’schen Wirkungsgrad begrenzt ist. Nach Carnot ist der Wirkungsgrad bestimmt durch das Temperaturniveau To des eintretenden, heißen Dampfes und Tu, der Temperatur des austretenden, entspannten Dampfes. To liegt bei Dampfturbinen bei etwa 500 bis 600°C und Tu ist nach unten begrenzt durch die Umgebungstemperatur (ca. 30°C). Daraus resultiert ein maximaler theoretischer Wirkungsgrad der Turbine von C = 1 – To/Tu = 1 – 300K/773K= 0,61. Praktisch erreicht die Turbine ca. 40%, so dass mehr als die Hälfte der im Dampf steckenden Wärmeenergie ungenutzt an die Umgebung geht. Da ein Wärmekraftwerk aus einer Kette von Energiewandlern besteht, ist der Gesamtwirkungsgrad eines Wärmekraftwerkes noch geringer, er liegt in der Regel bei ca. 40%. Diese naturgesetzliche Beschränkung kann durch neue Techniken nicht entscheidend verbessert werden, solange Wärmeenergie als Zwischenstufe benutzt wird. Mit modernen Gasturbinen-/Kombikraftwerken, bei denen Gas- und Dampfturbinen (GuD) kombiniert sind, kommt man dem Carnot’schen Wirkungsgrad näher und erreicht bereits über 50%. Das Energieflussbild eines Wärmekraftwerkes mit typischen Prozentwerten ist in der nachfolgenden Abbildung dargestellt.

Rechnet man noch Leitungsverluste (<10%) beim Stromtransport und Umwandlungsverluste beim Endverbraucher hinzu, so zeigt sich, dass in der Regel weniger als 30% der eingesetzten Primärenergie (chemische Energie der Kohle oder Kernenergie der Kernbrennstoffe) beim Verbraucher als Nutzenergie ankommen.
Die EVU betreiben Kohlekraftwerke unterschiedlicher Leistung von etwa 200 MW bis 800 MW, wobei diese Leistungsangaben die abgegebene elektrische Leistung darstellen. Betrachtet man ein 500-MW-Kohlekraftwerk mit einem Wirkungsgrad von 38%, so muss diesem Kraftwerk eine Leistung in Form von chemischer Energie der Kohle von 1300 MW zugeführt werden und etwa 800 MW werden in Form von Abwärme an die Umgebung abgegeben.