Rechnen mit Pfeilvektoren
Physiker haben erkannt, dass es sich lohnt, Kräfte durch Pfeile darzustellen. Mithilfe solcher Kraftpfeile kann man bereits auf dem Papier untersuchen, ob und wie sich mehrere an einem physikalischen Objekt angreifende Kräfte durch eine einzige Kraft ersetzen lassen können.
Die Vorgehensweise zur Ermittlung der Kraft, die die Wirkung zweier (am selben Punkt) angreifenden Kräfte ersetzen kann, ist nichts anderes als das Addieren von zwei Pfeilvektoren.
Interpretiert man Pfeile als Repräsentanten von „Verschiebungsanweisungen“, so lässt sich das Addieren von zwei Vektorpfeilen aber auch aus geometrischer Sicht sehr anschaulich nachvollziehen
In diesem Kapitel lernen Sie
- verschiedene Vorgehensweisen, wie man zwei oder mehrere Pfeilvektoren addieren kann, und zwei sehr nützliche Rechenregeln, die zum Addieren von Pfeilvektoren dazu gehören.
- was ein Nullvektor ist, was man unter einem Gegenvektor eines Pfeilvektors versteht und wie eng verwandt die Subtraktion zweier Pfeilvektoren mit der Addition zweier Pfeilvektoren ist.
- wie man einen Pfeilvektor neu „skalieren“ kann.
\(\require{color}\definecolor{energy}{RGB}{114,0,172}\newcommand{\R}{{\rm I\!R}}\)
Addition von Pfeilvektoren
Ein Objekt (z.B. ein Dreieck) kann man selbstverständlich auch mehrmals verschieben. Diesen Vorgang können Sie sich in dem nebenstehenden Geogebra-Applet vorführen lassen.
Versuchen Sie, mit eigenen Worten zu beschreiben, wie man einen Pfeil der Ersatzverschiebung \(\color{red}{\overrightarrow{z}}\) für die Pfeilvektor-Summe \({\color{blue}{\overrightarrow{u}}} + {\color{green}{\overrightarrow{v}}}\) graphisch ermitteln kann.
Aufgabe
Führen Sie im nachfolgenden Geogebra-Applet die Addition zweier Pfeilvektoren selber durch. Sie erhalten eine positive Rückmeldung im Geogebra-Applet, sobald der Repräsentant \(\color{darkorange}{\overrightarrow{c}}\) korrekt ist.
Eigenschaften der Pfeilvektor-Addition
Auf folgende „Gesetze“ (die es auch bei der Addition von Zahlen gibt) darf und muss man sich auch bei der Pfeilvektor-Addition verlassen:
Darstellung der Pfeilvektor-Summe als Vektorkette
Aus dem Kommutativgesetz und dem Assoziativgesetz kann man folgern, dass es auch bei einer Pfeilvektor-Summe mit mehr als 2 Pfeilvektoren vollkommen egal ist, in welcher Reihenfolge man dabei vorgeht.
Man nimmt von allen beteiligten Pfeilvektoren jeweils einen Repräsentanten und hängt diesen mit dem Fuß an die Spitze des jeweils vorherigen Repräsentanten. Auf diese Weise entsteht eine sog. „Pfeilvektor-Kette„.
Überzeugen Sie sich im nebenstehenden Geogebra-Applet davon, dass
- trotz Veränderung der Reihenfolge der aneinandergehängten Repräsentanten
- die Ersatzverschiebung stets die gleiche bleibt.
Die Notwendigkeit eines Nullvektors
Nach der Durchführung verschiedener Verschiebungen nacheinander (z.B. \({\color{blue}{\overrightarrow{u}}} + {\color{green}{\overrightarrow{v}}} + {\color{magenta}{\overrightarrow{w}}}\) ) kann es passieren, dass man wieder am Ausgangspunkt ankommt. Man hätte sich also alle Verschiebungen sparen können.
Da allerdings die Forderung besteht, dass das Ergebnis einer Pfeilvektor-Addition selbst auch wieder ein Pfeilvektor ist, muss man für diesen „Stillstand“ einen Pfeilvektor definieren:
Der Pfeilvektor, der die Verschiebungsanweisung beschreibt, die ein Objekt überhaupt nicht verschiebt,
- heißt „Nullvektor“ und
- wird bezeichnet mit \(\overrightarrow{0}\).
Wenn die Situation vorliegt, dass \({\color{blue}{\overrightarrow{u}}} + {\color{green}{\overrightarrow{v}}} + {\color{magenta}{\overrightarrow{w}}} = \overrightarrow{0}\) ist, dann bedeutet dass, dass man einfach gar keine Verschiebung durchführen muss, anstatt die Verschiebungsanweisungen \({\color{blue}{\overrightarrow{u}}}\), \({\color{green}{\overrightarrow{v}}}\) und \({\color{magenta}{\overrightarrow{w}}}\) nacheinander zu befolgen.
Ein Repräsentant des Nullvektors ist ein sehr aus der Art geschlagener Pfeil:
- Es hat keine Länge, keine Richtung und keine Orientierung!
- Sein Fußpunkt und seine Spitze sind identisch.
Man kann ihn graphisch höchstens punktförmig darstellen (es ist dennoch KEIN Punkt, sondern ein sog. „entarteter Pfeil“).
Zusammenhang zwischen dem Nullvektor und der geschlossenen Vektorkette
Wenn die Situation vorliegt, dass \({\color{blue}{\overrightarrow{u}}} + {\color{green}{\overrightarrow{v}}} + {\color{magenta}{\overrightarrow{w}}} = \overrightarrow{0}\) gilt, erkennt man das sofort, sobald man die Repräsentanten der beteiligten Verschiebungsanweisungen aneinander gehängt hat. Warum?
Sie können das im nebenstehenden Geogebra-Applet beobachten, indem Sie z.B. den Pfeil \({\color{magenta}{\overrightarrow{w}}}\) geeignet verändert. Falls Sie nicht auf die Lösung kommen, klicken Sie auf die Schaltfläche mit der Aufschrift „Nullvektor“.
Beobachten Sie dabei auch den Repräsentanten der Ersatzverschiebung \({\color{red}{\overrightarrow{z}}}\)
Subtraktion von Pfeilvektoren
Werfen wir zunächst noch einmal einen Blick auf die Subtraktion von Zahlen. An einem einfachen Beispiel ist zu erkennen, dass man eine Zahl von einer anderen subtrahieren kann, indem man ihre sog. „Gegenzahl“ addiert:
\(10\ -\ 6 = 10 + (-6)\).
Die „Gegenzahl“ einer Zahl ist offenbar die Zahl mit umgedrehtem Vorzeichen: so ist die Gegenzahl der \(6\) die \(-6\).
Benötigt: Der Gegenvektor eines Pfeilvektors
Beobachten Sie im nebenstehenden Geogebra-Applet, auf welche Weise der sog. Gegenvektor eines Pfeilvektors bei der Subtraktion zweier Pfeilvektoren eingesetzt wird. Starten Sie dazu die Animation und verändern Sie die Repräsentanten von \(\color{blue}{\overrightarrow{u}}\) und \(\color{green}{\overrightarrow{v}}\).
Versuchen Sie, mit eigenen Worten zu beschreiben, wie man einen Pfeil der Ersatzverschiebung \(\color{red}{\overrightarrow{z}}\) für die Pfeilvektor-Differenz \({\color{blue}{\overrightarrow{u}}}\,{-}\,{\color{green}{\overrightarrow{v}}}\) graphisch ermitteln kann.
Aufgaben zur Addition und zur Subtraktion
a) Führen Sie im nachfolgenden Geogebra-Applet die Subtraktion zweier Pfeilvektoren selber durch. Sie erhalten eine positive Rückmeldung im Geogebra-Applet, sobald der Repräsentant \(\color{darkorange}{\overrightarrow{c}}\) korrekt ist.
b) Noch eine Möglichkeit ist, die Spitzen der Repräsentanten \(\color{blue}{\overrightarrow{a}}\) und \(\color{energy}{\overrightarrow{b}}\) im selben Punkt anzusetzen. Wie findet man dann einen Repräsentanten \(\color{darkorange}{\overrightarrow{c}}\) von \({\color{blue}{\overrightarrow{a}}}\,{-}\,{\color{energy}{\overrightarrow{b}}}\)?
c) Eine alternative Möglichkeit ist, die Fußpunkte der Repräsentanten \(\color{blue}{\overrightarrow{a}}\) und \(\color{energy}{\overrightarrow{b}}\) im selben Punkt anzusetzen. Wie findet man dann einen Repräsentanten \(\color{darkorange}{\overrightarrow{c}}\) von \({\color{blue}{\overrightarrow{a}}}\,{-}\,{\color{energy}{\overrightarrow{b}}}\)?
d) Überlegen Sie selber, ob es ein Kommutativgesetz für die Pfeilvektor-Subtraktion gibt!
e) Im nachfolgenden Geogebra-Applet sollen Sie versuchen, den Repräsentanten des Vektors \(\overrightarrow{x}\) so zu verändern, dass die angegebene Vektor-Gleichung zu einer wahren Aussage wird.
Sie erhalten eine positive Rückmeldung im Geogebra-Applet, sobald der Repräsentant von \(\overrightarrow{x}\) korrekt ist.
Multiplikation einer Zahl mit einem Pfeilvektor
Erste Beobachtung: Vervielfachende Wirkung
Soll eine Figur k-mal nacheinander mithilfe derselben Verschiebungsanweisung \({\color{blue}{\overrightarrow{u}}}\) verschoben werden, so kann man diesen Vorgang als Pfeilvektor-Summe darstellen:
\({\color{red}{\overrightarrow{z}}} = \underbrace{{\color{blue}{\overrightarrow{u}}}+…+{\color{blue}{\overrightarrow{u}}}}_{\substack{\text{k-mal der}\\\text{gleiche Summand}}}\)
Ab einer bestimmten Anzahl von gleichen Summanden wird es lästig, sie alle aufzuschreiben. Daher definiert man eine einleuchtende und kürzere Schreibweise:
\({\color{red}{\overrightarrow{z}}} = k\cdot{\color{blue}{\overrightarrow{u}}}\)
Das heißt: \(k\cdot{\color{blue}{\overrightarrow{u}}}\) bedeutet \(\underbrace{{\color{blue}{\overrightarrow{u}}}+…+{\color{blue}{\overrightarrow{u}}}}_{\substack{\text{k-mal der}\\\text{gleiche Summand}}}\).
Beobachten Sie im nachfolgenden Geogebra-Applet, was passiert, wenn man eine negative Zahl an einen Pfeilvektor multipliziert.
Die skalierende Wirkung des Vorfaktors
Während bei der ersten Betrachtung der ganzzahlige Vorfaktor angegeben, wie oft die gleiche Verschiebungsanweisung zu befolgen ist, lohnt es sich, den Vorfaktor auch in seinem Einfluss auf die Eigenschaften des Pfeilvektors betrachten.
Beobachten Sie im nebenstehenden Geogebra-Applet die Wirkung des Vorfaktors \(k\) auf die Richtung, Orientierung und Länge von \(k\cdot {\color{blue}{\overrightarrow{u}}}\) verglichen mit der Richtung, Orientierung und Länge von \( {\color{blue}{\overrightarrow{u}}}\).
Aufgabe
Führen Sie im nachfolgenden Geogebra-Applet die Multiplikation einer Zahl mit einem Pfeilvektor selber durch. Sie erhalten eine positive Rückmeldung im Geogebra-Applet, sobald der Repräsentant \(\color{darkorange}{\overrightarrow{c}}\) korrekt ist.
Eigenschaften der Multiplikation einer Zahl mit einem Pfeilvektor
Auf folgende “Gesetze” darf und muss man sich bei der Multiplikation einer Zahl mit einem Pfeilvektor verlassen (sie entsprechen dem, was man intuitiv auch erwarten würde):
Aufgaben zur Addition, Subtraktion und Skalar-Vektor-Multiplikation
Im nachfolgenden Geogebra-Applet sollen Sie versuchen, den Repräsentanten des Vektors \(\overrightarrow{x}\) so zu verändern, dass die angegebene Vektor-Gleichung zu einer wahren Aussage wird.
Sie erhalten eine positive Rückmeldung im Geogebra-Applet, sobald der Repräsentant von \(\overrightarrow{x}\) korrekt ist.