Das Spatprodukt \((\vec{p}\times\vec{q})\cdot\vec{r}\)

Überblick zu den Inhalten dieses Kapitels

(1) Benötigtes Grundwissen

(2) Ausblick Anwendungen für das Spatprodukt

(3) Berechnung des Volumen von Parallelotopen, Prismen und Pyramiden

(4) Zusammenfassung und Definition des Spatprodukts

(5) Anwendung: Lineare Unabhängigkeit von 3 dreidimensionalen Vektoren

(6) Anwendung: Abstand eines Punktes von einer Ebene

Benötigtes Grundwissen:

Für das Skalarprodukt gilt:

\(\vec{p}\cdot\vec{q} = cos(\require{AMSmath}\require{AMSsymbols}\sphericalangle(\vec{p}, \vec{q})) \cdot |\vec{p}| \cdot |\vec{q}| \)

Betrag des Kreuzprodukts zweier Vektoren:

\(|\vec{p}\times\vec{q}| = sin(\require{AMSmath}\require{AMSsymbols}\sphericalangle(\vec{p}, \vec{q})) \cdot |\vec{p}| \cdot |\vec{q}| \)

Geometrische Interpretation des Betrags des Kreuzprodukts zweier Vektoren:

Ein Parallelogramm, das von den Vektoren \(\vec{p}\) und \(\vec{q}\) „aufgespannt“ wird, hat den Flächeninhalt \(|\vec{p}\times\vec{q}|\).

Ausblick: Anwendungen für das Spatprodukt \((\vec{p}\times\vec{q})\cdot\vec{r}\)

Mithilfe des Spatprodukts kann man z.B. folgende Aufgaben lösen:

  • Berechnung des Volumens von Parallelotopen, Prismen und Pyramiden
  • Untersuchung von 3 dreidimensionalen Vektoren auf lineare Unabhängigkeit
  • Abstand eines Punktes von einer Ebene

Berechnung des Volumen von Parallelotopen, Prismen und Pyramiden

Nun soll das Volumen folgender geometrischer Körper, deren Eckpunkte sich mithilfe von 3 linear unabhänigigen Vektoren beschreiben lassen, berechnet werden:

  • Parallelotop (Spat)
  • 3-seitiges Prisma
  • 4-seitige Pyramide
  • 3-seitige Pyramide (Tetraeder)

In dem folgenden Geogebra-Applet können Sie beobachten, dass sehr ähnliche Überlegungen wie bei der Berechnung des Flächeninhalts von Dreiecken und Parallelogrammen zu der verblüffend einfachen Formel für das jeweilige Volumen führt.

Wählen Sie in dem Menü den gewünschten Körper aus. Klicken Sie wiederholt auf die blaue Schaltfläche mit dem Pfeil nach rechts, um schrittweise zu verfolgen, wie dieser Zusammenhang hergeleitet werden kann.

 

 

Zusammenfassung und Definition

Bei der Berechnung des Volumens verschiedener geometrischer Körper (Parallelotop, 3-seitiges Prisma, 4-seitige Pyramide, 3-seitige Pyramide) haben wir gesehen, dass jedesmal der Term

\((\vec{p}\times\vec{q})\cdot\vec{r}\)

die entscheidende Rolle spielt. Diese besondere Art der Verknüpfung von DREI dreidimensionalen Vektoren heißt Spatprodukt.

Spat“ ist ein anderes Wort für Parallelotop (auch: Parallelflach, Parallelepiped) und bezeichnet ein schiefes 4-seitiges Prisma, dessen Oberfläche aus sechs Parallelogrammen besteht, wobei jeweils gegenüberliegende Flächen kongruent sind.

 

 

Das Spatprodukt:

Gegeben sind die drei dreidimensionalen Pfeilvektoren \(\vec{p}\), \(\vec{q}\) und \(\vec{r}\) .

Der Term \((\vec{p}\times\vec{q})\cdot\vec{r}\)  heißt Spatprodukt von \(\vec{p}\), \(\vec{q}\) und \(\vec{r}\).

Der Wert von \((\vec{p}\times\vec{q})\cdot\vec{r}\) ist eine reelle Zahl.

Volumenberechnung mithilfe des Spatprodukts:

Sind \(\vec{p}\), \(\vec{q}\) und \(\vec{r}\) linear unabhängige Vektoren 3-dimensionalen Pfeilvektoren, so kann man damit ein Parallelotop, ein 3-seitiges Prisma, eine 4-seitige Pyramide oder eine 3-seitige Pyramide „aufspannen“.

Für den jeweiligen Rauminhalt dieser geometrischen Körper gilt:

  • Volumen eines Parallelotops: \(V = | (\vec{p}\times\vec{q})\cdot\vec{r} |\)
  • Volumen eines 3-seitigen Prismas: \(V = \frac{1}{2}\cdot |(\vec{p}\times\vec{q})\cdot\vec{r} |\)
  • Volumen einer 4-seitigen Pyramide: \(V = \frac{1}{3}\cdot |(\vec{p}\times\vec{q})\cdot\vec{r} |\)
  • Volumen einer 3-seitigen Pyramide: \(V = \frac{1}{6}\cdot |(\vec{p}\times\vec{q})\cdot\vec{r} |\)

Anwendung: Lineare Unabhängigkeit von 3 dreidimensionalen Vektoren

Aufgabe:

Versuchen Sie, folgende Fragen zu beantworten:

1) Was passiert mit dem Spatprodukt \((\vec{p}\times\vec{q})\cdot\vec{r}\), wenn \(\vec{p}\), \(\vec{q}\) und \(\vec{r}\) linear abhängig sind?

1. Fall:

\(\vec{p}\), \(\vec{q}\) und \(\vec{r}\) sind bereits linear abhängig, wenn allein schon \(\vec{p}\) und \(\vec{q}\) linear abhängig sind.

Falls \(\vec{p}\) tatsächlich linear abhängig von \(\vec{q}\) ist, ist das Kreuzprodukt der Nullvektor: \(\vec{p}\times\vec{q}\)  \(=\small\begin{pmatrix} 0 \\0 \\0 \end{pmatrix}\)  \(= \vec{0}\)

\(\Rightarrow (\vec{p}\times\vec{q})\cdot\vec{r}\)  \(= \vec{0}\cdot\vec{r}\) \(= 0\)

2. Fall:

Falls \(\vec{p}\), \(\vec{q}\) und \(\vec{r}\) linear abhängig sind, aber \(\vec{p}\) und \(\vec{q}\) linear unabhängig sind, so müssen \(\vec{p}\), \(\vec{q}\) und \(\vec{r}\) zumindest parallel zu einer gemeinsamen Ebene E liegen (d.h. sie sind „komplanar“).

Der Vektor \(\vec{p}\times\vec{q}\) ist dann ein Normalenvektor der Ebene E (d.h. er steht senkrecht zu E).

Da \(\vec{r}\) parallel zu E ist und \(\vec{p}\times\vec{q}\) senkrecht zu E ist, muss folglich \(\vec{p}\times\vec{q}\) senkrecht zu \(\vec{r}\) sein:

\((\vec{p}\times\vec{q})\perp\vec{r}\Rightarrow (\vec{p}\times\vec{q})\times\vec{r}=0\)

Zusammenfassung:

Wenn \(\vec{p}\), \(\vec{q}\) und \(\vec{r}\) linear abhängig sind, dann hat das Spatprodukt den Wert 0, d.h. \((\vec{p}\times\vec{q})\cdot\vec{r}=0\).

2) Was folgt für \(\vec{p}\), \(\vec{q}\) und \(\vec{r}\), wenn man feststellt, dass das Spatprodukt \((\vec{p}\times\vec{q})\cdot\vec{r}\) = 0 ist?

Vorüberlegungen:

Im Folgenden wird \(\vec{p}\times\vec{q}\) mit \(\vec{n}\) bezeichnet, es gilt also: \((\vec{p}\times\vec{q})\cdot\vec{r}\) \(= \vec{n}\cdot\vec{r}\).

Hat das Spatprodukt \((\vec{p}\times\vec{q})\cdot\vec{r}\) den Wert 0, so gilt: \(\vec{n}\cdot\vec{r}=0\).

Für das Skalarprodukt von \(\vec{n}\) und \(\vec{r}\) gilt: \(\vec{n}\cdot\vec{r}=cos(\sphericalangle(\vec{n}, \vec{r}))\cdot |\vec{n}|\cdot |\vec{r}|\).

Wenn also \(\vec{n}\cdot\vec{r}=0\) ist, folgt \(cos(\sphericalangle(\vec{n}, \vec{r}))\cdot |\vec{n}|\cdot |\vec{r}|=0 \).

Das geht aber nur, wenn wenigstens einer der drei Faktoren 0 ist.

1. Fall: \(\vec{r} = \vec{0}\)

Der Nullvektor ist immer linear abhängig von anderen Vektoren, in diesem Fall sind also \(\vec{p}\), \(\vec{q}\) und \(\vec{r}\)  linear abhängig.

2. Fall: \(\vec{r} \neq \vec{0}\), aber \(\vec{n} = \vec{0}\)

Da \(\vec{n}\) \(= \vec{p}\times\vec{q}\), ist folglich \(\vec{p}\times\vec{q}=\vec{0}\).

Das ist nur möglich, wenn \(\vec{p}\) oder \(\vec{q}\) der Nullvektor ist ODER wenn \(\vec{p}\) und \(\vec{q}\) linear abhängig sind. Auf jeden Fall sind dann \(\vec{p}\) oder \(\vec{q}\) linear abhängig, und somit auch \(\vec{p}\), \(\vec{q}\) und \(\vec{r}\).

3. Fall: \(\vec{r} \neq \vec{0}\), \(\vec{n} \neq \vec{0}\), aber \(cos(\sphericalangle(\vec{n}, \vec{r}))=0\)

\(cos(\sphericalangle(\vec{n}, \vec{r}))=0\) ist nur möglich, wenn \(\vec{n}\) senkrecht zu \(\vec{r}\) ist.

\(\vec{n}\) \(= \vec{p}\times\vec{q}\), also ist \(\vec{n}\) ebenfalls senkrecht zu \(\vec{p}\) und \(\vec{q}\).

Also ist \(\vec{n}\) senkrecht zu \(\vec{p}\), \(\vec{q}\) und \(\vec{r}\), uns somit müssen \(\vec{p}\), \(\vec{q}\) und \(\vec{r}\) parallel zu einer gemeinsamen Ebene E liegen – d.h. sie sind komplanar und somit linear abhängig.

Folgerung:

Stellt man fest, dass das Spatprodukt den Wert 0 hat, also dass \((\vec{p}\times\vec{q})\cdot\vec{r}=0\),  so darf man folgern, dass  \(\vec{p}\), \(\vec{q}\) und \(\vec{r}\) linear abhängig sind.

Folgerungen:

Sind \(\vec{p}\), \(\vec{q}\) und \(\vec{r}\) dreidimensionale Pfeilvektoren, so gilt:

  • \(\vec{p}\), \(\vec{q}\) und \(\vec{r}\) sind genau dann linear abhängig (komplanar), wenn \((\vec{p}\times\vec{q})\cdot\vec{r} = 0\) ist.
  • \(\vec{p}\), \(\vec{q}\) und \(\vec{r}\) sind genau dann linear unabhängig, wenn \((\vec{p}\times\vec{q})\cdot\vec{r} \neq 0\) ist.

Anwendung: Abstand eines Punktes von einer Ebene

Aufgabe:

Gegeben ist eine Ebene E, von der eine Gleichung in vektorieller Form oder in Koordinatenform vorliegt, oder von der die Koordinaten dreier Punkte A, B und C vorliegen, durch die die Ebene eindeutig definiert ist (Klicken Sie in dem Applet mehrmals auf die Schaltfläche „Geg.:“, um zwischen den verschiedenen Darstellungen zu wechseln).

Gegeben ist außerdem ein Punkt P.

Es soll der Abstand des Punkts P von der Ebene E berechnet werden.

Überlegen Sie zuerst, wie man mithilfe eines geeigneten Parallelotops den gesuchten Abstand des Punkts P von der Ebene E ermitteln könnte.

In dem folgenden Geogebra-Applet können Sie eine mögliche Vorgehensweise Schritt für Schritt beobachten. Klicken Sie dazu mehrmals auf die Schaltfläche mit dem Pfeil nach rechts.