Extremwertaufgaben

Bisher haben sich Kurvendiskussionen auf Funktionen beschränkt, die von einer Variablen abhängig waren. Im Folgenden sollen auch Modellierungen von Realsituationen betrachtet werden, die mehrere (meistens zwei) Variablen besitzen.

Hierfür gilt: Eine Funktion \(f\), die von den Variablen \(x\) und \(y\) abhängt, notiert man als \(f(x,y)\).

\(\newcommand{fs}[1]{{#1}^{\large\prime}}\)

Beispielaufgabe

Für die Einzäunung eines freistehenden rechteckigen Gemüsegartens stehen insgesamt 200 Meter Zaun zur Verfügung. Bestimmen Sie die Abmessungen (Länge und Breite) des Gartens, so dass die eingezäunte Gartenfläche möglichst groß ist.

Das Vorgehen bei der Lösung von solchen Optimierungs- oder Extremwertaufgaben ist stets das selbe. Es gliedert sich in die folgenden fünf Schritte:

Allgemeines Vorgehen

1. Aufstellen der Hauptbedingung

Hierunter versteht man das Aufstellen eines Terms, mit der die zu optimierende Größe berechnet werden kann. Sobald in diesem Term mehr als eine Variable vorkommt, ist diese Art von Funktionen mit den bisher bekannten Möglichkeiten der Extremwertbestimmung nicht bearbeitbar. Hierfür muss die Funktion zu einer Funktion, die nur noch von einer Variablen abhängt, umgewandelt werden.

Beispielaufgabe

1. Aufstellen der Hauptbedingung

Im Beispiel von oben soll der Flächeninhalt \(A\) des rechteckigen Gartens optimiert werden. Aus der Unterstufe ist für den Flächeninhalt eines Rechtecks bereits bekannt: \(A=l\cdot b\) mit der Länge \(l\) und Breite \(b\). Die benötigte Hauptbedingung lautet hier also: \[A(l,b)=l\cdot b\]

2. Aufstellen von einer oder mehreren Nebenbedingungen

Als Nebenbedingung bezeichnet man weitere Terme, die Zusammenhänge zwischen den Variablen herstellen. Dies können geometrische Überlegungen sein (z.B. mit Hilfe des Satzes des Pythagoras, siehe Aufgabe 3 auf der nächsten Seite) oder aus dem Aufgabenkontext gewonnen werden. Aus den Nebenbedingungen kann dann eine der Variablen durch eine andere ausgedrückt werden, so dass in der Hauptbedingung eine Unbekannte eliminiert werden kann. Auf Einheiten wird bei den Rechnungen aus Gründen der Übersichtlichkeit verzichtet.

Anmerkung: Welche der Unbekannten am Ende übrig bleibt, ist prinzipiell egal, es wird aber meistens durch die Aufgabenstellung vorgegeben.

2. Aufstellen von einer oder mehreren Nebenbedingungen

Im vorliegenden Fall ist bekannt, dass insgesamt 200 Meter Zaun zur Verfügung stehen. Dies entspricht dem Umfang des rechteckigen Gartens. Erneut ist aus der Unterstufe bekannt, dass für den Umfang eines Rechtecks gilt: \(U=2\cdot l+2\cdot b=200\). Durch Umstellen findet man für die Breite \(b\): \[b=100-l\]

3. Kombinieren von Haupt- und Nebenbedingung zur Zielfunktion

Die Nebenbedingung(en) liefern Zusammenhänge zwischen den Variablen der Hauptbedingung. Diese werden nun in die Hauptbedingung eingesetzt und es entsteht die Zielfunktion, die nur noch von einer Variablen abhängt.

3. Kombinieren von Haupt- und Nebenbedingung zur Zielfunktion

Setzt man die Tatsache \(b=100-l\) in die Hauptbedingung ein, so erhält man die Zielfunktion: \[A(l)=l\cdot (100-l)=-l^2+100l\] Beachten Sie, dass die Funktion \(A\) nun nur noch von einer Variablen – nämlich der Länge \(l\) – abhängt.

4. Aufstellen der maximalen Definitionsmenge

Erneut kann die Definitionsmenge entweder in der Aufgabenstellung stecken oder muss aus der Haupt- oder Nebenbedingungen erschlossen werden. Wichtig ist hierbei, dass die Kriterien, die herangezogen werden, auf die Variable der Zielfunktion ausgelegt sind.

4. Aufstellen einer sinnvollen Definitionsmenge

Die Länge des Gartens kann offensichtlich nicht negativ sein, es muss also \(l\ge 0\) sein. Gleiches gilt auch für die Breite, also \(b=100-l\ge 0\). Dies führt zu einer oberen Grenze von \(l \le 100\). Deshalb ist die maximale Definitionsmenge der Zielfunktion \(A\): \[D_A=\left [ 0;100 \right ] \]

Anmerkung: Die Fälle \(l=0\) bzw. \(b=0\) führen zu einem Garten mit Länge bzw. Breite \(0 \mathrm{m}\). Diese Fälle werden als „entartet“ bezeichnet, da kein wirklicher Garten vorhanden ist. Diese Fälle sind offensichtlich nicht relevant für die Fragestellung, da dort die Gartenfläche \(0 \mathrm{m²}\) beträgt.

5. Bestimmen der optimalen Abmessungen

Mit Hilfe der bisherigen Schritte kann nun die Optimierung durchgeführt werden. Da die Zielfunktion nur noch von einer Variablen abhängt, kann dies nun mit den bekannten Mitteln der Differentialrechnung gemacht werden.

5. Bestimmen der optimalen Abmessungen

Ermitteln Sie selbständig den größten Wert der Funktion \(A:l\mapsto -l^2+100l\) im vorliegenden maximalen Definitionsbereich.

Ermittlung der Nullstellen der Ableitungsfunktion von \(A\)

\(\fs{A}(l)=-2l+100\)

\(\fs{A}(l)= 0\)\(\quad \Rightarrow \quad -2l+100=0\)\(\quad\Rightarrow\quad  l=50\)

Vorzeichenskizze des Graphen von \(\fs{A}\)

\(\fs{A}(l)=-2l+100\)
\(\Rightarrow\quad G_{\fs{A}}\) ist eine fallende Gerade.

\(\)
Darstellung in einer Vorzeichentabelle:

\(l\) \(50\)
Vorzeichen von \(\fs{A}(l)\) \(+\) \(-\)
Richtung von \(G_A\) \(\nearrow\) \(\searrow\)

Der Punkt \(HOP(50|A(50))\) ist ein lokaler Hochpunkt von \(G_A\), wobei \(A(50)=2500\).

An den Rändern des Definitionsbereichs gilt \(A(0)=0\) sowie \(A(100)=0\) (offensichtlich besitzen die beiden entarteten Formen den Flächeninhalt \(0 \mathrm{m^2}\)).

Da es keine weiteren lokalen Maxima der Funktion \(A\) gibt, muss der Punkt \(HOP(50|2500)\) der globale Hochpunkt des Graphen \(G_A\) sein. Der maximale Flächeninhalt des Gartens wird also für \(l_{max}=50 [\mathrm{m}]\) und \(b_{max}=100-l_{max}=50 [\mathrm{m}]\) erreicht. Der maximale Flächeninhalt hat den Wert \(A_{max}=A(50)=2500 [\mathrm{m^2}]\).

Weiterführende Aufgabe

Der Garten soll nun so angelegt werden, dass eine Seite \(b\) entlang der Hauswand verläuft. An dieser Seite ist also kein Zaun notwendig. Bestimmen Sie in ähnlicher Weise wie oben eine Zielfunktion \(A\) für den Flächeninhalt in Abhängigkeit der Länge \(l\) und ermitteln Sie hiermit diejenigen Abmessungen des Gartens, so dass der Flächeninhalt maximal wird.

Hauptbedingung:

\[A(l,b)=l\cdot b\]

Nebenbedingung:

\[U=2l+b=200\Rightarrow b=200-2l\]

Zielfunktion und Definitionsbereich:

\[A(l)=l\cdot (200-2l)=-2l^2+200l\]

\[l\ge 0 \quad \land \quad b=200-2l \ge 0\Rightarrow l \le 100 \quad \Rightarrow \quad D_A=[0;100] \]

Ermittlung der Nullstellen der Ableitungsfunktion von \(A\)

\(\fs{A}(l)=-4l+200\)

\(\fs{A}(l)= 0\)\(\quad \Rightarrow \quad -4l+200=0\)\(\quad\Rightarrow\quad  l=50\)

Vorzeichenskizze des Graphen von \(\fs{A}\)

\(\fs{A}(l)=-4l+200\)
\(\Rightarrow\quad G_{\fs{A}}\) ist eine fallende Gerade.

\(\)
Darstellung in einer Vorzeichentabelle:

\(l\) \(50\)
Vorzeichen von \(\fs{A}(l)\) \(+\) \(-\)
Richtung von \(G_A\) \(\nearrow\) \(\searrow\)

Der Punkt \(HOP(50|A(50))\) ist ein lokaler Hochpunkt von \(G_A\), wobei \(A(50)=5000\).

An den Rändern des Definitionsbereichs gilt \(A(0)=0\) sowie \(A(100)=0\) (offensichtlich besitzen die beiden entarteten Formen den Flächeninhalt \(0 \mathrm{m^2}\)).

Da es keine weiteren lokalen Maxima der Funktion \(A\) gibt, muss der Punkt \(HOP(50|5000)\) der globale Hochpunkt des Graphen \(G_A\) sein. Der maximale Flächeninhalt des Gartens wird also für \(l_{max}=50 [\mathrm{m}]\) und \(b_{max}=200-2l_{max}=100 [\mathrm{m}]\) erreicht. Der maximale Flächeninhalt hat den Wert \(A_{max}=A(50)=5000 [\mathrm{m^2}]\).