Der Umgang mit Filmen
Lange Zeit war es umstritten, ob Filme überhaupt als ernsthafte historische Quellen gelten können. Sind vor allem Spielfilme mehr als nur rein fiktive Inszenierungen? Manipulieren Sie nicht eher unser Geschichtsbewusstsein, als dass sie uns Aufschluss geben über vergangene Zeiten? Was liefern uns Dokumentarfilme, was wir nicht auch aus Textquellen erfahren?
Dokumentar- oder Spielfilm?
Filmquellen werden in der Regel unterschieden in Dokumentar- und Spielfilme. Während bei einem Dokumentarfilm der Zuschauer davon ausgeht, dass das im Film Gesehene tatsächlich so stattgefunden hat, baut der Spielfilm von vornherein auf einer fiktiven Handlung und dem darstellenden Spiel der Schauspieler auf. In der Praxis wissen wir dagegen, dass die Grenzen meist fließend sind. Einerseits gibt es eine Reihe von Zwischenformen – Scripted Reality, Doku-Dramen etc. – andererseits muss uns bewusst sein, dass hinter jedem Dokumentarfilm auch eine bestimmte Haltung der Beteiligten steht und auch im Dokumentarfilm konstruiert und inszeniert wird.
Zu einer kritischen Quellenanalyse kommt man erst, wenn man akzeptiert, dass Film (auch, wenn er sich als Dokumentarfilm versteht) fast immer Inszenierung ist. Gerade diese Inszenierung kann uns aber viel über Haltungen, Einstellungen und Perspektiven der Entstehungszeit sagen und sie kann mehr oder weniger mit Quellen belegt sein – das gilt es zu erforschen.
Filmische Gestaltungsmittel und ihre Wirkung
Eine sinnvolle Analyse von Film als historischer Quelle bedeutet immer auch Analyse seiner Gestaltungsmittel und ihrer Wirkung. Die Verbindung von Bild und Ton wirkt immer eindringlicher und suggestiver auf uns ein als ein reiner Text und muss daher genau untersucht werden. Um den Einstieg übersichtlich zu halten, befassen wir uns zunächst mit einem Film aus der Frühzeit des Kinos, als die Gebrüder Lumiere in Paris ab 1895 die ersten Kinoprogramme gegen Eintrittsgeld zeigten. Auch wenn uns die Darstellungsmittel sehr bescheiden vorkommen, wurde die Sprache des Kinos, die bis heute unsere Sehgewohnheiten in Film, Fernsehen, Computerspielen, YouTube-Videos etc. bestimmt, in diesen Jahren bereits geformt.
Aufgabe
Betrachten Sie den folgenden kurzen Film der Begrüder Lumiere – evtl. auch mehrfach. Benennen Sie filmische Gestaltungsmittel, die Ihnen auffallen.
Bei der Analyse einer Filmquelle sollte auf jeden Fall auf folgende Aspekte geachtet werden:
- Schauplatz, Bühnenbild
- Ausstattung
- Einstellungsgrößen (z.B. Totale, Nah, Halbnah, Amerikanisch, Groß, Detail)
- Kameraperspektiven (Normalperspektive, Vogelperspektive, Froschperspektive)
- Kamerabewegungen
- Bildaufbau
- Montage, Schnitt, Ton, Musik
- Digitale Nachbearbeitung (Post Production)
Am Beispiel der Einstellungsgrößen, Kameraperspektiven und -bewegungen könne Sie mit dem Folgenden Video etwas mehr in die Tiefe gehen.
Aufgabe
Notieren Sie sich aus dem folgenden Video die wichtigsten Gestaltungsmittel, die mit Bild und Kamera zu tun haben. Beurteilen Sie, inwieweit sie zur Analyse einer Filmquelle unter historischen Gesichtspunkten dienen können.
Fragen zur historischen Filmanalyse
Wenn man Filme als historische Quellen verstehen möchte, muss man streng zwischen dem Film als eigenständigem Konstrukt in seiner Entstehungszeit und der dargestellten Zeit unterscheiden. Die folgenden Fragen können Ihnen dabei behilflich sein.