Marktwirtschaft
Die Soziale Marktwirtschaft: Ein Spezifikum der Westzonen
1948 wurde in den drei Westzonen zusammen mit der Währungsreform und dem Abbau der Zwangswirtschaft die Soziale Marktwirtschaft eingeführt. Dieser von Alfred Müller-Armack geprägte Begriff kennzeichnet ein Wirtschaftsmodell, das bei grundsätzlicher Unterstützung der wirtschaftlichen Freiheit zugleich die Regulierungs- und Kontrollfunktion des Staates betont, um unsoziale Auswirkungen zu verhindern und „Wohlstand für alle“ zu schaffen. Zu den staatlichen Aufgaben zählt hierbei vornehmlich der Schutz des freien Wettbewerbs, die Steuerung der Einkommens- und Vermögensverteilung und die Regelung der Struktur- und Finanzpolitik; als „Vater der Sozialen Marktwirtschaft“ gilt Ludwig Erhard, der sich zunächst gegen die verbreitete Skepsis bei den Besatzungsmächten, der Opposition, den Gewerkschaften und der Bevölkerung durchsetzen musste. In seiner eigenen Partei fand die Forderung nach staatlicher Planung und Lenkung der Wirtschaft sowie der Vergesellschaftung von Produktionsmitteln viele Befürworter.
Wohlstand für Alle

Von Bundesarchiv, B 145 Bild-F004204-0003 / Adrian, Doris / CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0 de, Link
Ludwig Erhard mit seinem Buch Wohlstand für Alle, 1957

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Von Bundesarchiv, Bild 183-H25292 / CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0 de, Link
Werbegraphiker bei der Arbeit an neuen Plakaten. Die Wirtschaft Westdeutschlands richtet sich für den Tag der Währungsreform ein.
Nach anfänglichen Schwierigkeiten bescherte die Soziale Marktwirtschaft der späteren Bundesrepublik mit der Rückkehr zur Weltwirtschaft einen enormen wirtschaftlichen Aufstieg, der sich in vielen Bereichen zeigte. So wurde beispielsweise der VW-Käfer zum Symbol für den Erfolg der deutschen Autoindustrie, darüberhinaus aber auch zum Zeichen für die zunehmende Motorisierung.
Zugleich griff der Staat zu einer Reihe von sozialpolitischen Gesetzen, um soziale Sicherheit und Gerechtigkeit zu gewährleisten. Mit Hilfe des sozialen Wohnungsbaus sollte der Wohnungsnotstand bekämpft werden, während der Lastenausgleich eine gerechte Verteilung der Kriegsfolgelasten erwirken konnte. Die Mitbestimmungsregelungen führten zu einer begrenzten Demokratisierung der Wirtschaft.
Die Währungsreform: Neues Geld und volle Schaufenster
Dem wirtschaftlichen Wiederaufbau und der Durchführung des Marshall-Plans standen vor allem die desolaten Währungsverhältnisse entgegen. Seit Kriegsende war eine Reform der Währung aufgrund der Uneinigkeit des Alliierten Kontrollrats verschleppt worden. Nach dem Scheitern der Viermächte-Regierung bereiteten die Westmächte, vor allem die Amerikaner, eine Währungsreform allein in ihren Besatzungszonen vor. Schon im Oktober 1947 wurde in den USA neues Geld gedruckt. Am 18.06.1948 gaben die Militärregierungen über alle Rundfunksender die Durchführung der Währungsreform für Sonntag, den 20.06.1948, bekannt.
Zunächst konnten nur 40,- Mark „Kopfgeld“ gegen alte Reichsmark umgetauscht werden. Löhne, Gehälter und Mieten wurden 1:1, Sparguthaben 10:1 umgewertet. Besitzer von Sachwerten gehörten damit zu den Gewinnern, Besitzer von Spareinlagen zu den Verlierern der Reform. Sparguthaben und Bargeld verloren stark an Wert. Mit der Währungsreform entfielen weitgehend auch die Preisbindung und die Bewirtschaftung. Dieser wichtige Schritt auf dem Weg zur Marktwirtschaft wurde von Ludwig Erhard gegen den Willen der Westmächte durchgesetzt. „Der einzige Bezugsschein ist jetzt nur noch die Deutsche Mark“ verkündete er.
Tatsächlich waren schon am nächsten Tag die Schaufenster mit zum Teil vorher gehorteten Waren prall gefüllt. Der Schwarzmarkt verschwand spurlos. Verbunden mit der Währungsreform waren jedoch auch eine rapide Preiserhöhung und ein sprunghafter Anstieg der Arbeitslosigkeit.
Währungsreform 1948

Von Bundesarchiv, Bild 183-1988-0818-501 / CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0 de, Link
Währungsreform im Juni 1948, Geldanlieferung in Hamburg

Von Bundesarchiv, Bild 147-0739 / CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0 de, Link
Eine Umtauschstelle in Hamburg am 20. Juni 1948.
In der sowjetischen Zone erfolgte die Währungsreform am 23.06.1948. Da neues Geld noch nicht gedruckt war, wurden die alten Reichsmarkscheine zunächst mit Coupons beklebt. Die Bürger erhielten 70,- Mark sofort ausbezahlt. Da die Zwangsbewirtschaftung aber beibehalten wurde, verbesserte sich der Lebensstandard nicht spürbar.
Berlin-Blockade: Versorgung aus der Luft
In der Nacht zum 24.06.1948 sperrten sowjetische Truppen die Zufahrtswege nach West-Berlin. Die Gas- und Stromversorgung der Westsektoren wurde von Seiten des Sowjetsektors drastisch eingeschränkt. Aus gezielten Behinderungen in den vergangenen Monaten wurde jetzt eine totale Sperrung des Westteils der Stadt. Die Westmächte sollten dadurch gezwungen werden, auf die geplante Bildung eines Weststaates zu verzichten. Doch auf Initiative von US-Militärgouverneur Lucius D. Clay stellten die Westmächte über eine Luftbrücke die Versorgung West-Berlins sicher. Mit fast 200000 Flügen wurden rund 1,5 Millionen Tonnen lebenswichtiger Güter nach Berlin transportiert. Alle zwei bis drei Minuten landete einer der sog. „Rosinenbomber“ auf einem der drei West-Berliner Flughäfen. Durch den zähen Durchhaltewillen der West-Berliner und die Unterstützung der Westmächte scheiterte die Berlin-Blockade und wurde nach fast einem Jahr im Mai 1949 schließlich wieder aufgehoben. Insgesamt wurden zwei Millionen Menschen über die Luftbrücke versorgt.
Berlin-Blockade vom 24. Juni 1948 bis 12. Mai 1949

Von Bundesarchiv, Bild 146-1985-064-04A / CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0 de, Link
Güter für West-Berlin (Frankfurt am Main im Juli 1949)

Von Henry Ries / USAF – United States Air Force Historical Research Agency via Cees Steijger (1991), „A History of USAFE“, Voyageur, ISBN: 1853100757; USAF photo 070119-F-0000R-101 <a rel=“nofollow“ class=“external autonumber“ href=“http://www.amc.af.mil/shared/media/photodb/photos/070119-F-0000R-101.jpg“>[1]</a>, Gemeinfrei, Link
Berliner beobachten die Landung eines „Rosinenbombers“ auf dem Flughafen Tempelhof (1948). Fotografie von Henry Ries.

Von Bundesarchiv, Bild 183-S85102 / Heilig, Walter / CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0 de, Link
Entfernung einer Straßensperre in der Friedrichstraße nach der Blockade (Mai 1949)
Vereinigte Wirtschaftsgebiete: Bi-Zone und Tri-Zone
Die im Potsdamer Abkommen vorgesehene Behandlung Deutschlands als wirtschaftliche Einheit scheiterte u.a. an dem französischen Widerstand gegen die Einrichtung deutscher Zentralbehörden. Vor allem den Amerikanern lag jedoch daran, Deutschland wirtschaftlich wieder auf eigene Beine zu stellen. Als Reaktion auf die schwierige Versorgungssituation im Winter 1946/1947 legten sie daher am 01.01.1947 gegen den Protest Frankreichs und der Sowjetunion ihre Besatzungszone mit der Großbritanniens zur Bi-Zone zusammen. Die Furcht vor einer Ausbreitung des Kommunismus in den wirtschaftlich darniederliegenden Zonen spielte dabei ebenfalls eine Rolle. Zur Verwaltung der Bi-Zone wurden Ämter für Post, Verkehr, Wirtschaft, Finanzen, Arbeit sowie Ernährung und Landwirtschaft mit Sitz in Frankfurt am Main gegründet. Im März 1948 wurde Ludwig Erhard zum Direktor der Wirtschaftsverwaltung gewählt.
Obwohl Frankreich von Anfang an zur Beteiligung aufgefordert war, trat es erst am 08.04.1949 der Bi-Zone bei, die sich damit zur Tri-Zone erweiterte. Zunächst aus rein wirtschaftlichen Interessen gegründet, wurden Bi-Zone und Tri-Zone mit ihren Institutionen im Zuge des Kalten Krieges zu Vorläufern der Bundesrepublik Deutschland.
