Zeitungsvergleich

„FAZ“ und „BILD“

Am 26.10.2002 berichteten beide Zeitungen über den gefassten Heckenschützen in Amerika, der über Wochen hinweg die Bevölkerung in Atem gehalten hatte.

Aufgaben

Arbeitsauftrag:

1. Beschreiben Sie die unterschiedlichen Bildinhalte in beiden Zeitungsberichten.
Welche Wirkung erzielen die Bilder beim Betrachter?
2. Analysieren Sie die jeweiligen Schlagzeilen und die intendierte Aussage.
3. Arbeiten Sie die inhaltlichen Unterschiede in der Berichterstattung heraus und
beschreiben Sie die beim Leser erzielte Wirkung.
4. Wie werden die mutmaßlichen Täter Muhammad und Malva jeweils bezeichnet?
5. Auf welche Informationsquellen stützen sich beide Berichterstatter?
6. Untersuchen Sie die Texte in Bezug auf den verwendeten Satzbau und die Wortwahl.

Erleichterung nach den Festnahmen

Der Fall des Heckenschützen in der Umgebung von Washington ist nach drei Wochen geklärt 
Von Katja Gelinsky

Washington, Mit Erleichterung und Genugtuung haben die Bevölkerung und die Regierung auf die Festnahme von zwei Verdächtigen im sogenannten Heckenschützenfall reagiert. Ballistische Untersuchungen haben ergeben, dass elf der  insgesamt 14 Schüsse, durch die im Umkreis von Washington zehn Menschen starben und drei verwundet wurden, mit dem Gewehr abgefeuert wurden, das die Polizei im Auto der Verdächtigen fand. Bei ihnen handelt es sich um den 41 Jahre alten John Allen Muhammad, einen Golfkriegsveteran mit unstetem Lebenswandel, und einen 17 Jahre alten Jamaikaner mit Namen John Lee Malvo, den Muhammad als seinen „Sohn“ und ständigen Begleiter bei sich hatte.

Präsident Bush lobte die Ermittlungsgruppe von Polizeichef Charles Moose für ihre „unermüdliche Arbeit“ bei der Suche nach einem „gnadenlosen Mörder“. Er lobte auch die Bevölkerung für ihre Hilfe bei der Aufklärung der Verbrechen. Bürger im Umkreis von Washington äußerten sich erleichtert, nun wieder ohne Furcht einkaufen und tanken zu können.

Ein Lastwagenfahrer hatte der Polizei den entscheidenden Hinweis auf das Fahrzeug der beiden Verdächtigen gegeben. Zuvor war den Behörden nach eigenen Angaben der Durchbruch gelungen, nach einem Anruf, der bei der Hotline des Spezialkommandos einging. Am Tatort wurde ein Fingerabdruck sichergestellt, der nach Angaben der Polizei von Malvo stammt. Auf Grund dieser neuen Hinweise machte die Polizei ein Haus in Tacoma (Washington) ausfindig, wo der Siebzehnjährige mit Muhammad lebte.

Polizeichef Moose sagte: „Wir haben dem Terror nicht nachgegeben.“ Doch seien die Ermittlungen noch nicht zu Ende. Mit Tränen in den Augen erinnerte er an die Opfer der Verbrechen. „Wir wünschten, wir hätten diese eher beenden können.“ Auch scheint die Polizei zurzeit nicht anzunehmen, dass Malvo und Muhammad Mitglieder einer Terrorgruppe sind, die ähnliche Anschläge planen könnte.

Staatsanwälte berieten am Freitag über die Anklage gegen Muhammad und seinen Begleiter sowie darüber, wo ihnen der Prozess gemacht werden soll. Die meisten Opfer gab es im Bundesstaat Maryland, wo die Verbrechensserie ihren Anfang nahm und wo nun auch die Festnahme stattfand. Da Gerichte im Bundesstaat Virginia aber eher dazu neigen, die Todesstrafe zu verhängen, gibt es Stimmen,  die dafür plädieren, Muhammad und Malvo dort anzuklagen. Auch gibt es Überlegungen, sie wegen der Vielzahl der Taten in unterschiedlichen Gerichtsbezirken vor einem Bundesgericht anzuklagen. Beide Verdächtige befinden sich gegenwärtig in Haft. Der Prozess gegen Malvo wird wegen seines jugendlichen Alters wahrscheinlich unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden. Auch der Polizeichef von Montgomery (Alabama) hat angekündigt, dass Anklage gegen die beiden erhoben werden soll und die Todesstrafe verlangt werde.

Unklar ist bislang, welcher der beiden Verhafteten der Schüsse verdächtigt wird und ob sie womöglich abwechselnd auf ihre Opfer geschossen haben. Der Blick richtet sich aber vor allem auf Muhammad, der wegen Verstoßes gegen Waffengesetze angeklagt ist, während seiner Militärzeit als ausgezeichneter Schütze am Sturmgewehr M-16 aufgefallen war – die sichergestellte Waffe ist die zivile Ausführung dieser Waffe – und als Vaterfigur  eine dominierende Rolle gegenüber Malvo einnahm. Ermittler berichteten, das Auto der Verdächtigen sei zu einer „Mordmaschine“ umgebaut gewesen.

Unklar ist das Motiv für die Taten. Amerikanische Medien berichteten unter Berufung auf Polizisten, es gebe Hinweise auf eine antiamerikanische Gesinnung Muhammads und darauf, dass er nach den Terroranschlägen vom 11. September Sympathie für islamische Terroristen gezeigt habe. 

Gekürzt und überarbeitet

Amerika hat nur einen Wunsch
Todesstrafe für den Menschenjäger
Von Heiko Roloff

Washington – Amerika atmet auf! Der irre Menschenjäger, der zehn Frauen und Männer hinterhältig erschoss, ist überführt. Jetzt soll Golfkriegsveteran John Allen Muhammad (41) sterben! Ihm droht die Todesstrafe durch die Giftspritze!

Nach der Festnahme nahe Washington fanden Polizisten im Chevrolet des Killers ein Sturmgewehr der Marke „Bushmaster XM-15“. Ballistiker fanden heraus: Mit diesem Gewehr (Kaliber 5,56 mm) wurden die 10 Opfer getötet und drei weitere schwer verletzt. Der Beweis!

John Allen Muhammad und sein ebenfalls verhafteter Stiefsohn John Lee Malvo (17) wurden gestern dem Bundesrichter vorgeführt. Er muss entscheiden, in welchem US-Bundesstaat der Heckenschütze angeklagt wird – der Killer mordete in Maryland und in Kentucky. Ein FBI-Beamter: „Wir hoffen auf die richtige Entscheidung des Richters. Denn nur in Kentucky gibt es die Todesstrafe – und dort wollen wir ihn sterben sehen!“

Wer war der irre Menschenjäger?

Muhammad, der vor seiner Konversion zum Islam Williams hieß, hatte bei der Armee in Fort Lewis schießen gelernt. Zwar war er nicht in einer Spezialeinheit für Scharfschützen, hatte aber die höchste Auszeichnung für Scharfschützen gewonnen: den M-16 Marksmanship Badge. Er traf 36 von 40 Zielen, die in einer Entfernung von bis zu 300 Metern aufgestellt waren.

1990 war er für knapp zwei Jahre nach Deutschland versetzt worden. 1994 verließ er die Army. Sein ehemaliger Nachbar Leo Dudley: „Ich kann es nicht fassen. Er hat immer mit seinen Kindern gespielt, hart gearbeitet. Ich glaubte immer, er sei ein guter Mann.“

Lösungen

Analyse der Bildinhalte 

 

Die Bildinhalte und deren Wirkung

 

  • Es handelt sich um Farbfotos.
  • Der Heckenschütze wird in Großaufnahme
    rechts oben gezeigt.
  • Die verwendete Waffe geht quer über das
     ganze Bild, sie ist durch Fotomontage vor die Stirn des Schützen gesetzt.
  • Eines der Opfer, mit einem weißen,
    blutdurchtränkten Leichentuch bedeckt, beherrscht die Bildmitte.
  • Passbildähnliche Aufnahmen der einzelnen Opfer sind auf der linken Seite zu sehen.
  • Eine separate Skizze rechts unten veranschaulicht, wie die Verbrechen ausgeführt wurden.
  • Die Fotos sind in schwarz-weiß gehalten.
  • Beherrschend ist das Portrait des Chefermittlers  in Großaufnahme. Er hat das Verbrechen aufgeklärt.
  • Rechts oben die beiden „mutmaßlichen“ Täter: Sie sind auf einem Privatfoto in entspannter Pose zu sehen.
  • Rechts in der Mitte: die Tatwaffe vor weißer Hintergrund
  • Rechts unten: Polizisten stehen um das Auto der Täter.
  • Die Augen des Täters blicken den Leser bedrohlich an.
  • Dieser Eindruck wird durch den Gewehrlauf vor der Stirn verstärkt.
  • Das mit Blut getränkte Leichentuch löst
    Schauder und Angst aus.
  • Diese Wirkung wird durch die Bilder von
    den Opfern verstärkt, die mit Namen
    und Altersangaben versehen sind.
  • Der Chefermittler steht im Mittelpunkt, er erscheint dem Betrachter als Held, der die Gefahr gebannt hat.
  • Die mutmaßlichen Täter würden heiter und harmlos wirken, wenn nicht darunter die Tatwaffe abgebildet wäre. Sie erscheint vor dem weißen Hintergrund wie im Katalog ohne emotionale Aufladung.
  • Den gleichen Eindruck ruft das Bild rechts unten hervor, wo das Täterauto von Polizisten untersucht wird. Insgesamt dominiert das Gefühl der Entspannung, da die Gefahr vorüber ist.

Analyse der Überschriften

 

Die Überschriften und ihre Wirkung
Die Aussage „Amerika hat nur einen Wunsch“
in gelber Farbe kündigt die Schlagzeile in
blutroten großen Buchstaben (3,5 cm hoch) an:Todesstrafe für den Menschenjäger“
Die Überschrift „Erleichterung nach den Festnahmen“ ordnet sich mit einer Buchstabengröße von 7 mm dem Bild unter (keine Schlagzeile).

Die Unterüberschrift berichtet sachlich, das der „Fall des Heckenschützen in der Umgebung von Washington“ geklärt ist.

Es entsteht Wut auf den Mörder.

Die Leser werden emotional aufgestachelt, ihren Rachegefühlen freien Lauf zu lassen.

Die Berichterstattung löst die Spannung in der Bevölkerung bzw. sie wirkt beruhigend, da die Gefahr vorüber ist.
Inhaltliche Unterschiede in der Berichterstattung

Die farblichen Kennzeichnungen zeigen die inhaltlich hervorstechenden Unterschiede zum jeweiligen
Vergleichstext an:
 

  • Aufatmen, irrer Menschenjäger ist überführt
  • Todesstrafe durch Giftspritze droht
  • Ballistiker überführen die Täter
  • Muhammad und Malvo wurden dem Richter vorgeführt
  • FBI-Beamter hofft auf Prozess in Kentucky, denn nur dort „gibt es die Todesstrafe – und dort wollen wir ihn sterben sehen“
  • Muhammad ist zum Islam konvertiert , er hieß früher Williams, bekam höchste Auszeichnung für Scharfschützen
  • Muhammad war 1990 in Deutschland
  • Nachbar konnte es nicht fassen, da Muhammad immer mit den Kindern spielte und hart arbeitete

 

 

  • Erleichterung bei Bevölkerung und Regierung über die Festnahme der Verdächtigen
  • Beschreibung der beiden
  • Lob Bushs an Polizei und Bevölkerung
  • Hinweis durch Lastwagenfahrer, hilfreiche Anrufe
  • Polizeichef: Ermittlungen noch nicht zu Ende, Bedauern ,dass das Verbrechen nicht früher aufgeklärt werden konnte
  • keine Verdacht auf Terrorhintergrund
  • die meisten Opfer in Maryland, aber Stimmen fordern Anklage in Virginia, weil dort Gerichte eher Todesstrafe verhängen, auch in Alabama soll Anklage erfolgen 
  • unklar, welcher der beiden Verdächtigen geschossen hat
  • Muhammad war ausgezeichneter Schütze beim Militär und ist für den 17-jährigen Malvo eine Vaterfigur
  • Tatwaffe ist Sturmgewehr vom Typ M -16
  • Ermittler: Auto der Verdächtigen wurde zur Mord-Maschine umgebaut
  • Motiv unklar: Medien berichten von antiamerikanischer Gesinnung und Sympathie für islamischen Terrorismus nach dem 11.September
                 Wirkung auf den Leser
 

  • Erleichterung wegen der gebannten Gefahr
  • Förderung von Rachegefühlen: Killer sollen sterben
  • Unberechenbarer (irrer) Täter, Islam verdächtig
  • Die Deutschen hatten Glück.

 

 

  • Erleichterung wegen der gebannten Gefahr (kein Terrorhintergrund)
  • Dankbarkeit gegenüber Polizei und der helfenden Bevölkerung
  • Anteilnahme der Polizei an den Verbrechen
  • Keine Vorverurteilung der Verhafteten (sachliche, emotionslose Darstellung)
Sprachliche Bezeichnung von Muhammad und Malvo

  • der irre Menschenjäger
  • Golfkriegsveteran J.A. Muhammad
  • Killer
  • Muhammad und sein verhafteter Stiefsohn
  • Heckenschütze
  • zwei Verdächtige
  • der Siebzehnjährige und Muhammad
  • Malvo und Muhammmad
  • beide Verdächtige
  • die beiden Verhafteten
  • Vorverurteilung der beiden
  • emotional geprägte Begriffe: Killer, Menschenjäger 
  •  sachlich nüchterne Bezeichnung: Verdächtige bzw. Verhaftete

 

Die jeweils angegebenen Informationsquellen

  • Ballistiker
  • ein FBI-Beamter
  • ehemaliger Nachbar
  • ballistische Untersuchungen
  • Präsident Bush
  • Bürger im Umkreis von Washington
  • Behörden
  • Angaben der Polizei
  • Polizeichef Moose
  • Staatsanwälte
  • Stimmen
  • Polizeichef von Montgomery
  • Ermittler
  • amerikanische Medien unter Berufung auf Polizisten
  • nur drei Informationsquellen als Grundlage für den Bericht
  • breites Informationsspektrum (elf Quellen)
  • teilweise präzisere Bezeichnung der Informanten

Unterschiede in Satzbau und Wortwahl

 

  • einfache und kurze Sätze (Parataxen)
  • teilweise unvollständiger Satzbau
  • häufige Verwendung von Ausrufe- und
    Fragezeichen
  • einfache Sprache
  • überwiegend längere Satzkonstruktionen (Hypotaxen)
  • stets grammatikalisch korrekter Satzbau
  • anspruchsvolle Sprache mit Fremdwörtern

Fortsetzung Arbeitsauftrag Zeitungsvergleich

„FAZ“ und „BILD“: Überschriften im Vergleich

Im Bereich der Berichterstattung legen die „FAZ“ als eine der seriösesten überregionalen Tageszeitungen und „BILD“ als Boulevardblatt thematisch unterschiedliche Schwerpunkte. Der Vergleich der Überschriften auf den Titelseiten (vom gleichen Erscheinungsdatum) lässt die jeweilige Grundausrichtung erkennen.

Aufgabe

Arbeitsauftrag:

Zu welchen Themenbereichen lassen sich die Überschriften beider Zeitungen zuordnen?
Untersuchen Sie die Schlagzeilen hinsichtlich ihrer Sachlichkeit bzw. ihrer emotionalen
Ausrichtung und ihrer äußeren Aufmachung.

Lösungen

Inhaltliche und formale Unterschiede

  • Skandale und Probleme Prominenter
  • Erotik
  • negative politische Meldungen / Bedrohungen
  • Gefahren für den einzelnen Bürger bzw. Alltagsprobleme
Nachrichten und Berichte aus den Bereichen:

  • Außenpolitik
  • Wirtschaft
  • Bildungswesen
  • Gesellschaft

Gefühlsleben wird stark angesprochen,
durch reißerische Aufmachung verstärkt

sachlich distanzierte Information,
völlig unspektakulär dargestellt