Medienwirkung

Monokausaler Zusammenhang zwischen Gewaltspielen und Gewalttaten?


„Kein Spieler will andere leiden sehen“

Videospiele machen nicht brutal, hat der Psychologe Manuel Ladas erforscht.

Herr Ladas, Sie kommen in Ihrer Doktorarbeit zu dem Schluss, dass Gewalt in Video- bzw. Computerspielen nicht brutal mache. Welchen Zweck hat sie?

Das Interessante ist: Gewalt ist ein wesentliches Element von Computerspielen – und trotzdem wird sie
von den Spielern selbst nicht als solche wahrgenommen. Sie ist für sie Teil eines Wettbewerbs, das sind
bloß Schießbudenfiguren.

Aber es geht doch darum, diese Figuren zu töten.

Es geht darum, sie aus dem Weg zu räumen wie Inventar. Spieler wollen niemandem Leid zufügen oder schädigen.

Mitleid mit ihren Opfern spüren sie auch nicht …

Eben. Und das ist gerade interessant. Es gibt in diesen Spielen kein Mitleid, so wie es auch keinen Hass gibt und auch keine Opfer.

Aber es gibt doch Tote in diesen Spielen.

Das sind doch nur platte Zielscheiben, und so nehmen die Spieler sie auch wahr. Das sind keine Charaktere wie in Filmen, mit denen man sich identifizieren kann, mit denen man mitleidet. Es gibt keinen Anlass für
Mitleid oder für Mitgefühl. Das ist ein Missverständnis bei all jenen, die noch nie selbst gespielt haben.

Und was sagen Sie einer Mutter, deren Sohn nach stundenlangem Ego-Shooter-Spielen richtig aggressiv geworden ist?

Ich würde ihr sagen, dass er nicht durch Shooter aggressiv geworden ist – sondern dass er gern
spielt, weil er ein aggressives Kind ist. Es müsste die Frage gestellt werden, warum das so ist.

Stern 9/2003

Machen Gewaltfilme gewalttätig?

Die Wirkungsforschung ist bis heute nicht in der Lage, in jedem Einzelfall, wo z.B. Jugendliche gewalttätig werden, genau zu rekonstruieren, wo die Ursachen dafür liegen. Vielmehr müssen wir uns mit allgemeineren Aussagen begnügen, die aber dennoch die Tendenz angeben, wie Gewalthandlungen zu erklären sind. Die beiden nachfolgenden Textauszüge geben den Forschungsstand wieder.

Aufgaben

1. Untersuchen Sie  die beiden nachfolgende Texte in Bezug auf die Frage, welche Rolle die mediale Gewalt beim Zustandekommen von Gewalthandlungen z.B. bei Jugendlichen spielt.

Finden Sie die anderen Faktoren, die in den Texten als  möglich „Mitauslöser“ genannt werden, heraus und vervollständigen Sied ie nebenstehende Skizze.

2. Suchen Sie Beispiele für unterschiedliche Arten von Gewaltdarstellungen in Medien.


Der Zusammenhang zwischen gesellschaftlicher und medialer Gewalt
Text 1:

Ohne die schockierenden Fernsehaufnahmen der brennenden Napalmopfer aus Vietnam wäre der Krieg nicht so schnell zu Ende gewesen. Ohne die Bilder von Gewalt gegen Kinder, gegen Frauen wären solche Themen von der Öffentlichkeit leichter zu verdrängen.Die Medien können nicht allein für aggressives oder kriminelles Verhalten verantwortlich gemacht werden. Filme oder Gewaltdarstellungen können möglicherweise ein solches Verhalten auslösen: bei Jugendlichen mit hoher Gewaltbereitschaft, die schon im Elternhaus Gewalt erfahren haben, die ohne Wertorientierung und Haltleben, die unter beruflichen und privaten Schwierigkeiten leiden. Doch ein solcher Auslöser kann auch etwas ganz anderes sein. Ein anderer Faktor muss hinzukommen: Stress. Medienforscher sprechen von einem Bündel von Erregungsfaktoren – Enge, Schlangestehen, Streit, Staus, Wohnungs- und  Jobsuche.Th. Volker: Löst gefilmte Gewalt Gewalt aus? In: Wir in Europa 75, 08/1993

Text 2:

Grundsätzlich hängt die Wirkung eines Beitrages mit Gewaltdarstellungen ab

  • vom Inhalt (Gestaltung, Handlungszusammenhang, Art und Weise der Darstellung),
  • von der Persönlichkeitsstruktur des Zuschauers,
  • von der Situation, in der gesehen wird (allein, mit Freunden oder Eltern).

Die früher verbreitete These, wonach Brutalität auf dem Bildschirm nicht schädlich ist, weil sie als Ventil dient, durch das sich aufgestaute Spannungen entladen, gilt als wissenschaftlich widerlegt. Nach einer anderen These nimmt durch den ständigen Konsum der Filmgewalt die Sensibilität ihr gegenüber ab. Begünstigt wird die Ellbogen – Moral vom Recht des Stärkeren. Menschen, die anderen Schaden zufügen, erscheinen als etwas Normales. Die Behauptung, der Konsum von Mediengewalt führe beim Zuschauer zu Nachahmungstaten, wird nicht mehr ernsthaft vertreten, auch wenn Kriminelle zuweilen ihre Handlungen damit zu rechtfertigen suchen.

H. Meyn: Massenmedien in Deutschland, Konstanz 2001

Lösungen


Andere Faktoren, die als „Mitauslöser“ für Gewalthandlungen gelten:

  • Gewalterfahrungen im Elternhaus
  • mangelnde Wertorientierung im Freundeskreis  ( z.B. Gewalt als Mittel zur Konfliktlösung anerkannt; blinder Ausländerhass etc.)
  • berufliche bzw. private Schwierigkeiten ( z..B. Verlust des Arbeitsplatzes oder andere Misserfolge, Streit mit den Eltern etc.)
  • Stress  (überzogene Leistungserwartungen z. B. der Eltern etc.)
  • Persönlichkeitsstruktur ( z. B. cholerische Menschen)
  • Situation, in der gesehen wird ( z.B. nach einem verlorenen Spiel der favorisierten Fußballmannschaft, unter Alkoholeinfluss, in der Gruppe )

 


Unterschiedliche Arten von Gewaltdarstellung:

  • Darstellung von Grausamkeiten des Krieges, von Kriegsopfern, Gewalt gegen Kinder, Randgruppen etc. z.B. in Nachrichtensendungen
  • Gewaltanwendung mit negativer Bewertung in Filmen
  • Gewaltanwendung, dargestellt als geeignetes Mittel, um erfolgreich zu sein