Grundtechniken des Zusammenfassens
Warum Texte kürzen?
Textzusammenfassungen sollen vor allem in unserer Zeit der Informationsüberflutung dazu dienen, den Blick für das Wesentliche zu behalten und zu ermöglichen. Wir sind in vielen Lebenslagen dazu gezwungen, z.B. aus Protokollen, Artikeln aus Fachzeitschriften, Büchern, Vorträgen etc. den für uns wesentlichen Gehalt „herauszufiltrieren“.
Auch zusammengefasste bzw. gekürzte Texte sollen den Leser noch so informieren, dass er sich ein klares Bild vom Textinhalt machen kann. Texte müssen also „abgespeckt“ werden und dennoch ihre Kernaussage möglichst klar wiedergeben. Dazu werden:
- Einzelaussagen zusammengefasst (abstrahiert); hierzu ist es hilfreich, für sich die „W-Fragen“ zu beantworten (Wer? Wie? Was? Wo? Wann? Warum? etc.);
- Beispiel: Äpfel, Birnen, Zwetschgen, Pflaumen kann man allgemein als Obst bezeichnen.
- Unwichtige Details, Nebenaussagen und sprachliche Ausschmückungen entfernt
Hilfen:
- Ähnliche Beispiele, die sich zu einem allgemeinen Begriff zusammenfassen bzw. abstrahieren lassen
- Wichtiges von Unwichtigem unterscheiden
Merkmale der Überblicksinformation (dient der Grobzusammenfassung)
- kürzeste Form der Inhaltszusammenfassung
- soll Kernaussagen und formale Angaben zum Text enthalten
Abstraktionsbeispiele
Vom konkreten Begriff zur Abstraktion
| konkrete Begriffe | Abstraktion |
|
Bundeskanzler, Finanzminister, Landtagsabgeordneter, Oppositionsführer, Ministerpräsident |
Politiker | ||
| Wir hätten gerne auf diese Bilder verzichtet: auf die furchtbaren Bilder von zu Bomben umfunktionierten, explodierenden Flugzeuge in New York und Washington; von verzweifelten Eingeschlossenen, die sich von den Zwillingstürmen des World Trade Centers in die Tiefe stürzten; auf die Bilder von Feuerwehrleuten und Sanitätern, die unter den Trümmern begraben wurden. |
Es wäre schön gewesen, wenn wir die grausamen Bilder des Terroranschlages auf das World Trade Center nicht hätten anschauen müssen. | ||
Natürlich wird die Ökosteuer Opfer fordern: Man wird seltener tanken können, sich beim Fahren einschränken müssen, Fahrgemeinschaften bilden, vielleicht das Fahrrad wieder benützen, öfter Bahn fahren und auf gewisse Bequemlichkeiten verzichten müssen. |
Durch die Ökosteuer wird es nötig, die PKW-Nutzung zu reduzieren. | ||
Unterscheiden
Entscheidungshilfen
Je weiter eine bestimmte Textaussage vom zentralen Themabegriff weg ist, desto unwichtiger ist sie für die Wiedergabe des Textes. Folglich muss nach dem ersten Lesen zunächst das Thema erkannt werden. Es stellt den sog. „roten Faden“ dar, der sich durch den Text zieht. Alles, was zu weit davon entfernt ist, kann als nebensächlich eingestuft und weggelassen werden.
Manchmal treten aus stilistischen Gründen Doppelaussagen auf. Auch diese können vernachlässigt werden.
Ebenso ist es mit erläuternden Nebenüberlegungen oder blumigen Ausschmückungen.
Anwendung
Anwendung der Grundtechniken
Übung 1
1. Lesen Sie den Text aufmerksam und klären Sie unbekannte Begriffe.
Drucken Sie den Text aus oder kopieren Sie ihn in ein Ihr Textverarbeitungsprogramm. Sie können dann leicht die erforderlichen Anmerkungen, Unterstreichungen und Markierungen vornehmen. Wenn Sie die Inhalte nicht aus dem Gesamtzusammenhang erschließen können, müssen Sie auf Nachschlagewerke zurückgreifen. Hilfreich ist hier ein Blick in:
-
- einen Rechtschreibduden (hier findet man zu den meisten Fremdwörtern eine Minimalerklärung), auch online, z.B. Duden.de
- ein Fremdwörterlexikon (enthält meist etwas ausführlichere Worterklärungen)
- Meyers Lexikon – Das Wissen von A-Z (in unseren Links)
2. Formulieren Sie die zentrale Themaaussage. Kennzeichnen Sie Passagen, die weggelassen werden können, und fassen Sie den Rest durch Abstrahieren zusammen. Tipp: Hierzu ist es häufig sinnvoll, für sich die „W-Fragen“ (Wer? Wie? Was? Wo? Wann? Warum? etc.) zu beantworten.
Text 1
Ein neuer Dresscode
Obwohl technisch längst möglich, wird Kleidung kaum recycelt – sie muss dazu noch per Hand sortiert werden. Ein Start-up hat eine Lösung: es ergänzt das alte Etikett um einen scanbaren Code
„Die Philosophie war schon lange vor uns da “, so Ina Budde, „was der Industrie gefehlt hat, war das Knowhow zur Anwendung. Das machen wir.“ Die Mitgründerin von circular.fashion arbeitet mit ihrem Start-up daran, mit einer gerade einmal papierschnipselgroßen Erfindung den riesigen Kreislauf der Textilindustrie zu schließen. Denn: Stoffe werden derzeit noch viel zu wenig recycelt. Technologisch ist es längst möglich, Strumpfhosen aus Nylon, Kleider aus Viskose und T-Shirts aus Baumwolle in separaten Fabriken wiederzuverwerten. Doch bisher mussten die Stücke mühsam per Hand sortiert werden, was kaum geschieht.
Budde möchte das ändern – indem sie das Etikett der Kleidung durch einen automatisch aus lesbaren digitalen Code ergänzt. Das kann ein QR-Code sein oder ein Chip: darauf sind alle Details der Herstellung und der Bestandteile gespeichert. Den QR-Code können auch Verbraucher mit ihrem Smartphone scannen, der Chip lässt sich per Software auslesen. „Alles, was im Stoff bleibt, von Farben über Appreturen, ist dort gelistet.“ So können etwa Outdoor-Jacken mit Fluorcarbonen erkannt und abgesondert werden. Sortierfabriken für Altkleider wie Texaid können mithilfe dieser circularity.ID automatisch sortieren, nach dem Muster: der Fleece-Pullover muss in dieses Recyclingwerk, die Jeans in jene Fabrik.
Inzwischen arbeitet circular.fashion auch mit Marken wie Armedangels, Zalando, Hugo Boss und H&M. „Besonders spannend ist für viele Firmen auch, dass sie ihre eigenen Kleidungsstücke auf diese Weise recyceln können. Diese markenspezifische Wiederverwertung scheiterte bisher daran, dass nicht genug Ware zurückkam, als dass es sich gelohnt hätte“, erklärt Budde.
Einige Tausend Produkte mit der ID seien bereits im Umlauf. Je mehr Textilien damit ausgerüstet sind, desto eher werde Recycling attraktiv. Derzeit schielen die meisten beteiligten Firmen aber auf den wachsenden Altkleidermarkt, gesteht Bude. Wenn sie ihr gebrauchtes Produkt in tragbarer Qualität zurückbekommen, können sie es ein zweites Mal verkaufen.
Für ideale Nachhaltigkeit reicht es nicht, den Kreislauf mithilfe der ID zu schließen, mahnt Robert van de Kerkhof vom österreichischen Textilfaserproduzenten Lenzing. Denn jedes Jahr steigt der Konsum: Die Mode Zyklen haben sich stark beschleunigt. Der Verbraucher kauft inzwischen pro Jahr 12 – 15 Kilogramm Kleidung. „Kunden sollen stets darüber nachdenken, was sie wirklich brauchen“, sagt auch Budde.
Quelle: Ein neuer Dresscode. Obwohl technisch längst möglich, wird Kleidung kaum recycelt – sie muss dazu noch per Hand sortiert werden. Ein Start-up hat eine Lösung: es ergänzt das alte Etikett um einen scanbaren Code. In: GEO, 02.2021, S. 22.
Lösungen zu Text 1
Übung 2
1. Lesen Sie den Text aufmerksam und klären Sie unbekannte Begriffe.
Drucken Sie den Text aus oder kopieren Sie ihn auf Ihre Textverarbeitung. Sie können dann leicht die erforderlichen Anmerkungen, Unterstreichungen und Markierungen vornehmen. Wenn Sie die Inhalte nicht aus dem Gesamtzusammenhang erschließen können, müssen Sie auf Nachschlagewerke zurückgreifen. Hilfreich ist hier ein Blick in:
-
- einen Rechtschreibduden (hier findet man zu den meisten Fremdwörtern eine Minimalerklärung), auch online, z.B. Duden.de
- ein Fremdwörterlexikon (enthält meist etwas ausführlichere Worterklärungen)
- Meyers Lexikon – Das Wissen von A-Z (in unseren Links)
2. Formulieren Sie die zentrale Themaaussage. Kennzeichnen Sie Passagen, die weggelassen werden können, und fassen Sie den Rest durch Abstrahieren zusammen. Hierzu ist es häufig sinnvoll, für sich die „W-Fragen“ (Wer? Wie? Was? Wo? Wann? Warum? etc.) zu beantworten.
Text 2
Der Glaube an die D-Mark
von Christoph Oellers
Elf Jahre nach dem Untergang der DDR geht es auch dem staatstragenden Symbol der Bundesrepublik endgültig an den Kragen. Deren Währung sinkt im besten Alter von 53 Jahren ins Grab. Die D-Mark war mehr als nur eine einfache Währung, mehr als ein symbolisch wirkendes Tauschmedium. Sie war für den Westdeutschen das einzige Symbol, das ihn dauerhaft mit seinem Staat verband. Soziologen, Politikwissenschaftler und Zeithistoriker nennen häufig als Gründungsdatum für die Bundesrepublik nicht den 23. Mai 1949, an dem der Parlamentarische Rat das Grundgesetz verabschiedet hat, sondern den 20. Juni 1948, den Sonntag der D-Mark-Geburt.
Die Mark sorgte für Selbstbewusstsein. Sie ist die Mutter der Statussymbole und einer neuen Selbstdarstellung der Deutschen nach dem 3. Reich. Die Mark ermöglichte die Anschaffung von Werten, wie dem eigenen Auto, dem Häuschen und der Auslandsreise. Westdeutsche Männer kehrten schon in der zweiten Hälfte der 50er Jahre mit ihren Familien millionenfach an Schauplätze ihres Soldatenseins zurück: Griechenland, Italien, Frankreich, Norwegen. Dank der Mark konnten sie in den Reiseländern nun auch wieder wer sein. Die Mark war lange Zeit die einzige Sprache, in welcher sich die junge Bundesrepublik im Schatten des Dritten Reiches zu artikulieren wusste. Mit der Mark wurde wieder gut gemacht, repariert, entschädigt, ausgeglichen.
Die Voraussetzungen für die Einführung des Euro wären vor gut einem Jahrzehnt nicht annähernd gegeben gewesen. Seitdem aber durch die Wiedervereinigung Deutschland sich wieder als Nation verstehen kann, seitdem daraus ein uneingeschränkt souveräner Staat entstanden ist, der nur noch Deutschland heißt, hat sich die Situation grundlegend verändert: Auf politischem und militärischem Gebiet hat Deutschland wieder Spielraum und kann auf internationalem Parkett wieder maßgeblich mitentscheiden. Auch werden repräsentative Großbauten in märkischen Sand gesetzt und ein Bundeskulturbeauftragter ernannt. Solch angestrebte Rückkehr zu nationaler Normalität im Bett eines vereinten Europa heißt aber, dass die Bedeutung der nationalen Währung schwindet., schwinden muss: Die Mark hat Helmut Kohl mit dem Zugeständnis zur Einführung des Euro geopfert. Nur so bekam er den französischen Segen zur Vereinigung.
Das Parlament vom 31.08.2001 (gekürzt und überarbeitet)