3.3.2 Ionenbindung und Stoffeigenschaften

Gitterenergie und Schmelztemperatur

Auf die Bedeutung der Gitterenergie als „Triebkraft“ für die NaCl-Bildung wurde bereits hingewiesen. Die Gitterenergie bestimmt aber auch in erheblichem Maße physikalische Eigenschaften ionischer Verbindungen wie Schmelz- und Siedetemperaturen. Je größer die Gitterenergie eines Salzes, desto stärker ist der Zusammenhalt zwischen den Ionen. Dies bedeutet, dass zum Aufbrechen des Ionengitters entsprechend viel Energie aufgewendet werden müsste. In der Regel äußerst sich dies in hohen Schmelztemperaturen der Salze.

Ionenverbindung Anionenradius
(pm)
Schmelztemperatur
(°C)
Gitterenergie
(kJ/mol)
KCl 181 992 -680
KBr 195 742 -676
KI 216 677 -634

Es zeigt sich, dass die Gitterenergie und damit die Schmelztemperatur vom Radius der beteiligten Ionen abhängen. Je kleiner die Ionen im Gitter, desto höher ist die Gitterenergie, desto höher ist die Schmelztemperatur. Die Erklärung ist im Coulombschen Gesetz zu suchen, wonach die Anziehungskräfte zwischen den Ionen umso größer sind, je kleiner die beteiligten Ionen sind, je geringer also der Kern-Kern-Abstand im Ionengitter ist.

Ionenverbindung Kationenradius
(pm)
Schmelztemperatur
(°C)
Gitterenergie
(kJ/mol)
MgO  65 2642 -3830
CaO  97 2570 -3440
SrO 113 2430 -3260
BaO 135 1920 -3090

Das Gleiche gilt für Kationen. In der Tabelle werden als Beispiel Metalloxide der Erdalkalimetalle verglichen. Bei konstanter Anionengröße müssen die Unterschiede in Schmelztemperatur und Gitterenergie auf die Kationenradien zurückzuführen sein.

Ionenverbindung Kationenladung Schmelztemperatur
(°C)
Gitterenergie
(kJ/mol)
Na2O +1 sublimiert   -2515
MgO +2 2642   -3830
Al2O3 +3 2050 -15280

In der dritten Tabelle zeigt sich die Abhängigkeit der Gitterenergie von der Ionenladung. Auch hier liefert das Coulomb’sche Gesetz die Erklärung: Denn die Anziehungskräfte zwischen den Ionen hängen direkt von der Ionenladung ab. Es zeigt sich aber auch, dass eine große Gitterenergie nicht notwendigerweise eine hohe Schmelztemperatur zur Folge haben muss. Der Zusammenhang, wonach steigende Gitterenergien zu immer höheren Schmelztemperaturen führen, ist allenfalls regelhaft aber nicht naturgesetzmäßig! Regeln lassen, im Gegensatz zu Naturgesetzen, bekanntermaßen Ausnahmen zu. Ein weiteres Beispiel für eine solche Ausnahme ist die Schmelztemperatur von LiCl (614°C). Sie sollte laut Regel eigentlich höher als die von NaCl (800°C) sein.

Leitfähigkeit

Legt man an einen Salzkristall eine elektrische Spannung an, so ist kein Stromfluss zu beobachten. Elektrischer Strom lässt sich als Bewegung von Ladungsträgern definieren. Ladungsträger sind in Metallen frei bewegliche Elektronen. In einem Ionengitter sind jedoch alle Elektronen an die Ionen gebunden und somit nicht frei beweglich. Auch die Ionen selbst können ihre Gitterplätze nicht verlassen.

© Belinda Flemming: Salzkristall, CC BY-SA

Ionengitter – nicht leitfähig!

Dies ändert sich, a) wenn man das Salz schmilzt. In der Schmelze treten frei bewegliche Ionen auf, die als Ladungsträger fungieren können. Salzschmelzen leiten daher den elektrischen Strom.

© Belinda Flemming: Salzschmelze, CC BY-SA

Salzschmelze – leitfähig!

b) wenn man das Salz in Wasser löst. Auch in einer Lösung sind die Ionen frei beweglich. Lösungen sind daher elektrisch leitend.

© Belinda Flemming: Salzlösung, CC BY-SA

Salzlösung – leitfähig!

Sprödigkeit

Salze sind hart und spröde. Damit ist gemeint, dass sie Druck- oder Schlagbelastungen in gewissem Umgang aushalten, oberhalb gewisser Grenzen aber in Bruchstücke zerspringen, die wie der ursprüngliche Kristall ebene Flächen, gerade Kanten und definierte Winkel aufweisen. Die Erklärung liegt in der Tatsache, dass beim Verschieben der Ionenschichten im Gitter gleichnamige Ladungen über große Flächen hinweg nebeneinander zu liegen kommen, die sich dann alle gleichzeitig abstoßen.

© Belinda Flemming: Sprödigkeit von Salzen unter Druckeinwirkung, CC BY-SA

Ionengitter zerbricht unter Druckeinwirkung