3.2.3 Anwendungsbeispiele in Industrie und Technik
Das Thermitverfahren – Gewinnung von Eisen aus Eisenerz
Der Erfinder
Redoxreaktionen spielen in vielen Gebieten der Chemie eine entscheidende Rolle. Dem Chemiker Hans Goldschmidt (1861 – 1923), der in Berlin eine eigene Firma betrieb, verdanken wir die Erfindung und Weiterentwicklung des Thermit-Verfahrens. Seine ursprüngliche Idee war es, kohlenstofffreie, schwer schmelzbare Metalle herzustellen. Er begründete mit seinem Thermit-Verfahren die „Aluminothermie“. Damit gelang es, Metalle wie Chrom, Mangan oder Molybdän, herzustellen. Goldschmidt entwickelte das Verfahren für die Schweißtechnik weiter.
Das Verfahren
Das aluminothermische Verfahren oder Thermit-Verfahren wird heute noch als spezielle Schweißtechnik, z.B. für das Verschweißen von Eisenbahnschienen, eingesetzt. Grundlegend für das Verfahren ist die große Energiemenge von 1670 kJ, die bei der Bildung von einem Mol Aluminiumoxid frei wird, während es bei der Bildung von einem Mol Eisen(III)-oxid (Fe2O3) zum Vergleich nur 824 kJ sind. (Anmerkung: 1 mol Aluminiumoxid entspricht 102 g Aluminiumoxid; 1 mol Eisen(III)-oxid entspricht 159,6 g Eisen(III)-oxid).
Ein Gemisch aus Eisen(III)-oxid und Aluminiumpulver oder -grieß reagiert nach folgender Reaktionsgleichung:
Fe2O3 + 2 Al → Al2O3 + 2 Fe

By Skatebiker – http://en.wikipedia.org/wiki/Image:Velp-thermitewelding-1.jpg, Public Domain, Link
Thermitreaktion im Tiegel über einer Bahnschiene
Bei der Reaktion treten Temperaturen bis zu 2400°C auf. Das Eisen fließt aus der Reaktionszone und kann daher zum Verschweißen von Stahlteilen genutzt werden.
Die Chlorakalielektrolyse – Zersetzung von Natriumchloridlösung
Allgemeines
Bei der Elektrolyse handelt es sich um eine erzwungene Redoxreaktion. Die erforderliche Energie wird in Form elektrischen Stroms von außen zugeführt.
Elektrolysen lassen sich entweder in Salzschmelzen durchführen (Schmelzelektrolyse) oder in Salzlösungen. Die Chloralkalielektrolyse arbeitet mit Salzlösungen.
Ausgangsstoff und Produkte
Der Name „Chloralkalielektrolyse“ weist auf ein Alkalimetallchlorid hin, das elektrolytisch zersetzt wird. Das wichtigste Ausgangsmaterial für dieses Verfahren ist Natriumchlorid (Kochsalz), das in Form von konzentrierten Salzlösungen eingesetzt wird. Kaliumchlorid lässt sich analog verarbeiten.
Mögliche Reaktionsprodukte der Choralkalielektrolyse sind je nach eingesetztem Verfahren Natronlauge(Natriumhydroxidlösung), Chlorgas und Wasserstoffgas. (Das sehr unedle Metall Natrium lässt sich nur aus Salzschmelzen heraus gewinnen, z.B. in der sog. Schmelzflusselektrolyse. Es findet als Starter bei der Butadienpolymerisation, also der Herstellung von synthetischem Kautschuk, Verwendung. In bestimmten Kernreaktoren dient es als Kühlmittel.)
Natronlauge ist eine Substanz, die weltweit in der Größenordnung von 37 Mio. t hergestellt wird. Einsatz findet sie etwa bei der Herstellung von Kunstseide (Viskose) aus Zellulose, als Neutralisationsmittel, als Chemikalie zur Verseifung (Esterspaltung). Nicht zuletzt taucht Natronlauge als „Rohrfrei“ in Haushaltschemikalien auf.
Eine bedeutende Grundchemikalie ist das giftige, gasförmige Element Chlor. Die weltweite Jahresproduktion von ca. 30 Mio. t deutet auf seine vielfältigen Verwendungsmöglichkeiten hin. Als starkes Oxidationsmittel ist es ein gefährliches Lungengift. Es wirkt antibakteriell und wird daher als Desinfektionsmittel für Trink- und Badewasser verwendet. Seine bleichende Wirkung macht man sich bei der Papierherstellung zunutze. Chlor wird in der chemischen Industrie eingesetzt zur Herstellung chlorierter Kohlenwasserstoffe (CKWs), die als Kühl- oder Treibmittel, als Flammschutzmittel, aber auch als Lösungsmittel (TRI, PER) Einsatz finden. Insektizide sind oft Chlorverbindungen. Es wird auch weiterverarbeitet zu Chorwasserstoff bzw. Salzsäure. In der Kunststoffchemie taucht Chlor im PVC auf. Bei seiner Beseitigung kann allerdings das gefährliche Dioxin auftreten, weshalb Chlor in diesem Bereich in Verruf geriet.
Wasserstoff findet zunehmend als Energieträger Verwendung.
Die Verfahren im Überblick
Bei der Elektrolyse handelt es sich um eine erzwungene Redoxreaktion. Die erforderliche Energie wird in Form elektrischen Stroms von außen zugeführt. Elektrolysen lassen sich entweder in Salzschmelzen durchführen (Schmelzelektrolyse) oder in Salzlösungen.
Mögliche Verfahren zur Chloralkalielektrolyse sind das Amalgamverfahren, das Membranverfahren und das Diaphragmaverfahren.
Das Diaphragmaverfahren
Bei diesem Verfahren sind Anoden- und Kathodenraum durch eine poröse Wand (Diaphragma) aus feinporigem Asbest voneinander getrennt. Sie verhindert die Durchmischung der beiden Lösungen durch reine Konvektion. Als Elektroden werden eine Graphit-Anode und eine Eisen- (oder Titan-) Kathode verwendet. An der Anode werden Chlorid-Ionen entladen und Chlor gebildet. Die Natrium-Ionen werden von Kathode angezogen und durchdringen das Diaphragma. Allerdings werden sie an der Kathode nicht entladen. Stattdessen werden Oxonium-Ionen (Hydronium-Ionen) reduziert, die aus der Autoprotolyse des Wassers stammen. (Die Erklärung liegt im höheren Potential des Redoxpaares H2/H3O+ im Vergleich zum Potential des Redoxpaares Na/Na+ und in der vergleichsweise geringen Überspannung des Wasserstoffs an der Eisenelektrode. Dies finden Sie ausführlich im Kapitel Elektrochemie erklärt.)
By Johannes Schneider – Own work, CC BY-SA 4.0, Link
| Autoprotolyse: | 4 H2O | ⇌ 2 H3O+ + 2 OH– |
| Reduktion (an der Kathode): | 2 H3O+ + 2 e– | → H2 + 2 H2O |
| Oxidation (an der Anode): | 2 Cl– | → Cl2 + 2 e– |
| Gesamtgleichung: | 2 Cl– + 2 H2O | → H2 + Cl2 + 2 OH– |
| oder: | 2 Na+ + 2 Cl– + 2 H2O | → H2 + Cl2 + 2 Na+ + 2 OH– |
Diese Gleichung ist also mit der des Amalgamverfahrens identisch.
Weltweit gesehen wird das meiste Chlor nach diesem Verfahren hergestellt.
Vorzüge des Verfahrens:
Das Verfahren ist deutlich weniger problematisch als das Amalgamverfahren. Das erhaltene Chlor ist sehr rein.
Nachteile des Verfahrens:
Durch das Diaphragmaverfahren lässt sich keine chloridfreie Natronlauge gewinnen. Die Lauge muss von Chlorid gereinigt werden. Außerdem ist sie relativ verdünnt (15%-ig) und muss durch Eindampfen konzentriert werden. Die Entsorgung der asbesthaltigen Diaphragmen ist aufwendig.
Das Verfahren ist deutlich weniger problematisch als das Amalgamverfahren. Das erhaltene Chlor ist sehr rein.
Nachteile des Verfahrens:
Durch das Diaphragmaverfahren lässt sich keine chloridfreie Natronlauge gewinnen. Die Lauge muss von Chlorid gereinigt werden. Außerdem ist sie relativ verdünnt (15%-ig) und muss durch Eindampfen konzentriert werden. Die Entsorgung der asbesthaltigen Diaphragmen ist aufwendig.