2.1.3 Isotope und die relative Atommasse von Elementen

Isotope

Bei der Bestimmung der Atommassen war früh die Nichtganzzahligkeit dieser Größe aufgefallen, obwohl die Atombausteine (Elementarteilchen) immer in ganzzahligen Vielfachen vorkommen. Dafür gibt es verschiedene Gründe. Einer ist etwa, dass weder Protonen noch Neutronen exakt die Masse 1u besitzen noch Elektronen völlig masselos sind. Ein weiterer liegt im Massendefekt, der bei der Bildung eines Atomkerns aus Protonen und Neutronen auftritt. Ein kleiner Teil der Masse geht als Kernbindungsenergie verloren. Die Masse eines Atomkerns ist damit immer kleiner als die Summe der Massen einzelner Protonen und Neutronen, aus denen er besteht. Der wichtigste Grund ist aber in der Tatsache zu suchen, dass von vielen Elementen Atomarten mit unterschiedlicher Neutronenzahl existieren.

Atomsorten eines bestimmten Elements, die sich in ihrer Neutronenzahl unterscheiden, nennt man Isotope.

Elemente, von denen (in der Natur) also verschiedene Isotope existieren, heißen Mischelemente. Solche, von denen es (in der Natur) nur eine Kernart gibt, nennt man Reinelemente.

Die meisten Elemente treten in der Natur als Mischelemente auf. Die Zahl der Isotope eines Elements kann bis zu zehn betragen (beim Zinn).

Das Mischungsverhältnis der Isotope eines Elements ist bei allen natürlichen Vorkommen dieses Elements nahezu gleich und wird auch durch chemische Reaktionen nicht verändert.

In allen natürlich auftretenden Chlorverbindungen enthalten z.B. stets:

75,8% der Chloratome 18 Neutronen (Isotop Chlor-35)
24,2% der Chloratome 20 Neutronen (Isotop Chlor-37)

Der relativen Atommasse des Elements kommt man nahe, wenn man die Summe aus den Produkten der relativen Atommassen der Isotope und deren relativer Häufigkeit bildet.

Verwendung von Radionukliden

Viele Isotope sind instabil, d.h. ihre Kerne zerfallen unter Abgabe von Strahlung (b- und g-Strahlung). a-Strahlen bestehen aus Teilchen, die in ihrer Zusammensetzung Heliumkernen entsprechen, also aus zwei Protonen und zwei Neutronen bestehen. b-Strahlen sind energiereiche Elektronen und g-Strahlung gehört zu den elektromagnetischen Wellen.

Solche instabilen Atomkerne heißen Radionuklide. Für sie gibt es vielerlei Anwendungen in den Naturwissenschaften. Eine entscheidende Rolle spielen dabei Nachweismethoden für die Isotope. Diese beruhen entweder auf den emittierten Strahlen radioaktiver Stoffe (Sie schwärzen z.B. Filme. Die g-Strahlung lässt sich durch eine g-Kamera sichtbar machen.) oder man macht sich die abweichende Masse der eingesetzten Nuklide zu Nutze. Dabei spielt die Trennung von Stoffgemischen durch Massenspektrometrie eine entscheidende Rolle.

Eine wichtige Kenngröße ist die Halbwertszeit. Darunter versteht man den Zeitraum, in dem die Hälfte einer gegebenen Masse eines radioaktiven Stoffes zerfallen ist.

Sauerstoff ist ein Mischelement. Das häufigste Isotop ist Sauerstoff-16. Das radioaktive Isotop Sauerstoff-18 eignet sich, um Stoffwechselwege in Lebewesen aufzudecken. In den Dreißiger Jahren konnte mit Hilfe von Sauerstoff-18 nachgewiesen werden, dass der bei der Photosynthese frei werdende Sauerstoff nicht aus Kohlenstoffdioxid stammte sondern aus dem von Pflanzen aufgenommenen Wasser. Man züchtete einzellige Algen in Wasser, das Sauerstoff-18 statt Sauerstoff-16 enthielt. Der von den Pflanzen abgegebene Sauerstoff enthielt ebenfalls Sauerstoff-18. Stellte man den Algen normales Wasser zur Verfügung, aber Kohlenstoffdioxid, das Sauerstoff-18 enthielt, war der abgegebene Sauerstoff nicht radioaktiv.

Zur Aufklärung biochemischer Stoffwechselwege des Kohlenstoffs eignet sich das radioaktive Isotop Kohlenstoff-14.  Stellt man einzelligen Algen Kohlenstoff-14-haltiges Kohlenstoffdioxid zur Verfügung, so lässt sich die Radioaktivität nach einiger Zeit in bestimmten Stoffwechselprodukten (Kohlenstoffverbindungen) wiederfinden.

In der Medizin kommen Radionuklide in der Diagnostik und in der Therapie zum Einsatz. So weiß man, dass sich Iod-Verbindungen besonders in der Schilddrüse anreichern. Verabreicht man einem Patienten Iod-131, so wird es von der Schilddrüse aus dem Blutstrom gefiltert und angereichert. Mit einer geeigneten „Kamera“ lässt sich die abgegebene Strahlung zu einem Abbild der Schilddrüse verarbeiten. Krankhafte Veränderungen werden so erkennbar.

Serie Radiojodtherapie Basedow.jpg

By Drahreg01Own work, CC BY-SA 3.0, Link

Wichtig ist dabei, dass die verabreichten Radionuklide eine kurze Halbwertszeit besitzen, um die Patienten keiner unnötig großen Strahlenbelastung auszusetzen. Wegen der relativ langen Halbwertszeit des Iod-131 von 8,02 Tagen verwendet man es heute nur noch vor einer geplanten Radio-Iodtherapie. Üblich in der sog. Szintigraphie ist heutzutage Technetium-99 (99Tc) mit einer Halbwertszeit von 6 Stunden.

Neben der Erkennung von Tumoren durch ähnliche Verfahren, spielen bei ihrer Behandlung für Zellen tödliche Strahlen eine wichtige Rolle. Bekannteste Strahlenquelle ist der g-Strahler Kobalt-60 (60Co).

In der Technik finden Strahlungsquellen Einsatzmöglichkeiten im Bereich der Materialprüfung. So lassen sich Schweißnähte überprüfen, indem man eine starke Strahlenquelle an ihr entlangführt. Auf einem strahlenempfindlichen Film hinter dem Prüfstück lassen sich eventuelle Fehler (Haarrisse, Gaseinschlüsse) erkennen. Als starker g-Strahler eignet sich hier Iridium-192.

Interessante Möglichkeiten ergeben sich im Bereich der radiochemischen Altersbestimmung. In der Archäologie findet z.B. die Radiocarbonmethode (auch: Radiokohlenstoffmethode) Einsatz bei der Datierung von Materialien organischen Ursprungs, z.B. Knochen. Sie basiert auf dem Zerfall von Kohlenstoff-14, das in Spuren in allen Lebewesen vorkommt. Das radioaktive Kohlenstoff-14 entsteht in der oberen Atmosphäre unter dem Einfluss der kosmischen Strahlung und wird durch Oxidation zu Kohlenstoffdioxid, das von Pflanzen aufgenommen wird. Über die Nahrungskette gelangt es in alle Lebewesen. Solange ein Organismus lebt, wird Kohlenstoff-14 also laufend ergänzt. Nach seinem Tod aber wird es nicht mehr ersetzt und zerfällt in gesetzmäßiger Weise. Die Halbwertszeit beträgt 5730 Jahre. Die Methode eignet sich für die Datierung von Proben, die nicht älter als ca. 30.000 Jahre sind.

In der Geologie schließt man von aktuellen Massenverhältnissen bestimmter Nuklide auf das Alter von Gesteinen (Beispiele: Argon-Verfahren, Uran-Blei-Verfahren). Da Steine Jahrmilliarden alt sein können, werden hier den Verfahren Nuklide mit sehr langen Halbwertszeiten zu Grunde gelegt.