Ermittlung und Beschaffung des Materialbedarfes

Methoden der Bedarfsermittlung

Aus der Produktionsplanung werden die Daten für die Bedarfsplanung entnommen. Zu bestimmen sind die einzelnen Lieferanten, die Beschaffungskosten, die Beschaffungsmengen und die Beschaffungswege. Bei der Höhe des Materialbedarfes stehen grundsätzlich drei verschiedene Methoden zur Wahl:

Bedarfsgesteuerte Ermittlung: Man blickt in die Zukunft und versucht anhand der Auftrags- und Produktionspläne den zukünftigen Bedarf unter Berücksichtigung des vorhandenen Lagerbestandes zu ermitteln.
Verbrauchsgesteuerte Ermittlung: Der Materialbedarf wird aus den Werten der Vergangenheit in die Zukunft projiziert und mit den vorhandenen Beständen abgeglichen.
Schätzungen: Der zukünftige Bedarf wird geschätzt. Planungsdaten werden nicht oder nur ungenau erhoben.

Beschaffungsarten

Zur Unterstützung der Entscheidung hinsichtlich der Beschaffungsart kann die XYZ-Analyse eingesetzt werden. Produkte mit einem gleichförmigen Bedarfsverlauf können fertigungssynchron beschafft werden. Man spricht hier von X-Gütern. In die Kategorie Y fallen Güter, deren Bedarf nicht genau vorhergesagt werden kann, weil er zum Beispiel saisonal oder je nach Auftragslage schwankt. Eine Vorratshaltung ist hier angebracht. Güter mit einem mehr oder weniger zufälligen Bedarfsverlauf werden als Z-Güter bezeichnet und werden je nach Bedarf bestellt.

Beschaffungsarten Erläuterung Kategorie
Fertigungssynchrone Beschaffung: Das Material wird entsprechend der Fertigungsplanung beschafft. Es sind nur noch geringe Mengen auf Lager, um zum Beispiel auf kurzfristige Beschäftigungsänderungen reagieren zu können. X
Vorratsbeschaffung: Das Material wird auf Vorrat beschafft und gelagert. Y
Einzelbeschaffung: Die Beschaffung wird im Bedarfsfall ausgelöst. Z

ABC-Analyse

Ein Instrument der Beschaffungsplanung ist die ABC-Analyse. Dabei werden die Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe nach ihrem Materialwert gegliedert und in eine Rangfolge gebracht. Das Produkt oder die Produktgruppe mit dem höchsten Materialwert wird als A-Material klassifiziert. Die Produkte mit den nächst geringeren Werten werden als B-Materialien bezeichnet – die günstigsten Produkte folglich als C-Material.

Ziel der ABC-Analyse ist es, das Augenmerk im Wesentlichen auf das A-Material zu richten. Die Bedeutung dieser Produkte ist hoch, weil z.B. Schäden merkliche Verluste nach sich ziehen würde.

Beispiel:

Ein Unternehmen benötigt zwölf verschiedene Materialien für die Fertigung. Nach einer ABC-Analyse ergibt sich folgende Rangfolge:

Material Nr. durchschnittlicher Bedarf in Stück Wert pro Stück in € Wert insgesamt in € Rang
1 500 10,00 5.000,00 7
2 1.500 4,00 6.000,00 6
3 500 7,00 3.500,00 8
4 750 11,00 8.250,00 5
5 600 4,00 2.400,00 9
6 900 2,00 1.800,00 11
7 150 12,50 1.875,00 10
8 100 8,00 800,00 12
9 1.500 6,00 9.000,00 4
10 2.500 15,00 37.500,00 2
11 2.700 16,00 43.200,00 1
12 1.800 18,00 32.400,00 3

Die Produkte werden jetzt nach ihrer Rangfolge geordnet und sowohl wertmäßig als auch der Menge der Positionen nach prozentual ermittelt.

Rang Material Nr. Wert insgesamt
in €
Wert kumuliert Klassifizierung
in € in Prozent
  1 11 43.200,00   43.200,00   28,5 % A-Material
  2 10 37.500,00   80.700,00   53,2 %
  3 12 32.400,00 113.100,00   74,5 %
  4   9   9.000,00 122.100,00   80,5 %
  5   4   8.250,00 130.350,00   85,9 % B-Material
  6   2   6.000,00 136.350,00   89,9 %
  7   1   5.000,00 141.350,00   93,2 %
  8   3   3.500,00 144.850,00   95,5 %
  9   5   2.400,00 147.250,00   97,1 % C-Material
10   7   1.875,00 149.125,00   98,3 %
11   6   1.800,00 150.925,00   99,5 %
12   8      800,00 151.725,00 100,0 %

In dem obigen Beispiel nehmen die A-Materialien einen Gesamtwert von circa 74,5 Prozent ein. Den Wechsel hin zu den B-Materialien erkennt man an den kumulierten Prozentwerten. Sind die Sprünge bei den ersten drei A-Materialien noch hoch (über 20 Prozent) ändert sich das bei dem Wechsel auf die B-Materialien erkennbar. Die Prozentwerte wachsen hier nur noch um circa fünf Prozent.

In den meisten Fällen liegt der Anteil der A-Materialien bei ungefähr 80 % des Gesamtwertes, die B-Material nehmen etwa 15 % und die C-Materialien circa 5 % des Wertes ein.

In diesem Beispiel verteilen sich die zwölf Güterarten gleichmäßig auf die Gruppen A, B und C. Es sind auch andere Einteilungen, wie etwa 70 % : 20 % : 10 % denkbar. Dann entfallen auf die A-Gruppe nur etwa 25 % der Güter, auf die B-Gruppe ebenfalls 25 % und die C-Materialien betragen 50 % des Gesamtmaterials.

Wert-Mengen-Verhältnis

Das Verhältnis zwischen Wert und Menge soll am Beispiel der A-Güter erläutert werden. Diese Güterart hat einen hohen Wert, meist jedoch eine im Vergleich zu den B- und C-Gütern geringe Menge (z.B. liegt in der Autoproduktion von dem A-Gut "Motor" deutlich weniger auf Lager, als von dem C-Gut "Schraube").

Beispiel 1: In der oben stehenden Grafik haben die A-Güter einen Gesamtwert von 74,5%, nehmen jedoch nur 25% der Gesamtmenge ein. Teilen wir die beiden Werte, ergibt sich ein Faktor von 2,98 (74,5/25). Das Wert-Mengen-Verhältnis beträgt folglich 2,98.

Beispiel 2: Unterstellen wir, dass die A-Güter einen Wertanteil von 80% und einen Mengenanteil von 20% haben, führt das zu einem Wert-Mengen-Verhältnis von 4 (häufiger Fall).

Schlussfolgerungen aus der ABC-Analyse

Für die drei Materialgruppen wählt man unterschiedliche Herangehensweisen. Für A-Teile werden aufwendige Dispositionsverfahren angewendet. Man legt Wert auf eine sorgfältige Kontrolle der Preise und Konditionen, plant die Sicherheitsbestände exakt und minimiert die Beschaffungszeiten. Genaue Terminkontrollen, eine bedachte Auswahl der Lieferanten und Maßnahmen zur Vermeidung von Lagerverlusten sind weitere Maßnahmen. Es empfiehlt sich zudem eine fertigungssynchrone Beschaffung.

Bei C-Materialien verzichtet man auf zeitraubende Verfahren und beschränkt sich im Wesentlichen auf größere Sicherheitsbestände, gröbere Bestandsrechnungen und größere Bestellmengen. Man wendet in der Regel einfachere Kontrollen der gelieferten Ware an oder verzichtet ganz darauf. Es bietet sich die Vorratsbeschaffung an.

Bei B-Teilen ist fallweise zu entscheiden, wie zu verfahren ist.