Eigenkapitalausweis

Eigenkapital vor Gewinnverwendung

In einer Aktiengesellschaft muss über die Verwendung des Jahresüberschusses entschieden werden. Ein Teil des Jahresüberschusses verbleibt zu Eigenfinanzierungszwecken im Unternehmen, ein anderer Teil wird an die Aktionäre ausgeschüttet. Wie weit diese Vorgänge zum Zeitpunkt der Aufstellung der Bilanz fortgeschritten sind, ist anhand der Position Eigenkapital zu erkennen.

Bevor über die Verwendung des Jahresergebnis beschlossen ist, besitzt die Position Eigenkapital folgendes Aussehen:

Bilanz
I. gezeichnetes Kapital
II. Kapitalrücklage
III. Gewinnrücklagen
1. gesetzliche Rücklagen
 … 2. Rücklage für eigene Aktien
3. satzungsmäßige Rücklagen
4. andere Gewinnrücklagen
IV. Gewinnvortrag / Verlustvortrag
  V. Jahresüberschuss / Jahresfehlbetrag


In der Position IV. ist der nicht verteilte Unternehmenserfolg aus dem Vorjahr erfasst. Position V. enthält den Erfolg aus dem gerade abgelaufenen Geschäftsjahr.

Eigenkapital nach teilweiser Gewinnverwendung

Aus dem Jahresüberschuss sind gemäß § 150 Aktiengesetz 5% des Jahresüberschusses in die gesetzliche Rücklage, vermindert um den Verlustvortrag des Vorjahres, einzustellen. Diese Einstellung erfolgt so lange, bis die Summe aus der gesetzlichen Rücklage und der Kapitalrücklage 10% des Grundkapitals erreicht.

Darüber hinaus können in die restlichen Gewinnrücklagen Beträge eingestellt oder auch entnommen werden. Sobald die Rücklagenveränderung abgeschlossen ist, nennt man den verbleibenden Unternehmenserfolg nicht mehr Jahresüberschuss, sondern Bilanzgewinn.

Nach § 58 Aktiengesetz darf maximal die Hälfte des Jahresüberschusses in die anderen Gewinnrücklagen eingestellt werden. Allerdings sind Beträge, die in die gesetzliche Rücklage eingestellt werden und ein eventueller Verlustvortrag aus dem Vorjahr zuvor abzuziehen.

Im Normalfall entscheiden Aufsichtsrat und Vorstand über die Einstellung in die Gewinnrücklagen und stellen so den Bilanzgewinn fest. Es ist aber auch möglich, dass Aufsichtsrat und Vorstand die Entscheidung über die Einstellung in die Gewinnrücklagen der Hauptversammlung überlassen.

Ist die Veränderung der Gewinnrücklagen zum Zeitpunkt der Aufstellung der Bilanz bereits geschehen, so wird das verbliebene Ergebnis nicht mehr Jahresüberschuss, sondern Bilanzgewinn genannt. Ein eventuell vorhandenes Restergebnis aus dem Vorjahr ist dabei zu verrechnen:

Jahresüberschuss / Jahresfehlbetrag
+/- Gewinnvortrag / Verlustvortrag aus dem Vorjahr
Einstellung in die Gewinnrücklagen
+ Entnahme aus den Gewinnrücklagen
= Bilanzgewinn


Nach teilweiser Verwendung des Jahresergebnisses, also nach der Veränderung der Gewinnrücklagen, hat die Position Eigenkapital folgendes Aussehen:

Bilanz
I. gezeichnetes Kapital
II. Kapitalrücklage
III. Gewinnrücklagen
IV. Bilanzgewinn oder Bilanzverlust


Eigenkapital nach vollständiger Gewinnverwendung

Der nach der Einstellung in die Gewinnrücklagen verbliebene Bilanzgewinn wird an die Aktionäre ausgeschüttet. Die Hauptversammlung entscheidet über die Höhe der Dividende. Ist die Dividende zum Zeitpunkt der Aufstellung der Bilanz ausgeschüttet, so wird das verbliebene Restergebnis in das neue Jahr vorgetragen:

Bilanzgewinn
Dividende
= Gewinnvortrag / Verlustvortrag ins neue Jahr

Nun wird im Eigenkapital der Bilanz die Position Bilanzgewinn durch die des Gewinn- bzw. Verlustvortrags in das neue Geschäftsjahr ersetzt:

Bilanz
Eigenkapital
I. gezeichnetes Kapital
II. Kapitalrücklage
III. Gewinnrücklagen
IV. Gewinnvortrag / Verlustvortrag

Beispiel zur Ergebnisverwendung

Vor Gewinnverwendung liegen bei der BOS AG zum 31.12.09 folgende Eigenkapitalposition in T€ vor:

 Bilanz
Passiva
I. gezeichnetes Kapital 1.000
II. Kapitalrücklage 30
III. Gewinnrücklagen  
1. gesetzliche Rücklage 60
2. andere Gewinnrücklagen 500
IV. Gewinnvortrag  4
V. Jahresüberschuss 100 

Aufsichtsrat und Vorstand beschließen 40.000,00 € in die anderen Gewinnrücklagen einzustellen. Die Einstellung in die gesetzliche Rücklage erfolgt nach den Vorschriften des Aktiengesetzes mit 5.000,00 €. Es soll die höchst mögliche Dividende in vollen Prozent ausgeschüttet werden. Ein Verlustvortrag soll nicht entstehen. Erstellen Sie die Eigenkapitalpositionen nach teilweiser und nach vollständiger Ergebnisverwendung.

In einem ersten Schritt muss geprüft werden, ob die geplante Einstellung in die gesetzliche Rücklage in Einklang mit den Regularien des Aktiengesetzes ist:

Maximal mögliche Höhe der Rücklagen: 10% von dem gezeichneten Kapital (100.000,00 €)

Aktueller Stand der Rücklagen: Kapitalrücklage (30.000,00 €) + gesetzliche Rücklage (60.000,00) = 90.000,00 €

Einstellbarer Betrag: 10.000,00 €

Die Einstellung von 5.000,00 € ist möglich, da die maximal mögliche Höhe der Rücklagen hierdurch nicht überschritten wird. Bitte beachten Sie, dass lediglich ein Verlustvortrag von den 100.000,00 € abzuziehen wäre, ein Gewinnvortrag jedoch nicht die Basis zur Ermittlung der 5% erhöht.

In einem zweiten Schritt muss geprüft werden, ob die geplante Einstellung in die anderen Gewinnrücklagen in Einklang mit den Regularien des Aktiengesetzes ist:

Maximal mögliche Einstellung in die anderen Gewinnrücklagen:

in T € Jahresüberschuss
100
– Verlustvortrag nicht vorhanden
– Einstellung in die gesetzliche Rücklagen 5
= Basis der Ermittlung 95

Der maximal mögliche Einstellungsbetrag beläuft sich auf 47.500,00 € (50% von 95.000,00 €). Die Einstellung in Höhe von 40.000,00 € ist somit möglich.

Ermittlung des Bilanzgewinns:

in T €

Jahresüberschuss

100
+ Gewinnvortrag aus dem Vorjahr 4
– Einstellung in die gesetzlichen Rücklagen 5
– Einstellung in die anderen Gewinnrücklagen 40
= Bilanzgewinn 59


Eigenkapitalpositionen nach teilweiser Gewinnverwendung:

 Bilanz
Passiva
I. gezeichnetes Kapital 1.000
II. Kapitalrücklage 30
III. Gewinnrücklagen  
1. gesetzliche Rücklage 65 (60+5)
2. andere Gewinnrücklagen 540 (500+40)
IV. Bilanzgewinn  59

Dividendenermittlung:

Die Dividende wird vom gezeichneten Kapital berechnet. Die höchst mögliche Ausschüttung beträgt in diesem Beispiel 5,9%. Da jedoch ein voller Prozentbetrag ausgeschüttet werden soll und kein Verlustvortrag entstehen darf, wird nur eine Dividende von 5% ausgeschüttet. Würde man auf 6% aufrunden, so wäre der Bilanzgewinn nicht ausreichend und man müsste einen Verlust in das neue Jahr vortragen.

Ermittlung des Gewinnvortrages:

Dividende in % =   Bilanzgewinn · 100% Dividende = 59 · 100% : 1.000 = 5,9%
gezeichnetes Kapital
    Bilanzgewinn    59
–  Dividende          50   5 % vom gezeichneten Kapital
= Gewinnvortrag    9

Eigenkapitalpositionen nach vollständiger Gewinnverwendung:

 Bilanz
Passiva
I. gezeichnetes Kapital 1.000
II. Kapitalrücklage 30
III. Gewinnrücklagen  
1. gesetzliche Rücklage 65 (60+5)
2. andere Gewinnrücklagen 540 (500+40)
IV. Gewinnvortrag  9

Eigenkapitalausweis: Übung

Entscheiden Sie, ob folgende Aussagen richtig oder falsch sind.

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Eigenkapitalausweis: Aufgaben

Testen Sie Ihr Wissen an folgenden Beispielen:

Aufgaben:

1 Die Eröffnungsbestände der Eigenkapitalposition einer Aktiengesellschaft betrugen am 01.01.09:

Gezeichnetes Kapital 750,00 Mio. €
Kapitalrücklage 15,00 Mio. €
gesetzliche Rücklage 40,00 Mio. €
andere Gewinnrücklagen 5,00 Mio. €
Gewinnvortrag (Vorjahr) 0,02 Mio. €


Am 31.12.09 wird ein Jahresüberschuss von 132,00 Mio. € ermittelt. In die gesetzliche Rücklage werden 6,60 Mio. € eingestellt. Es soll die höchst mögliche Dividende mit vollem Prozentsatz ausgeschüttet werden ohne dass ein Verlustvortrag entsteht. In die anderen Gewinnrücklagen werden 62,70 Mio. € eingestellt.

1.1 Stellen Sie die Bilanzpositionen des Eigenkapitals nach teilweiser Verwendung des Ergebnisses dar.
1.2 Berechnen Sie den Gewinnvortrag in das Jahr 10.

2 Vor Aufstellung der Bilanz einer Aktiengesellschaft wird der Stand der Rücklagen überprüft. Vorstand und Aufsichtsrat beschließen den Gewinnrücklagen insgesamt 292 Mio. € zuzuführen. Ein Ergebnisvortrag aus dem Vorjahr besteht nicht. Neben dem gezeichneten Kapital in Höhe von 1.400 Mio. € betragen die Kapitalrücklagen 2.603 Mio. €, die gesetzlichen Rücklagen 70 Mio. € und die anderen Gewinnrücklagen 5.241 Mio. €. Im abgelaufenen Geschäftsjahr wurde ein Jahresüberschuss von 588 Mio. € erzielt.

2.1 Berechnen Sie den Bilanzgewinn.
2.2 Auf Beschluss der Hauptversammlung soll eine Dividende von 18% ausgeschüttet werden. Berechnen Sie den verbleibenden Vortrag in das neue Jahr.

3 Am 01.01.09 sind folgende Eröffnungsbestände einer Aktiengesellschaft bekannt:

Gezeichnetes Kapital 8,000 Mio. €
Kapitalrücklage 0,160 Mio. €
gesetzliche Rücklage 0,320 Mio. €
andere Gewinnrücklagen 0,900 Mio. €
Gewinnvortrag 0,025 Mio. €


Vom Jahresüberschuss in Höhe von 1,780 Mio. € werden zum 31.12.09 5% in die gesetzliche Rücklage eingestellt. Die Dividende beträgt 15%. Stellen Sie die Positionen des Eigenkapitals zum 31.12.09 nach teilweiser Ergebnisverwendung dar, wenn nach der Dividendenausschüttung kein Ergebnisvortrag in das neue Jahr erfolgen soll und die anderen Gewinnrücklagen entsprechend verändert werden.

Lösungen

I.   gezeichnetes Kapital 750,00
II.   Kapitalrücklage 15,00
III.  Gewinnrücklagen
     1. gesetzliche RL 46,60   40,00 + 6,60
     2. andere GRL 67,70   5,00 + 62,70
IV. Bilanzgewinn 62,72
   JÜ 132,00
+ GV 0,02
–  Einst. ges. RL 6,60
–  Einst. and GRL 62,70
= Bilanzgewinn 62,72
–  Dividende 60,00   Nebenrechnung
= Gewinnvortrag 2,72

Nebenrechnung:
Dividende in %: 62,72 · 100% : 750,00 = 8,4%, d.h. 8%
Dividende in Euro: 8% vom gez. Kapital = 60,00

  JÜ 588,00
–  Einstellung and. GRL 292,00
= Bilanzgewinn 296,00
   Bilanzgewinn 296,00
–  Dividende 252,00  18% von 1.400,00 Mio.
= Gewinnvortrag 44,00
  JÜ 1,780
+ GV 0,025
= Zwischensumme 1,805
–  Einst. ges. RL 0,089
–  Einst. and. GRL 0,516   Nebenrechnung
= Bilanzgewinn 1,200   8,00 · 15 %

Nebenrechnung zur Einstellung in die and. GRL:
Zwischensumme – Einst. ges. RL – Bilanzgewinn
1,805 – 0,089 – 1,200 = 0,516 Mio. €

Positionen nach teilweiser Ergebnisverwendung:

I.   gezeichnetes Kapital 8,000
II.   Kapitalrücklage 0,160
III.  Gewinnrücklagen
     1. gesetzliche Rücklage 0,409  0,320 + 0,089
     2. andere GRL 1,416  0,900 + 0,516
IV. Bilanzgewinn 1,200