Eigen- oder Fremdfertigung

Quantitative Kriterien

Situation

Ein Industriebetrieb, der sich auf die Herstellung von Laufschuhen spezialisiert hat, würde den Laufschuh XT herstellen und unterbreitet der SPORT AG folgendes Angebot:

Beim Bezug von 12.000 Paar pro Monat beträgt der Listeneinkaufspreis 68,00 € abzüglich 8% Rabatt und zuzüglich 1% Frachtkosten des Warenwertes. Die Geschäftsleitung möchte nun wissen, ob der Laufschuh XT weiterhin selbst produziert oder fremdbezogen werden soll, wenn sich

1 – die fixen Kosten nicht verändern,
2 – die erzeugnisfixen Kosten der Eigenproduktion zu 20% abbaubar sind.

Hier noch einmal ein Überblick der Kostensituation:

Verkaufspreis 80,00 €
variable Stückkosten 53,10 €
absetzbare Menge pro Monat 12.000 Stück
erzeugnisfixe Kosten pro Monat 230.000,00 €
davon abbaubar 20%
Listeneinkaufspreis bei Fremdbezug 68,00 €
Rabatt 8%
Frachtkosten 1%

Lösung zu 1

Eigenfertigung
Fremdbezug
   variable Stückkosten 53,10 €    Listeneinkaufspreis 68,00 €
–  Bezugspreis 63,19 € –  Rabatt 8% 5,44 €
   Differenz pro Stück 10,09 € = Bareinkaufspreis 62,56 €
+ Frachtkosten 1% 0,63 €
   Gesamtdifferenz 121.080,00 € = Bezugspreis 63,19 €

Ergebnis zu 1

Falls sich die Fixkosten nicht verändern ist die Eigenfertigung um 10,09 € pro Stück und 121.080,00 € bei 12.000 Stück günstiger.

Bei unveränderten Fixkosten ist die Eigenfertigung von Produkten günstiger, falls die variablen Kosten der Eigenfertigung geringer sind als der Bezugspreis.

kv < Bezugspreis

Lösung zu 2

Eigenfertigung
Fremdbezug
   variable Stückkosten 53,10 €    Listeneinkaufspreis 68,00 €
+ fixe Stückkosten 19,17 € – Rabatt 8% 5,44 €
(230.000,00 : 12.000) = Bareinkaufspreis 62,56 €
Stückkosten 72,27 € + Frachtkosten 1% 0,63 €
– Stückkosten fremd 78,52 € = Bezugspreis 63,19 €
   Differenz pro Stück 6,25 € + fixe Stückkosten 15,33 €
   Gesamtdifferenz 75.000,00 € (230.000,00 · 80% : 12.000)
(6,25 · 12.000) Stückkosten 78,52 €

Ergebnis zu 2

Unter den gegebenen Voraussetzungen betragen die Kosten pro Stück bei Eigenfertigung 72,27 € und bei Fremdbezug 78,52 €. Das ergibt eine Differenz von 6,25 € pro Stück und von 75.000,00 € bei 12.000 Stück. Folglich ist die Eigenfertigung auch dann vorzuziehen, wenn die Fixkosten zu 20% abbaubar sind.

Verändern sich durch Fremdbezug von Produkten die Fixkosten, dann ist die Eigenfertigung günstiger, wenn die Summe der variablen und fixen Kosten bei der Eigenfertigung geringer sind als die Summe des Bezugspreises und der nicht abbaubaren Fixkosten.

Allgemein ausgedrückt, ist die Eigenfertigung günstiger wenn gilt:

Daraus folgt:

kf (EF) + kv (EF) < p (FB) + kf (FB)

Kf (EF) : m + kv (EF) < p (FB) + Kf (FB) : m

Setzt man nun die Kosten für Eigenfertigung und Fremdbezug gleich und löst die Gleichung nach m auf, erhält man die Grenzmenge:

Die Grenzmenge gibt an, ab welcher Menge die Eigenfertigung günstiger ist.

Grenzmenge m = Kf (EF) – Kf (FB)
(FB) – kv (EF)

Bezogen auf das obige Beispiel ergibt sich also folgende Grenzmenge:

m = (230.000,00 – 184.000,00 ) : (63,19 – 53,10) = 46.000,00 : 10,09 = 4.559 Stück

Dies bedeutet, die Eigenfertigung ist ab 4.559 Stück günstiger als der Fremdbezug.

Das Ergebnis lässt sich auch grafisch veranschaulichen:

Qualitative Kriterien

Um die Entscheidung zwischen Eigenfertigung und Fremdbezug zu treffen, spielt nicht nur der Kostenvergleich eine Rolle. Auch qualitative Faktoren wie z. B. Qualität, Kapitalbindung, Arbeitsplatzsicherheit, Verfügbarkeit, Kapazitätsauslastung, Umweltrisiken und das vorhandene Know-how können maßgebend sein. Mithilfe eines Punktesystems (vgl. Lieferantenmatrix) kann auch hier eine Wahl getroffen werden.

Eigen- oder Fremdfertigung: Aufgaben

Testen Sie Ihr Wissen an folgenden Beispielen:

Aufgaben:

1 Ein Unternehmen erstellt ein Zubehörteil zu folgenden Bedingungen: Materialverbrauch 10,00 €, Fertigungslöhne 35,00 €, variable MGK 3%, variable FGK 80%.

Ein Zulieferer könnte dieses Bauteil zu folgenden Konditionen liefern: Listeneinkaufspreis 90,00 €, Rabatt 20%, Liefererskonto 2,5%, Frachtkosten 2% des Bareinkaufspreises.

Entscheiden Sie, ob sich die Eigenfertigung finanziell lohnt.

2 Ein Unternehmen bezieht seit längerer Zeit 500 Stück des Bauteils X von einem Zulieferer zu einem Listeneinkaufspreis von 32,94 € abzüglich 15% Rabatt.
Die Geschäftsleitung möchte nun wissen, ob sich die Eigenfertigung dieses Produkts lohnt, wenn folgende Daten vorliegen:

Fertigungsmaterial 10,00 €/St.
Materialgemeinkosten 0,50 €/St.
Fertigungslöhne 6,00 €/St.
Fertigungsgemeinkosten 5,00 €/St.


Ermitteln Sie, ob für das Unternehmen Eigenfertigung oder Fremdbezug günstiger ist, wenn hierzu freie Kapazitäten vorhanden sind.

3 Ein Unternehmen setzt bisher einen Handelsvertreter ein, der 4 % Provision bei einem monatlichen Umsatz von 120.000,00 € erhält. Da in den nächsten Jahren mit einer Umsatzsteigerung gerechnet wird, erwägt man den Einsatz eines Reisenden. Dieser würde neben einer Provision von 2 % ein monatliches Fixum von 1.600,00 € erhalten. Beurteilen Sie dieses Vorhaben aus kostenrechnerischer Sicht und zeigen Sie zwei weitere Aspekte auf, die unabhängig von der Kostensituation für den Einsatz des Reisenden sprechen würden.

Lösungen

Eigenfertigung Fremdbezug
   FM 10,00    LEP 90,00
+ MGK variabel 0,30 –  Rabatt 20% 18,00
+ FL 35,00 = ZEP 72,00
+ FGK variabel 28,00 – Skonto 2,5% 1,80
= kv 73,30 = BEP 70,20
–  EP 71,60 + Fracht 2% 1,40
= Differenz 1,70 = EP 71,60


Die Eigenfertigung lohnt sich nicht, da sie um 1,70 € teurer ist.

Eigenfertigung Fremdbezug
   FM 10,00    LEP 32,94
+ MGK 0,50 –  Rabatt 4,94
+ FL 6,00 = Bezugspreis 28,00
+ FGK 5,00
= kv 21,50
–  Bezugspreis 28,00
= Differenz 6,50


Die Eigenfertigung ist um 6,50 € pro Stück günstiger.

Kosten Vertreter = 120.000,00 * 4 % = 4.800,00
Kosten Reisender = 1.600,00 € + 120.000,00 * 2 % = 4.000,00 €
Bei einem Monatsumsatz von 120.000,00 ist der Reisende kostengünstiger.

Alternativer Rechenweg: Grenzumsatz berechnen:
Kg (U) R = Kg (U) V 1.600 + 2 % * U  = 4 % * U U = 1.600 / 2 % = 80.000,00

Bereits bei einem Umsatz über 80.000,00 € wäre der Reisende kostengünstiger.

Weitere Vorteile: z. B. Der Reisende ist als Mitarbeiter direkt weisungsgebunden und damit besser steuerbar. Er verfügt normalerweise über bessere Produktkenntnisse und kann deshalb besser beraten.