1. Newton’sches Axiom

Problemstellung

In diesem Kapitel werden wir genauer untersuchen, wie Körper ihre Geschwindigkeit ändern und welche Ursache es dafür gibt.

Geschichtlicher Rückblick

Die Vorstellung der Menschen zu diesem Problem wurde bis in die Neuzeit hinein von dem Griechen Aristoteles (384-322 v. Chr.) geprägt. Alleine durch Beobachtungen und Nachdenken kam der Philosoph zu dem Schluss, dass jede Bewegung zur Aufrechterhaltung ihrer Geschwindigkeit eine Kraft benötigt. Ist keine Kraft vorhanden, kommt die Bewegung zum Stillstand.

Jeder Körper hätte also die Neigung, von sich aus zur Ruhe zu kommen. Diese Auffassung scheint auf den ersten Blick mit unserer Alltagserfahrung übereinzustimmen, denken wir doch nur an ein Auto, das sich. mit konstanter Geschwindigkeit bewegen soll. Ohne die Antriebskraft des Motors wird das Auto auf ebener Straße langsamer und bleibt schließlich stehen.

Erst rund 2000 Jahre später erkannte Galileo Galilei (1564-1642), dass für die Geschwindigkeitsabnahme bei einer antriebslosen Bewegung die Reibung verantwortlich ist. Vermindert man die Reibung etwa durch eine glatte Fahrbahn, dann erfolgt die Geschwindigkeitsabnahme sehr viel langsamer.

In einem Gedankenexperiment kann man sich leicht vorstellen, was geschieht, wenn alle äßeren Einwirkungen auf einen Körper entfallen. Der Körper wird sich dann geradlinig mit konstanter Geschwindigkeit bewegen. Die äußeren Einwirkungen, die einen Körper beschleunigen oder verlangsamen, bezeichnet man physikalisch als Kräfte. Kräfte kann man grundsätzlich nicht sehen, man erkennt nur die Wirkungen auf Körper. Neben der Verlangsamung oder Beschleunigung kann die Wirkung auch eine Verformung des Körpers sein.

Körper haben also das Bestreben ihren Bewegungszustand beizubehalten. Sie verhalten sich gegenüber Änderungen dieses Zustands träge. In der Physik wird diese Erkenntnis als Trägheitsprinzip bezeichnet.

Das Trägheitsprinzip wurde zuerst von dem bedeutenden englischen Physiker Sir Isaac Newton (1642-1727) formuliert. Man bezeichnet es auch als das 1. Grundgesetz der Mechanik, als Trägheitssatz oder als das 1. Newton’sche Axiom.

1. Newton’sches Axiom

Ein Körper bleibt in Ruhe oder hält seine Geschwindigkeit nach Betrag und Richtung bei, wenn keine äußeren Kräfte auf ihn wirken.

Beispiele

Viele Erscheinungen des täglichen Lebens und in der Physik lassen sich mit dem 1. Newton’schen Axiom erklären.

  • Man verwendet im Auto Sicherheitsgurte, da der Körper eines Insassen nach einem Aufprall des Autos auf ein Hindernis seine Geschwindigkeit beibehalten will und ohne Sicherheitsgurt erst an der Windschutzscheibe abgebremst würde. Schon bei einer Geschwindigkeit von 30 km/h ist man bei einem Frontalaufprall nicht mehr kräftig genug, um sich abzustützen.
  • Wegen der Trägheit lässt sich eine Stahltür wesentlich schwerer öffnen als eine Holztür.
  • Ein 2-Euro-Stück wird am Rand eines Tisches hochkant auf ein Blatt Papier gestellt. Zieht man das Papier mit der Hand weg, so bleibt (meistens) das 2-Euro-Stück unverändert stehen.
  • Zieht man langsam an dem Griff, reißt der obere Faden, da sich zur Zugkraft noch die Gewichtskraft addiert. Zieht man ruckartig, reißt der untere Faden. Bevor der obere Faden reißen würde, müsste er etwas verlängert werden. Da sehr schnell an dem Griff gezogen wird, müsste das Massestück stark nach unten beschleunigt werden. Dazu ist eine sehr große Kraft notwendig, die der untere Faden nicht übertragen kann und deshalb reißt.
  • Ein rohes Ei dreht sich, nachdem man die Drehung mit den Fingern kurz vollständig gestoppt hat, aufgrund der Trägheit des flüssigen Inhalts weiter. Ein hartgekochtes Ei bleibt nach dem Anhalten ruhig liegen.
  • Lässt man ein rohes und ein hartgekochtes Ei an einer schiefen Ebene gleichzeitig los, kommt das rohe Ei schneller unten an. Der flüssige Inhalt des rohen Eis wird am Anfang der Bewegung nicht in Drehung versetzt, besitzt also eine geringere Trägheit als der feste Inhalt des gekochten Eis.