Exkurs: Schweben im Plattenkondensator – Der Millikan-Versuch

Anmerkungen zu Lehrplan und Abschlussprüfung

Im neuen Lehrplan PLUS sollen ausschließlich makroskopische, elektrisch geladene Körper behandelt werden. Da allerdings aus der Chemie die Bausteine der Atome bekannt sind, soll hier einer der grundlegenden Versuche der Physik vorgestellt werden: Die Messung der Elementarladung von Elektronen (und somit auch Protonen).

Außerdem sind im Abitur Aufgaben vorstellbar, in denen man anstatt wie hier Öltröpfchen beispielsweise elektrisch geladene Stanniol- oder Polystyrolkugeln im Kondensator schweben lässt:

Für das Schweben eines geladenen Teilchens im Plattenkondensator gilt folgende Bedingung:

\(F_{el}=F_G \)

\( q\cdot E =m \cdot g \)

\( q \cdot \frac{U}{d}=m \cdot g\)

Dies bedeutet, dass wir für ein im Plattenkondensator schwebendes Teilchen recht einfach die Ladung bestimmen können, wenn man die Masse des Teilchens kennt:

\( q=\frac{m \cdot g \cdot d}{U} \)

Der Plattenabstand \( d \) und die Spannung \( U \) sind leicht zu ermittelnde Größen, die Masse kann bei sehr kleinen und leichten Objekten allerdings schwierig zu bestimmen sein.

Beispiel

Aus einer Alufolie der Dicke \( b=10 \mu m\) wird ein Quadratzentimeter herausgeschnitten und zu einem Kügelchen gerollt. Die Dichte von Aluminium beträgt \( \varrho_{Alu}=2,70 \frac{g}{cm^3}\).

Welche Ladung besitzt das Kügelchen, wenn es in einem Plattenkondensator mit Plattenabstand \( d=8,0\;mm\) und einer angelegten Spannung \(U=11\;kV \) schwebt?

Lösung:

Die Masse des Kügelchens beträgt \( m=\varrho \cdot V=\varrho \cdot A \cdot b=2,70 \cdot 10^3 \frac{kg}{m^3} \cdot 1 \cdot 10^{-4} m^2 \cdot 10 \cdot 10^{-6}m =2,7 \cdot 10{-6}kg\)

Somit berechnet sich die Ladung zu

\( \left |q \right |=\frac{m \cdot g \cdot d}{U}=\frac{2,7 \cdot 10{-6}kg \cdot 9,81 \frac{N}{kg}\cdot 0,008\;m}{11000\;V}\approx 1,9 \cdot 10^{-11}C = 19\;pAs\)

Der Millikan-Versuch: Einführung

Im Kapitel „Wiederholung“ wurde bereits erwähnt, dass Elektronen und Protonen die gleiche Ladungsmenge besitzen, wobei Elektronen negativ und Protonen positiv geladen sind. Schon Faraday hat über die chemische Elektrolyse die Ladung bestimmt, die eine große Anzahl von Ionen besitzt. Der so gewonnene Betrag der Elementarladung hätte aber auch ein Mittelwert sein können, d.h. ein Elektron oder Proton hätte etwas mehr oder weniger Ladung tragen können. Es war der Amerikaner Robert A. Millikan (1886-1953), der ab 1909 in damals langwierigen Experimenten zeigen konnte, dass die Elementarladung für jedes Elektron und Proton exakt die gleiche Größe besitzt.

Versuchsbeschreibung

Mit einem Mikroskop betrachtet man den Raum zwischen zwei horizontalen Kondensatorplatten. Durch eine Einsprühöffnung werden kleine Öltröpfchen in den Kondensator eingesprüht, der durch ein Glasgehäuse vor Luftzug geschützt ist. Unter seitlicher Beleuchtung sieht man die Öltröpfchen als helle Punkte unter dem Einfluss der Schwerkraft nach unten sinken. Die Spannung am Kondensator wird nun so eingestellt, dass ein ausgewähltes Tröpfchen schwebt. Anschließend wird die Sinkgeschwindigkeit des Öltröpfchens bei fehlendem elektrischen Feld gemessen.

Versuchsbeobachtungen und -auswertung

Liegt eine Spannung an den Kondensatorplatten, so sinken die ungeladenen Öltröpfchen unbeeinflusst weiter. Ein Teil der Tröpfchen steigt jedoch nach oben zur positiv geladenen Kondensatorplatte, sie sind also negativ geladen. Positiv geladene Öltröpfchen sinken schneller also ohne Feld. Die Ladung erhalten die Tröpfchen beim Zerstäuben des Öls. Dabei erhalten einige Tröpfchen einen Überschuss, andere einen Mangel an Elektronen. Schwebt ein (hier negativ) geladenes Tröpfchen, herrscht an ihm ein Gleichgewicht. Die nach unten gerichtete Gewichtskraft entspricht vom Betrag her der nach oben weisenden elektrischen Kraft:

\( F_{el}=F_G\)

\( q \cdot \frac{U}{d}= F_G \)

Wüssten wir an dieser Stelle die Gewichtskraft, könnten wir die Ladung \( q \) des Teilchens ermitteln. Leider sind die Öltröpfchen viel zu klein, um ihren Radius r und damit die Gewichtskraft auf einfachem Weg bestimmten zu können. Man macht sich nun zu Nutze, dass bei nicht vorhandenem Feld die großen, schweren Öltröpfchen schneller sinken als die kleinen, leichten. Der Zusammenhang zwischen der Sinkgeschwindigkeit – die wegen des Kräftegleichgewichts von Gewichtskraft und Luftreibungskraft konstant ist – und der Gewichtskraft ist im folgenden Diagramm dargestellt:

Mit der im Versuch gemessenen Sinkgeschwindigkeit von \( v_S = 7,3 \cdot 10^{-5} \frac{m}{s} \) ergibt sich für unser Öltröpfchen eine Gewichtskraft von \( F_G = 16,4 \cdot 10^{-15} N \). Damit können wir die Ladung \( q \) bestimmen:

\( q=\frac{F_G \cdot d}{U}=\frac{16,4 \cdot 10^{-15}N \cdot 5,0 \cdot 10^{-3}m}{255\;V}=3,2 \cdot 10^{-19}As \)

Unser Öltröpfchen besitzt damit zwei Elementarladungen. Was nun ganz besonders hervorgehoben werden muss, ist die Tatsache, dass bei den Wiederholungen des Versuches für die Ladung der Tröpfchen immer ganzahlige Vielfache der Elementarladung (1.e, 2.e, 3.e, 4.e, …) beobachtet werden. Zwischenwerte wie 0,7.e oder 2,6.e werden bei hinreichender Messgenauigkeit nicht auftreten!

Aufgabe

Bei der Durchführung des Millikan-Versuchs wird ein Öltröpfchen beobachtet, das bei 330 V und einem Plattenabstand von 4,0 mm schwebt. Bei 0 V sinkt das Tröpfchen mit \( 0,13\frac{mm}{s}\). Ermitteln Sie, wie viele Elementarladungen das Öltröpfchen trägt. (Nutzen Sie das obere Geschwindigkeits-Gewichtskraft-Diagramm!)

Abgelesenes \( F_G \approx 40,5\;N\) aus Diagramm:

\( q=\frac{F_G \cdot d}{U}=\frac{40,5 \cdot 10^{-15}N \cdot 4,0 \cdot 10^{-3}m}{330\;V} \approx 4,9 \cdot 10^{-19}As \)

Also 3 Elementarladungen (mit Messfehler, genau wären natürlich \( 4,8 \cdot 10^{-19}As \) ).