Die elektrische Feldstärke
Definition der elektrischen Feldstärke
Schon im Gravitationsfeld haben wir den Begriff des Feldes und der Feldstärke verwendet. Die Gravitationsfeldstärke \( g \) gibt an, welche Kraft auf einen Probekörper pro Masse im Gravitationsfeld wirkt. Auf der Erde wirkt beispielsweise die Kraft von 9,8 Newton auf ein Objekt mit 1 Kilogramm Masse, also \( g=9,8 \frac{N}{kg} \). Im elektrischen Feld ist nicht die Eigenschaft „Masse“ die Ursache der Kräfte sondern die Eigenschaft „Ladung“. Aus diesem Grund gibt die elektrische Feldstärke an, welche Kraft auf eine Probeladung pro Ladung q wirkt:
Allgemein in der Physik gilt: \( \vec{Kraft} = Eigenschaft \cdot \vec{Feldstärke} \)
Bei der Gravitationskraft gilt: \( \vec{F_G} = m \cdot \vec{g} \) mit \( \boxed{ \vec{g}=\frac{\vec{F_G}}{m} } \; \; Gravitationsfeldstärke\)
Bei der elektrischen Kraft gilt: \( \vec{F_{el}} = q \cdot \vec{E_{el}} \) mit \( \boxed{ \vec{E_{el}}=\frac{\vec{F_{el}}}{q} } \; \; Elektrische \;Feldstärke\)
Die Einheit der elektrischen Feldstärke ist \( [E_{el}]=1\frac{N}{As}\). Die elektrische Feldstärke gibt also für einen Punkt im Raum an, wieviele Newton Kraft auf ein Objekt mit der Ladung 1 As (= 1 C) wirken würde.
Die elektrische Feldstärke ist wie die Kraft eine vektorielle Größe, macht also auch über die Richtung der wirkenden Kraft eine Aussage. Die Richtung des Feldstärkevektors entspricht der Richtung der Kraft und damit der Feldlinienrichtung.
Versuch: Messung der elektrischen Feldstärke mit dem Elektrofeldmeter (EFM)
Das Elektrofeldmeter ist ein Messgerät, mit dem direkt der Betrag der Feldstärke bestimmt werden kann. (Funktionsweise: Das zu messende elektrische Feld erzeugt im Gerät auf einer Platte Influenzladungen. Die Platte wird dabei von einem rotierenden Flügelrad abgedeckt. Die so periodisch von der Platte abgeführten Ladungen werden über eine Elektronik in eine Spannung umgewandelt, die von einem herkömmlichen Spannungsmessgerät angezeigt werden kann.) Im folgenden Versuch soll die elektrische Feldstärke im radialsymmetrischen Feld einer Kugel mit dem Radius r0 und der Ladung Q untersucht werden. Aus dem Coulomb’schen Gesetz folgt für den Betrag der Kraft auf eine Probeladung mit der Ladung q im Feld der Ladung Q:
\( F_C=\frac{1}{4\pi\varepsilon_0}\cdot\frac{\left | Q \cdot q\right |}{r^2} \)
Für den Betrag der elektrische Feldstärke ergibt sich:
\( E_{el}=\frac{F_C}{q}=\frac{1}{4\pi\varepsilon_0}\cdot\frac{\left | Q \cdot q\right |}{r^2}\cdot\frac{1}{q}=\frac{1}{4\pi\varepsilon_0}\cdot\frac{\left | Q\right |}{r^2} \)
Das elektrische Feld einer Punktladung Q ist also indirekt proprotional zum Quadrat der Entfernung vom Ladungsmittelpunkt r:
\( \boxed{E_{el}=\frac{1}{4\pi\varepsilon_0}\cdot\frac{\left | Q\right |}{r^2}}\;\; Betrag\;der\; elektrischen \;Feldstärke\; im\; radialsymmetrischen\; Feld\; einer\; Ladung\; Q\; im\; Abstand\; r.\)
Versuchsdurchführung und -ergebnis
Im Versuch kann sehr leicht gezeigt werden, dass sich die Feldstärke tatsächlich indirekt proportional zum Quadrat der Entfernung vom Ladungsmittelpunkt r verhält. Beispielsweise sinkt die Feldstärke beim Abstand r = 2 r0 (Wert 1,0) auf ein Viertel des Wertes, den sie bei einem Abstand von r = 1 r0 (Wert 0,25) besitzt.
Addition von Feldstärken
Befinden sich zwei oder mehrere Ladungen im Raum, so kann man den resultierenden Feldstärkevektor an einem beliebigen Punkt im Raum ermitteln, indem man die Einzelfeldstärken der Ladungen vektoriell addiert: \( \vec{E_{res}} = \vec{E_1} + \vec{E_2} + \vec{E_3} + ….\) Das Feld der Ladung Q1 beeinflusst also das Feld der Ladung Q2 nicht, genauso wie das Feld der Ladung Q2 das der Ladung Q1 nicht verändert usw. Die Einzelfelder addieren sich aber vektoriell zu einem resultierenden Feld. Dieses Superpositionsgesetz oder Superpositionsprinzip gilt auch für die felderzeugenden, massebehafteten Körper im Gravitationsfeld (also \( \vec{g_{res}} = \vec{g_1} +\vec{g_2} + \vec{g_3} + …\)).
Das Potenzial
Das Potenzial beschreibt in der Physik die Fähigkeit eines Feldes, Arbeit zu verrichten. Es gibt die energetische Lage eines Objekts im Feld an. Wir beschäftigen uns mit den Potenzialen der Gravitation und des elektrischen Feldes. Für beide Felder gilt generell in der Physik:
\( Arbeit = Eigenschaft \cdot Potenzialunterschied \)
Bei der Gravitation erhält ein Körper potenzielle Energie oder Lageenergie, wenn Hubarbeit verrichtet wird:
\( W_{Hub}=m\cdot g \cdot \Delta h =E_{pot}\)
Die Eigenschaft ist hier also die Masse \( m \), das Potenzial eine Kombination aus Ortsfaktor \(g\) und des Höhenunterschieds \(\Delta h\). Da wir uns zumeist auf der Erde bei einem festen Ortsfaktor \( g=9,81\frac{N}{kg}\) befinden, ist das Potenzial am Besten mit einem Stockwerk eines Hauses hier auf der Erde zu vergleichen:
Beispiel: Sie bekommen den Auftrag, Getränkekästen in den 5. Stock (Höhe \(h_2\) ) eines Wohnhauses zu transportieren. Um abschätzen zu können, wie viel Arbeitsaufwand dieser Auftrag für Sie bedeutet, müssen Sie wissen
- um welche und wie viele Kisten es sich handelt (Masse \( m \)) und
- in welchem Stockwerk (Höhe \(h_1\) ) sich die Kisten bisher befinden (also Keller, Parkplatz, bereits im 4. Stock etc.). \( \rightarrow g \cdot h_1\)
Der Potenzialunterschied \( g \cdot \Delta h= g \cdot \left ( h_2 – h_1\right ) \) gibt nun also an, wie viel Arbeit pro Kiste bzw. pro Kilogramm aufgewendet werden muss, um Objekte von der Höhe \(h_1\) auf die Höhe \(h_2\) anzuheben.
Das elektrische Potenzial
Die potenzielle Energie einer Probeladung im elektrischen Feld hängt neben dem Bezugspunkt und der Art und Größe der felderzeugenden Ladung \(Q\) von ihrer eigenen Ladung \(q\) ab. Durch die Einführung des elektrischen Potenzials kann man die Eigenschaft eines Feldpunktes unabhängig von der Probeladung \(q\) beschreiben. Das elektrische Potenzial \( \varphi \) gibt an, wie viel potenzielle Energie \(E_{pot}\) eine Probeladung pro Ladung \(q\) besitzt:
\( \boxed{\varphi=\frac{E_{pot}}{q}}\;\;\;Elektrisches\;Potenzial\)
mit der Einheit:
\( \left [ \varphi \right ]=1\frac{J}{As}=1\frac{VAs}{As}=1V\) (Volt)
Die Einheit „Volt“ ist nach dem italienischen Physiker Alessandro Volta (1745-1827) benannt, dem Erfinder der ersten brauchbaren Batterie.
Nach obiger allgemeiner Definition gilt \( Arbeit = Eigenschaft \cdot Potenzialunterschied \).
Beim elektrischen Feld ist die Eigenschaft nun also die Ladung \(Q\) bzw. \(q\) und der Potenzialunterschied die Spannung \(U=\Delta \varphi=\varphi_2 – \varphi_1\):
\( \boxed{W_{el}=q \cdot U} = q \cdot \Delta \varphi= q \cdot \left (\varphi_2 – \varphi_1 \right) \).
Die Spannung des elektrischen Feldes ist also vergleichbar mit Stockwerken im Gravitationsfeld:
Ein positiv geladenes Objekt mit Ladung \( q \) von +2 Volt auf +5 Volt zu verschieben benötigt auf dieselbe Weise Arbeit, wie ein Objekt mit der Masse \( m \) vom 2. Stock in den 5. Stock zu tragen (auf der Erde mit \(g\)).