Instanzen der Persönlichkeit
Neben der dargestellten Entwicklungstheorie entwickelte Freud eine Persönlichkeitstheorie, deren Bestandteile die bewussten und unbewussten Prozesse im Menschen widerspiegeln. Zur Beschreibung der menschlichen Persönlichkeit und ihrer Funktionsweise entwickelte Freud das Instanzenmodell.
Lernsituation „Der innere Schweinhund!“
Michael steht bereits das Wasser bis zum Hals. Morgen ist der Abgabetermin für die nächste VIBOS-Einsendeaufgabe im Fach Pädagogik/ Psychologie. Bereits die letzten beiden Aufgaben konnte er erst nachträglich und viel zu spät abgeben. Eigentlich hat er sich so viel vorgenommen für die VIBOS, aber jedes Mal, wenn er abends von der Arbeit nach Hause kommt, ist ihm das Sofa und manchmal auch ein Treffen mit seinen Freunden lieber, als sich noch einmal an den PC zu setzten. Er weiß, er müsste viel mehr tun, um das nahende Fachabitur zu bestehen. Die ganze Situation bereitet ihm oft Kopfzerbrechen und ihm plagt das schlechte Gewissen. Jedoch fehlt im manchmal einfach der Antrieb, um sich dann wirklich aufzuraffen.
So wie Michael, geht es wohl jeden von uns. Mal mehr, mal weniger.
Dieses „Wechselbad der Gefühle“ ist ein Spiegel der Persönlichkeit von Michael.
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1. Informieren Sie sich über das Instanzenmodell der Persönlichkeit nach Sigmund Freud.
2. Erstellen Sie ein übersichtliches Schemata für den „psychischen Apparat“ nach Sigmund Freud.
3. Reflektieren Sie anhand dieser Situation Ihre eigene Persönlichkeit. Stellen Sie das dynamische Wechselspiel der Instanzen anhand Ihrem tatsächlichen Handeln in einer vergleichbaren Alltagssituation dar.
4. Bewerten Sie anschließend die Instanz des ICHs anhand von Michael, sowie anhand Ihrer eigenen Person.
Informationstext
Bei den Instanzen handelt es sich um eine Hilfskonstruktion, welche ein besseres Verständnis zur Erklärung des menschlichen Erlebens und Verhaltens erzeugen soll. Hierzu wird in drei grundlegende Instanzen unterschieden:
Das ES
„Die älteste dieser psychischen Provinzen oder Instanzen nennen wir das Es; sein Inhalt ist alles, was ererbt, bei Geburt mitgebracht, konstitutionell festgelegt ist, vor allem also die aus der Körperorganisation stammenden Triebe, die hier (im Es) einen ersten uns in seinen Formen unbekannten psychischen Ausdruck finden.“ (Freud, Abriss der Psychoanalyse, 2001)
Das ES besteht ab der Geburt und handelt demnach nach dem „Lustprinzip“. Es strebt nach der sofortigen Triebbefriedigung und dem maximalen Lustgewinn. Ein rationales oder moralisches Bewerten vollzieht das ES nicht, diese Instanz handelt vollständig nach primären Trieben. Dementsprechend wird das ES durch die unbewussten Prozesse im Menschen gesteuert.
Ein Neugeborenes folgt zunächst nur seinem ES und fordert mit seinem Verhalten die sofortige Befriedigung seiner Bedürfnisse. Das Baby weint und schreit, sobald es sein Bedürfnis nach Zärtlichkeit, Nahrung, Unterhaltung etc. befriedigen will.
Die ICH-Instanzen entwickeln sich erst im Lauf des Lebens einer Person (vgl. Phasen der Libioentwicklung):
Das ICH
„Unter dem Einfluss der uns umgebenden Außenwelt hat ein Teil des Es eine besondere Entwicklung erfahren. Ursprünglich als Rindenschicht mit den Organen zur Reizaufnahme und den Einrichtungen zum Reizschutz ausgestattet, hat sich eine besondere Organisation hergestellt, die von nun an zwischen Es und Außenwelt vermittelt. Diesen Bezirk des Seelenlebens lassen wir den Namen des Ichs.“ (Freud, Abriss der Psychoanalyse, 2001)
Das ICH vollzieht bewusste Prozesse, wie das Denken, Wahrnehmen und Handeln. Diese Instanz orientiert sich an den Außenwelt (Realität) und stellt damit das „Realitätsprinzip“ dar. Desweiteren ist es diejenige Instanz, die überlegt abwägt und rational Entscheidungen trifft. Das ICH hat die Aufgabe das Gleichgewicht in der Person zu wahren. Im Idealfall kann das ICH die Forderungen des ES mit den Anforderungen der Realität und den Bewertungen des ÜBER-ICHs in Einklang bringen.
Das ÜBER-ICH
Das ÜBER-ICH kann als Repräsentant der gesellschaftlichen Ansprüche und den Moralvorstellungen gesehen werden. Es enthält damit die persönlichen Ideale (Ich-Ideal) und das Gewissen einer Person. Das ÜBER-ICH entwickelt sich dadurch, dass das Kind Gebote und Verbote, Mahnungen und Belehrungen im Laufe der Entwicklung, vor allem von den Eltern, übernimmt. Es ist also auch von der Gesellschaft abhängig, in der eine Person aufwächst.
Das ÜBER-ICH besteht darauf, dass das getan wird, was im moralischen Sinne „richtig“ ist. Es folgt dem Moralitätsprinzip und bewertet nach diesem die Triebwünsche des ES.