Elektromagnetische Induktion

Bewegter Leiter im Magnetfeld

Versuchsbeschreibung

Ein Leiterstück, das über zwei Kabel an ein empfindliches Spannungsmessgerät angeschlossen ist, wird in das Magnetfeld eines Hufeisenmagneten hinein- und hinausbewegt.

Versuchsdurchführung

Versuchsbeobachtung und -ergebnis

Das Voltmeter schlägt aus. Die Richtung des Ausschlags hängt von der Bewegungsrichtung ab. Auch eine Umkehrung des Magnetfeldes würde eine Umpolung der Spannung bewirken. Der Ausschlag ist umso größer, je höher die Bewegungsgeschwindigkeit ist. Die entstehende Spannung wird als Induktionsspannung \(U_{ind}\) bezeichnet. Man sagt auch, eine Spannung wird induziert. Den Pluspol der Induktionsspannung ermittelt man wieder mit der UVW-Regel der rechten Hand. Ursache ist dabei die Bewegung des Leiters. Der Mittelfinger zeigt zum Pluspol.

Grund für die Induktion einer Spannung ist die Lorentzkraft auf die Ladungsträger im Leiterinneren. Stehen Leiter- und Magnetflussvektor senkrecht aufeinander, wirkt auf ein einzelnes Elektron im Leiter die Lorentzkraft vom Betrag:

\( F_{L} = e \cdot v \cdot B\)

Durch die Ladungsträgerverschiebung entsteht ein elektrisches Feld längs des Leiters (mit der Länge \(l\)) und damit eine Gegenkraft auf die Ladungsträger:

\( F_{el} = e \cdot \frac{U_{ind}}{l}\)

Die Ladungsträgerverschiebung stoppt bei Kräftegleichgewicht:

\( F_{L} = F_{el}\)

\( e \cdot v \cdot B = e \cdot \frac{U_{ind}}{l}\)

Zusammengefasst ergibt sich für die Induktionsspannung \(U_{ind}\) (wenn \(\vec{B} ⊥ \vec{l}\) und \(\vec{v} ⊥ \vec{l}\)) :

\(U_{ind} = B \cdot l \cdot v~~~~~~~~~~Induktionsspannung~eines~bewegten~Leiterstücks\)

Bewegte Spule im Magnetfeld

Verwenden wir statt des Leiters eine Spule mit der Windungszahl n, so entsteht an jedem der Leiterstücke eine Induktionsspannung. Da die Leiterstücke in einer Spule hintereinander geschaltet sind, wird an den Klemmen der Spule die n-fache Spannung gemessen. Alternativ hätten wir diesen Zusammenhang so formulieren können, dass sich bei einer Induktionsspule mit n Windungen die n-fache Leiterlänge im Magnetfeld befindet.

Versuchsbeschreibung

Im nächsten Versuch wird eine kleine Spule in das Magnetfeld des Hufeisenmagneten hinein- und hinausbewegen.

Versuchsdurchführung

Versuchsbeobachtung und -erklärung

Das Voltmeter schlägt nicht aus, wenn sich die Spule vollkommen innerhalb oder außerhalb des Magnetfeldes befindet.

Beim Eintauchen der Spule in das Magnetfeld werden die Elektronen des unteren Leiterstücks durch die Lorentzkraft so lange verschoben, bis die Beträge von Lorentzkraft und elektrischer Kraft gleich groß sind. An einem Ende des Leiterstücks herrscht Elektronenmangel, am anderen Elektronenüberschuss. Das angeschlossene Voltmeter schlägt je nach Geschwindigkeit der Leiterschleife mehr oder weniger stark aus.

Ist die Spule komplett eingetaucht, werden auch im oberen Leiterstück die Elektronen verschoben. An den Spulenenden, an denen das Voltmeter angeschlossen ist, herrscht an beiden Polen das gleiche Potenzial, also keine Potenzialdifferenz (Spannung). Alternativ hätte man sagen können, dass die beiden Einzelspannungen der Leiterstücke entgegengesetzt gerichtet sind und sich zu Null addieren.

Erst wenn die Spule das Magnetfeld verlässt, entsteht wieder eine (diesmal andersherum gepolte) Induktionsspannung am Voltmeter.

Der magnetische Fluss

Die Erkenntnisse des letzten Versuchs führen zur Definition einer neuen physikalischen Größe. Wie wir bereits wissen, berechnet sich der Betrag der Induktionsspannung mit der Gleichung:

\(U_{ind} = B \cdot l \cdot v\)

Wir ersetzen nun \(v\) durch \(Δs/Δt\). Der neu entstandene Term \(l \cdot Δs\) entspricht der Flächenänderung \(ΔA\). \(A\) ist die Fläche, welche die Leiterschleife umschließt (im Bild oben grau eingezeichnet):

\(U_{ind} = B \cdot l \cdot v = B \cdot l \cdot \frac{Δs}{Δt} = B \cdot \frac{ΔA}{Δt}\)

Man definiert nun, wie oben bereits angesprochen, eine neue physikalische Größe, den magnetischen Fluss \(Φ\) („Phi“ ausgesprochen).

Definition:

Unter dem magnetischen Fluss versteht man das Produkt aus der magnetischen Flussdichte \(B\) und der Fläche \(A\), die von den Magnetfeldlinien senkrecht durchsetzt wird:

\(Φ = B \cdot A~~~~~~~~~~Der~magnetische~Fluss\)

Die Einheit des magnetischen Flusses ergibt sich zu:

\(\left[Φ\right]=1~\frac{V \cdot s}{m^{2}} \cdot{m^{2}} = 1~V \cdot s = 1~Wb~(Weber)\)

Das Induktionsgesetz

Wie wir oben festgestellt haben, berechnet sich die Induktionsspannung unserer Leiterschleife aus dem Produkt der magnetischer Flussdichte und der zeitlichen Flächenänderung. Verwenden wir nun die neu eingeführte Größe des magnetischen Flusses, so können wir formulieren, dass die Induktionsspannung der zeitlichen Änderung des Flusses entspricht:

\(U_{ind}=\dot{Φ}\)

Die obige Gleichung gilt ganz allgemein, man könnte nämlich auch die magnetische Flussdichte anstelle der Fläche zeitlich ändern oder sogar beides gleichzeitig tun. Wir verwenden die Kettenregel:

\(U_{ind}=\dot{Φ} = \dot{(B \cdot A)} = \dot{B}\cdot A + B \cdot \dot{A}\)

Die obige Gleichung enthält zwei Sonderfälle. Einmal kann das Magnetfeld unverändert bleiben, dann wird der Term \(\dot{B}\cdot A\) zu Null, oder die Fläche bleibt gleich, dann wird der Term \(B \cdot \dot{A}\) Null. Berücksichtigen wir noch, dass unsere Leiterschleife n Windungen besitzen kann, können wir zusammenfassend schreiben:

\(U_{ind} = n \cdot \dot{Φ}\)

Diese Gesetzmäßigkeit wird als „Induktionsgesetz“ bezeichnet. Aus bestimmten Gründen, auf die wir später noch eingehen, wird meist noch ein Minuszeichen vorangestellt:

\(U_{ind} = -~n \cdot \dot{Φ}~~~~~~~~~~Das~Induktionsgesetz\)

Beispiel

Durch einen Schlitz in einer langgestreckten Feldspule kann eine kleine quadratische Induktionsspule eingebracht werden. Die Induktionsspule wird senkrecht von den Feldlinien der Feldspule durchsetzt.

Daten der Feldspule:
Windungszahl \(n_{F}=15000\), Spulenlänge \(l_{F}=0{,}40~m\)

Daten der Induktionsspule:
Windungszahl \(n_{i}=500\), Kantenlänge \(l_{i}=5{,}0~cm\)

Berechnen Sie den Betrag der Induktionsspannung, wenn

a) die Induktionsspule mit einer konstanten Geschwindigkeit von \(v=3{,}0~mm/s\) herausgezogen wird und die Stromstärke der Feldspule dabei \(I=0{,}100~A\) beträgt.

b) bei feststehender, vollständig eingebrachter Induktionsspule der Feldspulenstrom in \(5{,}0~s\) von \(0\) auf \(0{,}100~A\) ansteigt.

Lösung:

a)

\(B=μ_{0}\cdot\frac{I\cdot n_{F}}{l_{F}}=1{,}257\cdot10^{-6}\frac{Vs}{Am}\cdot\frac{0{,}100~A\cdot15000}{0{,}40~m}=4{,}71\cdot10^{-3}~T\)

\(U_{ind}=n_{i}\cdot\dot{Φ}=n_{i}\cdot{B}\cdot\dot{A}=n_{i}\cdot{B}\cdot l_{i}\cdot v=500\cdot {4{,}71\cdot10^{-3}~T}\cdot5{,}0\cdot10^{-2}~m\cdot 3{,}0\cdot10^{-3}\frac{m}{s}=\underline{\underline{0{,}35~mV}}\)

b)

\(U_{ind}=n_{i}\cdot\dot{Φ}=n_{i}\cdot\dot{B}\cdot A=500\cdot\frac{4{,}71\cdot10^{-3}~T}{5{,}0~s}\cdot(5{,}0\cdot10^{-2}~m)^{2}=\underline{\underline{1{,}18~mV}}\)