Grenzen des Wachstums
Wachstumsbegriff
Der Begriff Wachstum wird in der Konjunkturtheorie und in der Wachstumstheorie unterschiedlich verwendet. In der Konjunkturtheorie spricht man von Wachstum, wenn sich die Auslastung des Produktionspotenzials ändert, während man darunter in der Wachstumstheorie die Erhöhung des Produktionspotenzials versteht.
Begründung des Wachstums
§ 1 des Gesetzes zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft enthält das Wachstumsziel. Als Maßgröße für wirtschaftliches Wachstum wird das Nationaleinkommen angesehen. Das Wachstumsziel wird mit verschiedenen Argumenten gegründet:
| Privater und öffentlicher Konsum erhöhen den wirtschaftlichen Wohlstand der Bevölkerung. |
| In vielen Ländern ist die Befriedigung elementarer Grundbedürfnisse das vorrangige Ziel. Mehr Güter und Dienstleistungen ermöglichen den Menschen, ihre materiellen Bedürfnisse besser zu befriedigen. In den hoch entwickelten Industrienationen geht es weniger um die Anzahl der Güter als um eine größere Auswahl, um kulturelle Bedürfnisse oder Maßnahmen zur Erhaltung der Umwelt. |
| Wachstum schafft und sichert Arbeitsplätze. |
| Grundsätzlich gilt der obige Zusammenhang: Wachstum schafft Arbeitsplätze. Dies gilt jedoch nur, wenn alle anderen Bedingungen gleich bleiben; dies ist normalerweise nicht der Fall, denn Wachstum ist üblicherweise mit der Zunahme der Arbeitsproduktivität verbunden. Die Arbeitsproduktivität kann so stark ansteigen, dass trotz des Wachstums keine zusätzlichen Arbeitskräfte für die Erhöhung des Produktionspotenzials benötigt werden. Im Extremfall werden sogar Arbeitsplätze abgebaut. |
| Wachstum erleichtert die Umverteilung des Gesamteinkommens. |
| Die Verteilung des Volkseinkommens wird sicher leichter, wenn eine Umverteilung des Zuwachses verhandelt wird. Eine Umverteilung der bereits bestehenden Einkommen ist schwieriger, weil die Widerstände gegen die bisherigen Besitzstände heftiger ausfallen. |
Quantitatives Wachstum
Der quantitative Wachstumsbegriff beinhaltet die mengenmäßige Zunahme der Güter und Dienstleistungen. An dieser Auslegung des Wachstumsbegriffes muss man Kritik üben, denn die Erhöhung der Anzahl der Güter sagt nichts darüber aus, ob brauchbare Güter oder nutzlose Waren hergestellt werden. Selbst wenn es sich um sinnvolle Güter handelt, muss man bedenken, dass Konsum allein nicht alle Bedürfnisse eines Menschen befriedigt. Das Bedürfnis nach sozialer Wertschätzung oder Anerkennung kann nur bedingt durch den Besitz von Gütern erreicht werden.
Eine Erhöhung der Anzahl der Güter geht mitunter mit der Ausbeutung nicht regenerierbarer Rohstoff- und Energiequellen einher. Die Lebensqualität verschlechtert sich dadurch.
Die Erhöhung des Konsums kann auch zu Beeinträchtigungen führen. Die erhöhte Inanspruchnahme der Dienstleistung Reisen führt zu langen Staus und Wartezeiten und wiederum zur Verschmutzung der Umwelt.
Qualitatives Wachstum
Durch die im Konzept des quantitativen Wachstums enthaltenen Nachteile kam die Forderung nach qualitativem Wachstum auf. Dabei geht es darum, wirklich brauchbare Produkte herzustellen und bei der Produktion auch Verbesserungen hinsichtlich verschiedener Aspekte zu erzielen. Selbst wenn die Anzahl der Produkte nicht wächst, liegt qualitatives Wachstum vor, wenn sich die Arbeitsbedingungen bessern oder weniger Ressourcen für die konstante Produktion verbraucht werden. Von qualitativem Wachstum spricht man auch, wenn bei der Produktion eine geringere Menge von Abfallstoffen anfällt.
Wachstumsgrenzen
Im Jahr 1972 veröffentlichte der Club of Rome einen Bericht zur Lage der Menschheit. Zentrale Gedanken dieser Studie sind, dass die Erde nur einen begrenzten Lebensraum für die wachsende Bevölkerung bietet, die Rohstoffe der Erde begrenzt sind und sich die Natur nur zu einem gewissen Grad von Umweltschäden erholen kann. Der Bericht enthält eine Prognose für das Jahr 2100: Wenn die Bevölkerungsentwicklung, die Nahrungsmittelproduktion, die Industrieproduktion, der Rohstoffverbrauch und die Umweltverschmutzung weiter exponentiell wachsen, dann kann man im Jahr 2100 auf der Erde nicht mehr existieren. Andere Berichte kommen zu ähnlichen Prognosen.
Die Einwohnerzahl der Erde liegt derzeit bei ungefähr 6 Mrd. Menschen. Sie wächst mit etwa 1,7 % pro Jahr, verdoppelt sich also alle 40 Jahre. In dieser Zeit müssten sich auch die Produktion und die gesamte Infrastruktur verdoppeln, wenn der Lebensstandard beibehalten werden soll. Es erscheint zweifelhaft, ob dies angesichts des erhöhten Düngemittelbedarfes für die Lebensmittelproduktion und der beschleunigten Erosion möglich ist.
Die Berechnungen des Club of Rome zeigen, dass sehr viele Rohstoffe (Aluminium, Kupfer, Blei, Erdöl, Silber, Zinn, Zink) innerhalb der nächsten 30 Jahre verbraucht sein werden. Da jedoch nicht genau bekannt ist, welche Rohstoffreserven die Erde hat, wird diese Berechnung von anderen Wissenschaftlern als zu pessimistisch angezweifelt. Wenn der Dienstleistungssektor weiter in der Vordergrund rückt, kann man davon ausgehen, dass der Rohstoffverbrauch nicht so stark wachsen wird. Optimistische Einschätzungen gehen davon aus, dass es in Zukunft besser möglich sein wird, Rohstoffe zu recyceln.
Grenzen des Wachstums: Aufgaben
Testen Sie Ihr Wissen an folgenden Beispielen:
Aufgaben:
1 Erläutern Sie den Unterschied des Wachstumsbegriffes in der Konjunktur- und in der Wachstumstheorie.
2 Welcher Unterschied besteht zwischen quantitativem und qualitativem Wachstum?
3 Erläutern Sie, inwiefern die Zunahme der Bevölkerung eine Wachstumsgrenze darstellt.
4 Sie lesen folgenden Textauszug im Internet der Tagesschau:
„Lithiumabbau in Argentinien Die Schattenseiten der Verkehrswende (Stand: 29.06.2023 01:25 Uhr
Argentinien ist einer der Hauptproduzenten von Lithium – ein Metall, das auch Deutschland zum Bau von E-Autos braucht. Doch gegen den Abbau regt sich Protest im Land. Denn die vor allem ausländischen Gewinne gehen auf Kosten der Natur.
…. Aktivisten: Lithiumabbau zerstört Natur
In Argentinien dürfen die Provinzen laut Verfassung von 1994 über die Bergbauressourcen verfügen. Ausländische Unternehmen verhandeln mit den jeweiligen Provinzen über die Vergabe von Lizenzen. Hierbei gehe alles mit rechten Dingen zu, beharrt Gouverneur Morales. Es gebe keine Lithiumförderung ohne vorherige gründliche Beratungen und Berichte über die Umweltverträglichkeit, verspricht der Gouverneur.
Umweltaktivisten haben daran erhebliche Zweifel. Das Ökosystem de la Puna – ebenfalls im Norden Argentiniens – sei trotz vieler Versprechen durch den Abbau von Lithium zerstört worden, klagt Clemente Flores. „….
…. Die Verkehrswende in westlichen Ländern vom Verbrenner zum E-Auto hinterlasse eine Schneise der Verwüstung, kritisiert der Umweltanwalt Enrique Viale. „Unsere Natur darf nicht geopfert werden, damit jeder Amerikaner einen Tesla hat und Europäer ihren BMW ersetzen.“ Das überlaste den Planeten, so Viale.
Ausländische Investoren profitieren ….Der größte Teil der satten Gewinne aus dem Lithiumgeschäft gehe an ausländische Minengesellschaften, sagt Picco: „Gemäß argentinischem Gesetz lassen die Unternehmen nur drei Prozent Lizenzgebühren übrig. Ganze drei Prozent von dem, was umgesetzt wird, geht an die Provinz, der die Ressourcen gehören.“
…Argentinien will die Lithium-Produktion verzehnfachen…Ein Dilemma für den Norden und für den Süden, meint Anwalt Viale, über das noch zu wenig nachgedacht werde. Vor allem nicht auf politischer Ebene. Während im „Lithium Dreieck“ Lateinamerikas Bäche austrocknen, Flüsse verschwinden und vielerorts die karge Vegetation verdorrt, hofft Präsident Alberto Fernandez, Argentiniens Lithium-Produktion bis 2030 zu verzehnfachen.
Nur drei Länder produzieren gegenwärtig mehr Lithium als Argentinien: Australien, Chile und China. In den 38 Minenprojekten Argentiniens schürfen internationale Minengesellschaften, die sich über die ständig wachsende Nachfrage nach dem Alkalimetall und die steigenden Preise dafür freuen.
Die Betroffenen in den Abbauregionen profitieren kurzfristig von einer Verbesserung der Infrastruktur, von neuen Schulen und Straßen. Langfristig droht ihre Heimat aber trocken zu fallen und zu lebensfeindlichen Zonen zu werden.
Quelle: URL https://www.tagesschau.de/wirtschaft/weltwirtschaft/lithiumabbau-argentinien-100.html (aufgerufen am 01.07.2024, für Unterrichtszwecke gekürzt).“
4.1 Erklären Sie das Spannungsverhältnis zwischen Ökonomie und Ökologie anhand des vorliegenden Textes.
4.2 In der Umweltpolitik werden verschiedene Prinzipien unterschieden, je nachdem, wer für die Beseitigung von Umweltschäden aufkommen muss. Stellen Sie zwei Prinzipien dar und zeigen Sie auf, wie diese im vorliegenden Fall zur Verringerung der Umweltschäden durch den Lithium-Abbau beitragen können.