Determinanten der Nachfrage

Die Abhängigkeit der Nachfrage vom Preis des nachgefragten Gutes

Grundsätzlich hängt die von den Konsumenten gekaufte Gütermenge vom Preis des nachgefragten Gutes ab. Aus Ihrer eigenen Erfahrung ist Ihnen dieser Zusammenhang bekannt: Je mehr die Preise eines Produktes unter sonst gleichen Bedingungen steigen, desto weniger werden Sie gewillt sein, ein Produkt zu erwerben. Dieser Zusammenhang gilt nur, wenn sich außer dem Preis keine andere Nachfragedeterminante ändert. Man spricht von der Ceteris-Paribus-Klausel. Umgekehrt gilt: Wenn der Preis sinkt, ist die Kauflust – unter sonst gleichen Bedingungen – größer.

Aus der Beobachtung, dass Menschen bereit sind, zu unterschiedlichen Preisen einzukaufen, lässt sich ein allgemeiner Zusammenhang zwischen dem Preis eines Produktes und der nachgefragten Menge herstellen.

Nachfragefunktion für Produkt A

Preis pro Stück Nachgefragte Menge
1000,00 1
500,00 2
333,33 3
250,00 4
200,00 5
166,67 6
142,86 7
125,00 8
111,11 9
100,00 10
90,91 11
83,33 12

Wenn man die Zahlenpaare in ein Diagramm einträgt und die Punkte zu einer Linie verbindet, erhält man folgendes Bild:

Diese Funktion zeigt, dass die nachgefragte Menge eines Gutes von seinem Preis abhängig ist. Man spricht hier vom Gesetz der Nachfrage: Wenn der Preis steigt, fällt die Nachfrage. Fällt der Preis, erhöht sich die nachgefragte Menge.

Es ist auch denkbar, dass einzelne Konsumenten von diesem Verhalten abweichen und bei steigenden Preisen mehr Güter kaufen und umgekehrt bei sinkenden Preisen weniger. Die Nachfragefunktion verläuft dann folgendermaßen:

Der englische Nationalökonom Robert Giffen stellte im 19. Jahrhundert fest, dass der Brotverbrauch bei allgemein steigenden Preisen ebenfalls zunimmt, weil man sich die anderen Lebensmittel nicht mehr leisten konnte und Brot immer noch das günstigste Gut war (Giffen-Fall).

Manche Menschen kaufen teure Güter, um sich von der Masse abzuheben. Man spricht vom Snob-Effekt.

Wenn hinter einem hohen Preis besondere Qualität vermutet wird, kann das zu steigender Nachfrage führen (Qualitätsvermutung).

Die Abhängigkeit der Nachfrage vom Preis anderer Güter

Die Entscheidung für die Nachfrage nach einem Produkt ist auch abhängig vom Preis anderer Güter. Man unterscheidet Substitutionsgüter und Komplementärgüter. Für nachfolgende Ausführungen gilt wiederum die Ceteris-Paribus-Klausel, d.h. außer dem Preis der anderen Güter ändert sich keine andere Bedingung.

Substitutionsgüter lassen sich durch andere ersetzen. Steigt der Preis für Butter, so weichen manche Konsumenten auf Margarine aus. Weitere Beispiele für substitutive Güter sind Metall und Kunststoff oder Heizöl und Erdgas. Steigt der Preis für Metall (Gut A), während der für Kunststoff gleich bleibt, so steigt die Nachfrage nach Kunststoff (Gut B). Der Zusammenhang zwischen den Preisen von Substitutionsgütern ist nebenstehend abgebildet.

Komplementärgüter ergänzen sich gegenseitig. Ein Dieselmotor kann nur mit Dieselkraftstoff betrieben werden. Rohbauten und die dazugehörigen Installationsarbeiten sind ebenfalls komplementäre Güter. Steigt der Preis für Dieselkraftstoff (Gut A), so geht die Nachfrage nach Dieselmotoren (Gut B) zurück.

Die Abhängigkeit der Nachfrage vom Einkommen

Die Höhe der Nachfrage und die Art der nachgefragten Güter hängen vom Einkommen ab. Man kann jedoch nicht generell sagen, dass eine Erhöhung des Einkommens – unter sonst gleichen Bedingungen – eine Erhöhung der Nachfrage bewirkt. Die Nachfrage nach höherwertigen (superioren) Gütern wie etwa exotischen Früchten kann bei Einkommenserhöhungen steigen.

Es gibt Güter, die man nur bis zu einer bestimmten Menge nachfragt. Steigt das Einkommen, so bleibt die Nachfrage trotzdem unverändert. Dieser Zusammenhang gilt für Sättigungsgüter wie Kleidung oder Nahrung.

Bei inferioren Gütern, die vergleichsweise minderwertig erscheinen, wird der für Sättigungsgüter geltende Effekt weiter verstärkt: Bei steigendem Einkommen sinkt die Nachfrage. Ein Beispiel für ein inferiores Gut ist das relativ preiswerte Schweinefleisch. Es wird bei steigender Einkommenshöhe durch superiore Güter wie Geflügel oder Fisch ersetzt.

Die Abhängigkeit der Nachfrage von der Bedürfnisstruktur

Die Nachfrage ist subjektiv sehr unterschiedlich. Ein Haushalt mit Kindern hat andere Bedürfnisse als ein Single-Haushalt. Auch das Alter der in einem Haushalt lebenden Personen bewirkt unterschiedliche Bedürfnisse.

Die Abhängigkeit der Nachfrage von den Zukunftserwartungen

Erwartet ein Haushalt beispielsweise, dass der Arbeitsplatz verloren gehen könnte, dann wird er seinen Konsum eher zurückhaltend gestalten. Positive Erwartungen führen dazu, dass mehr konsumiert wird.

Determinanten der Nachfrage: Aufgaben

Testen Sie Ihr Wissen an folgenden Beispielen:

Aufgaben:

1 Erläutern Sie, was man unter der Ceteris-Paribus-Klausel versteht und weshalb man diese Bedingung in der Volkswirtschaftslehre einsetzt.

2 Erläutern Sie, wie sich die Nachfrage verändert, wenn der Preis eines Gutes steigt und umgekehrt.

3 Erläutern Sie zwei Fälle, in denen der von Ihnen unter 2 geschilderte Zusammenhang nicht zutrifft.

4 Wie verhält sich die Nachfrage nach einem Gut (A), wenn der Preis eines entsprechenden Substitutionsgutes (B) steigt?

5 Der Preis eines Komplementärgutes (B) zum untersuchten Gut (A) fällt. Wie verhält sich die Nachfrage des untersuchten Gutes (A)?

6 Nehmen Sie aus volkswirtschaftlicher Sicht Stellung zu folgender Aussage: “ Wenn die Arbeitnehmer mehr verdienen, so steigt auch der Konsum. Damit ist es möglich, ein Konjunkturtief zu überwinden.“

7 Nennen Sie zwei Bedingungen der Nachfrage, die subjektiv sehr unterschiedlich sind.

8 Gegeben sei untenstehende Nachfragefunktion. Wieviel Stück werden beim Preis von 8,00 € nachgefragt? Wie hoch ist die Nachfrage maximal?

9 Ein privater Haushalt besitzt zur Beheizung seiner Räume einen Brennofen, der sowohl Heizöl als auch Holz zur Wärmegewinnung verbrennen kann. Erläutern Sie den Zusammenhang zwischen dem Preis und der Nachfrage nach diesen Produkten. Verwenden Sie treffende Fachbegriffe.

Lösungen

Die Ceterus-Paribus-Klausel besagt, dass man nur eine relevante Einflussgröße der Nachfrage untersucht. In der Volkswirtschaftslehre ist diese Isolierung der Einflussfaktoren notwendig, da man nicht alle Einflussfaktoren auf einmal untersuchen kann.

Wenn der Preis des nachgefragten Gutes steigt, fällt die Nachfrage nach diesem Gut. Erhöht sich der Preis, so wird die Nachfrage zurückgehen.

Wenn die Käufer steigende Preise erwarten, so kann das zu steigender Nachfrage führen.
Manche Menschen kaufen gerade dann ein Gut, wenn der Preis steigt, um sich so von der Masse abzuheben und soziale Unterschiede deutlich zu machen oder vorzugeben.

Wenn der Preis eines Substitutionsgutes (B) steigt, so erhöht sich die Nachfrage nach dem anderen Gut (A).

Die Nachfrage nach Gut A wird steigen.

Diese Aussage ist nur bedingt richtig. Die Abhängigkeit der Nachfrage vom Einkommen ist nicht für alle Güter gleich. Handelt es sich um superiore Güter, so steigt die Nachfrage. Dies kann in der Tat einen Konjunkturaufschwung bedeuten. Wenn die Nachfrage nach Sättigungsgütern noch nicht befriedigt ist, kann eine Einkommenserhöhung die Nachfrage weiter erhöhen. Steigt das Einkommen über ein gewisses Niveau, so fällt die Nachfrage nach inferioren Gütern. Die oben erwähnten positiven Effekte könnten dadurch nivelliert werden. Insgesamt kann eine Einkommenserhöhung zwar die Nachfrage erhöhen, aber ob sich daraus ein Konjunkturaufschwung ergibt, ist ungewiss.

Die subjektiven Einflussgrößen der Nachfrage sind die Bedarfsstruktur und die Zukunftserwartungen.

Beim Preis von 8,00 € werden 6 Stück nachgefragt.
Die Nachfrage beträgt maximal 10 Stück.

Es handelt sich um Substitutionsgüter. Wenn der Heizölpreis steigt, dann sinkt die Nachfrage nach Heizöl, und die Nachfrage nach Holz steigt.

Methodentraining: 2BI

Wenden Sie Ihr Fachwissen mithilfe entsprechender Methoden an.

Aufgabe 2BI:

Analysieren Sie die nachfolgende Darstellung aus der Pressemitteilung (Umsatz im…) in Hinblick auf den entsprechenden Bestimmungsfaktor der Nachfrage nach Fahrrädern ab 2017.

Quelle: https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2022/05/PD22_N028_45212.html

Lösungsvorschlag

(alternative Lösungen möglich)

Das Liniendiagramm mit dem Titel „Umsatz im Einzelhandel mit Fahrrädern, Fahrradteilen und -zubehör“ wurde vom Statistischen Bundesamt 2024 veröffentlicht. Es vergleicht die Umsatzentwicklung des Fahrrad-Einzelhandels mit der Umsatzentwicklung des Einzelhandels (ohne Handel mit Kraftfahrzeugen) mit jeweils einer Linie, wobei die Zahlen preisbereinigt mit dem Basisjahr 2015 dargestellt werden.

Insgesamt kann man bei beiden Linien eine Umsatzsteigerung ablesen. Die Umsatzsteigerung des Fahrrad-Einzelhandels fällt jedoch ab 2017 signifikant höher aus als im Einzelhandel insgesamt und steigt 2019 deutlich an. 2020 erreicht die Kurve ihr Maximum. Das Minimum von 2017 wird trotz eines kleineren Einbruchs bis 2021 nicht mehr ansatzweise erreicht.

Der Bestimmungsfaktor, der für die maximale Nachfrage 2020 verantwortlich ist, könnte die spezielle Bedürfnisstruktur der Nachfrage 2020 sein. Aufgrund der Corona-Pandemie wollten Menschen nicht gerne die öffentlichen Verkehrsmittel benutzen, um eine Ansteckung zu vermeiden. Deswegen erzielte das Fahrrad vermutlich eine höhere individuelle Nutzeneinschätzung, da es gerade für kurze Strecken statt U-Bahn etc. genutzt werden konnte. Andere Bestimmungsfaktoren wie z.B. Preise von anderen Gütern (Komplementär- oder Substitutionsgüter) oder Einkommensänderungen können aus der Grafik nicht abgelesen werden.