Kostenträgerrechnung IV
Kostenträgerzeitblatt
Unternehmen müssen zum Zweck der Kostenkontrolle und der Gewinnermittlung bereits innerhalb des laufenden Monats darüber Bescheid wissen, wie sich die Kosten im Normalfall entwickeln werden. In einer Vorkalkulation werden die üblicherweise entstehenden Kosten (Normalkosten) auf die Produktionsmenge umgerechnet. Am Ende einer Abrechnungsperiode werden die tatsächlich angefallenen Istkosten in einer Nachkalkulation gegenüber gestellt. Dies geschieht mit Hilfe des Kostenträgerzeitblattes.
Berechnung des Umsatzergebnisses und des Betriebsergebnisses
Zieht man die in der Vorkalkulation berechneten Normalkosten von den Nettoverkaufserlösen ab, so erhält man ein kalkulatorisches Ergebnis, das man Umsatzergebnis (UErg) nennt. Im Nachhinein muss natürlich noch das echte Ergebnis berechnet werden. Sobald die Istkosten feststehen, kann man durch Subtraktion der Istkosten von den Nettoverkaufserlösen das Betriebsergebnis (BE) berechnen.
Die Einzelkosten, also das Fertigungsmaterial und die Fertigungslöhne sowie die Sondereinzelkosten sind in der Vor- und der Nachkalkulation identisch. Denn man geht davon aus, dass die Preise für das Fertigungsmaterial durch langfristige Lieferverträge gesichert sind, so dass es zu keinen Abweichungen zwischen den vorkalkulierten und den tatsächlich entstandenen Fertigungsmaterialkosten kommen kann. Gleiches gilt auch für die Fertigungslöhne: Aufgrund von langfristigen Arbeitsverträgen und der genau bestimmten Dauer der einzelnen Arbeitsgänge kann es zu keinen Abweichungen zwischen Ist- und Normalkosten kommen.
Die Bestandsveränderungen werden aus den Werten der Vorkalkulation errechnet und anschließend in gleicher Höhe in die Nachkalkulation übernommen, weil Unternehmen aus Kostengründen auf eine genauere Ermittlung von Bestandsveränderungen auf Istkostenbasis verzichten. Es sind hier also wie bei den Einzelkosten keine Abweichungen möglich.
Ein Kostenträgerzeitblatt hat folgende Grundstruktur:
Ein Kostenträgerzeitblatt hat folgende Grundstruktur:
| Vorkalkulation | Nachkalkulation | Abweichung | ||||
| gesamt | Kostenträger A | Kostenträger B | gesamt | |||
| FM | ||||||
| MGK | X | |||||
| FL | ||||||
| Rest-FGK | X | |||||
| MaKo | X | |||||
| SEKF | ||||||
| HKA | ||||||
| BVUE | ||||||
| HKFE | ||||||
| BVFE | ||||||
| HKU | ||||||
| VwGK | X | |||||
| VtGK | X | |||||
| SEKV | ||||||
| SK | ||||||
| Gewinn | Umsatzergebnis | Betriebsergebnis | ||||
| vVP | ||||||
| VP | ||||||
| BVP | ||||||
| Sk | ||||||
| ZVP | ||||||
| R | ||||||
| LVP | ||||||
| NVE | NVE | |||||
| – SK (N) | – SK(I) | Differenz: ÜD/UD | ||||
| UErg | BE | |||||
Kostenüber- und Kostenunterdeckung
Normalerweise weichen die vorkalkulierten Gemeinkosten von den tatsächlichen Gemeinkosten ab. Sind die Istkosten höher als die vorkalkulierten Normalkosten spricht man von einer Kostenunterdeckung (UD). Das tatsächliche Betriebsergebnis ist geringer als das vorkalkulierte Umsatzergebnis.
Sind dagegen die vorkalkulierten Kosten höher als die tatsächlich angefallenen, also die Normalkosten größer als die Istkosten, so spricht man von einer Kostenüberdeckung (ÜD). Hier ist das Betriebsergebnis höher als das Umsatzergebnis.
Beispiel
| Vorkalkulation | Nachkalkulation | Abweichung | ||
| NVE | 100 T€ | NVE | 100 T€ | |
| – SK (N) | 80 T€ | – SK(I) | 70 T€ | ÜD 10 T€ |
| UErg | 20 T€ | BE | 30 T€ | ÜD 10 T€ |
Die Nettoverkaufserlöse sind in diesem Beispiel 100.000,00 €. Sie ergeben sich aus der verkauften Stückzahl multipliziert mit dem Verkaufserlös. Werden alle Vertriebskonditionen in Anspruch genommen, so handelt es sich bekanntlich um den vorläufigen Verkaufspreis. Die vorkalkulierten Selbstkosten sind um 10.000,00 € höher als die tatsächlichen. Diese Überdeckung muss man von den Normalkosten abziehen, um zu den Istkosten zu gelangen. Bei der Berechnung des Betriebsergebnisses muss die Überdeckung zum Umsatzergebnis hinzu addiert werden. Im Falle einer Unterdeckung verhält es sich genau umgekehrt.
Kalkulation eines Unternehmens mit Hilfe des Kostenträgerzeitblattes: Beispiel 1
Ein Unternehmen fertigt in einem Zweigwerk das Produkt A. An Fertigungsmaterial fallen 20,00 €/St. an, die Fertigungslöhne betragen 30,00 €/St. In der Vorkalkulation werden folgende Zuschlagsätze verwendet: Material 5 %, Fertiung 80 %,Verwaltung/Vertrieb 15 %. In der Abrechnungsperiode wurden 18.000 Stück fertig gestellt. Aufgrund der guten Auftragslage wurden 20.000 Stück verkauft. Der kalkulierte Gewinnzuschlagsatz beträgt 8%. Alle Vertriebskonditionen werden in Anspruch genommen.
Am Ende der Abrechnungsperiode wird eine Unterdeckung in Höhe von 58.000,00 € festgestellt.
Ermitteln Sie das Betriebsergebnis sowie den Verkaufserlös pro Stück.
| Vorkalkulation | |||
| gesamt | pro Stück | ||
| FM | 20,00 | keine betriebswirtschaftlich sinnvolle Stückzahl | |
| MGK | 5 % 1,00 | „ | |
| FL | 30,00 | „ | |
| FGK | 80 % 24,00 | „ | |
| HKA | 75,00 | „ | |
| BVUE | „ | ||
| HKFE | 1.350.000,00 | Stückzahl 18.000 Stück | |
| BVFE | 150.000,00 | Stückzahl 2.000 Stück | |
| HKU | 1.500.000,00 | 75,00 | Stückzahl 20.000 Stück |
| VwVtGK | 225.000,00 | 15 % 11,25 | „ |
| SK | 1.725.000,00 | 86,25 | „ |
| Gewinn | 138.000,00 | 8 % 6,90 | „ |
| vVP | 1.863.000,00 | 93,15 | „ |
Zunächst werden die Herstellkosten pro Stück berechnet. Multipliziert man diesen Wert mit der Anzahl der fertig gestellten Stück, der Anzahl der vom Lager genommenen Artikel und der Anzahl der verkauften Stück, so kann man die Gesamtwerte ermitteln.
Der Verkaufserlös pro Stück entspricht dem vorläufigen Verkaufspreis und beträgt in diesem Beispiel 93,15 €.
Für das Betriebsergebnis muss die Kostenunterdeckung vom Umsatzergebnis subtrahiert werden.
BE = UErg – Kostenunterdeckung = 138.000,00 – 58.000,00 = 80.000,00 €
Kalkulation eines Unternehmens mit Hilfe des Kostenträgerzeitblattes: Beispiel 2
Ein Betrieb fertigt zwei Produkte A und B. Aus der Kostenrechnung der letzten Abrechnungsperiode sind folgende Werte bekannt:
| Produkt A gesamt | Produkt B gesamt | Produkt A/Stück | Produkt B/Stück | ||
| Fertigungsmaterial | 40.000,00 € | 34.000,00 € | 90,00 € | 24,00 € | |
| Fertigungslöhne | 50.000,00 € | 20.000,00 € | 120,00 € | 40,00 € | |
| SEKV | 10.800,00 € | 4.500,00 € | 20,00 € | 6,00 € | |
| fertig gestellte Menge | 500 Stück | 800 Stück | |||
| verkaufte Menge | 540 Stück | 750 Stück | |||
| Nettoerlös | 520,00 € | 186,00 € | |||
| Ist | Normal-GKZ | ||||
| MGK | 34.000,00 € | 50% | |||
| FGK | 120.000,00 € | 150% | |||
| VwVtGK | 50.000,00 € | 20% |
Berechnen Sie das Umsatz- und das Betriebsergebnis.
| Normalkosten | Produkt A | Produkt B | Istkosten | Abweichung | ||
| FM | 74.000,00 € | 40.000,00 € | 34.000,00 € | 74.000,00 € | ||
| + MGK | 37.000,00 € | 20.000,00 € | 17.000,00 € | 34.000,00 € | + 3.000,00 € | |
| + FL | 70.000,00 € | 50.000,00 € | 20.000,00 € | 70.000,00 € | ||
| + FGK | 105.000,00 € | 75.000,00 € | 30.000,00 € | 120.000,00 € | – 15.000,00 € | |
| HKA | 286.000,00 € | 185.000,00 € | 101.000,00 € | 298.000,00 € | ||
| ± BVUE | + 40.300,00 € | + 32.500,00 € | + 7.800,00 € | + 40.300,00 € | ||
| HKFE | 326.300,00 € | 217.500,00 € | 108.800,00 € | 338.300,00 € | ||
| ± BVFE | + 10.600,00 € | + 17.400,00 € | – 6.800,00 € | + 10.600,00 € | ||
| HKU | 336.900,00 € | 234.900,00 € | 102.000,00 € | 348.900,00 € | ||
| + VwVtGK | 67.380,00 € | 46.980,00 € | 20.400,00 € | 50.000,00 € | + 17.380,00 € | |
| + SEKVt | 15.300,00 € | 10.800,00 € | 4.500,00 € | 15.300,00 € | ||
| SK | 419.580,00 € | 292.680,00 € | 126.900,00 € | 414.200,00 € | Ʃ + 5.380,00 € | |
| NVE | 420.300,00 € | 280.800,00 € | 139.500,00 € | 420.300,00 € | ||
| BE/UErg | 720,00 € | – 11.880,00 € | 12.600,00 € | 6.100,00 € | Ʃ + 5.380,00 € |
Im Ist-Bereich rechnet man mit den tatsächlich entstandenen Gemeinkosten, im Normal-Bereich verwendet man die Normal-Gemeinkostenzuschlagsätze.
| Berechnung der HK/St. | Berechnung der HKFE | Berechnung der HKU | ||||
| A | B | HKFE = HK/St. · fertig gestellte Menge | HKU = HK/St. · verkaufte Menge | |||
| FM | 90,00 € | 24,00 € | HKFEA = 435,00 · 500 = 217.500,00 € | HKUA = 435,00 · 540 = 234.900,00 € | ||
| MGK | 45,00 € | 12,00 € | HKFEB = 136,00 · 800 = 108.800,00 € | HKUB = 136,00 · 750 = 102.000,00 € | ||
| FL | 120,00 € | 40,00 € | ||||
| FGK | 180,00 € | 60,00 € | ||||
| HK | 435,00 € | 136,00 € | ||||
Die Bestandsveränderungen werden in der Normal-Rechnung durch die Differenz der HKA mit den HKFE und der HKFE mit den HKU ermittelt und in die Istkostenkalkulation übernommen. Somit werden die HKFE und HKU in der Normal-Rechnung ermittelt. Die gesamte Abweichung ergibt sich aus dem Vergleich von Ist- und Normalrechnung. Es ist jedoch auch möglich, anhand der Veränderung der Lagerstückzahlen zuerst die Bestandsveränderungen zu berechnen und dann durch Subtraktion bzw. Addition auf die HKFE und HKU zu schließen.
Die Umsatzerlöse sind in beiden Rechnungen gleich hoch. Sie werden errechnet durch Multiplikation der vorläufigen Verkaufspreise mit den verkauften Mengen.
NVE = verkaufte Menge · vorläufiger Verkaufspreis
NVEA = 540 · 520,00 € = 280.800,00 €
NVEB = 750 · 186,00 € = 139.500,00 €
Durch Vergleich der Selbstkosten mit den Umsatzerlösen erhält man in der Nachkalkulation das Betriebsergebnis und in der Vorkalkulation das Umsatzergebnis. In der Zeile Betriebsergebnis/Umsatzergebnis gelangt man mit dem umgekehrten Vorzeichen bei der Abweichung vom Betriebsergebnis zum Umsatzergebnis:
| Betriebsergebnis | – Abweichung | = Umsatzergebnis | |
| + 6.100,00 € | – (+ 5.380,00 €) | = 720,00 € |
Videoreihe Abschlussprüfung 2019 (LehrplanPlus)
Kostenträgerrechnung IV: Aufgaben
Testen Sie Ihr Wissen an folgenden Beispielen:
Aufgaben:
1 Erstellen Sie das Kostenträgerzeitblatt, wenn folgende Angaben gegeben sind:
Einzelkosten:
| gesamt | Stück | |||
| Produkt | A | B | A | B |
| FM | 24.000,00 € | 32.000,00 € | 32,00 € | 16,00 € |
| FL I | 12.000,00 € | 11.200,00 € | 48,00 € | 24,00 € |
| FL II | 6.000,00 € | 28.000,00 € | 44,00 € | 10,00 € |
Gemeinkosten:
| Ist-Gemeinkosten | Normal-GKZS | |
| MGK | 24.000,00 € | 55 % |
| FGK I | 17.800,00 € | 120 % |
| FGK II | 26.940,00 € | 90 % |
| VwGK | 16.540,00 € | 10 % |
| VtGK | 9.800,00 € | 5 % |
Weiterhin sind folgende Daten zu beachten:
| Produkt | A | B |
| fertig gestellt | 400 Stück | 800 Stück |
| verkauft | 456 Stück | 760 Stück |
| vorläufiger Verkaufspreis | 316,00 € | 170,00 € |
2 Abschlussprüfung (Bayern) 1994 Aufgabe II Nummer 2.1 und 2.3
Im Zweigwerk 2 wird ausschließlich Produkt A hergestellt. Die Kostenrechnung weist für den Monat Dezember folgende Werte aus:
| Istkosten gesamt in € | Ist-Zuschlagsatz | Normalkosten gesamt in € | Normal-Zuschlagsatz | |
| FM | ||||
| MGK | 25 % | 44.000,00 | 20 % | |
| FL I | 148.800,00 | |||
| FGK I | 130 % | |||
| FL II | ||||
| Rest-FGK II | 97.830,00 | 80 % | ||
| MaK II | 120.100,00 | |||
| VwVtGK | 198.450,00 | 21 % | 183.000,00 | 20 % |
Von der fertig gestellten Menge konnten 40 Stück nicht verkauft werden. Bei den unfertigen Erzeugnissen wurde eine Bestandsminderung von 1.000,00 € festgestellt. Insgesamt wurde eine Bestandsmehrung von 7.000,00 € errechnet.
Berechnen Sie den Verbrauch an Fertigungsmaterial, die Höhe der Fertigungslöhne II und berechnen Sie die Herstellkosten pro Stück auf Normalkostenbasis.
3 Abschlussprüfung (Bayern) 1999 Aufgabe II Nummer 1.3 (abgewandelt)
Die Kosten- und Leistungsrechnung der MAESER AG hat im Zweigwerk I bei der Vorkalkulation für Erzeugnis W folgende Werte pro Stück ermittelt:
| Selbstkosten | 289,42 € |
| vorläufiger Verkaufspreis | 312,80 € |
| Herstellkosten | 217,00 € |
Die HKA-Normal betragen im Monat November 520.800,00 €. Bei den unfertigen Erzeugnissen wird ein Minderbestand in Höhe von 43.400,00 € ermittelt. Von Erzeugnis W werden in diesem Monat 2.350 Stück verkauft. Es ergibt sich eine Kostenunterdeckung in Höhe von insgesamt 4.717,00 €. Sämtliche Verkaufskonditionen werden in Anspruch genommen.
Ermitteln Sie Art und Höhe der Bestandsveränderungen bei den fertigen Erzeugnissen in Stück.
Berechnen Sie das Umsatzergebnis für den Monat November.
Ermitteln Sie das Betriebsergebnis für diesen Monat.
4 Abschlussprüfung (Bayern) 2002 Aufgabe II Nummer 1.1
Die WICKER AG stellt chemische Produkte in verschiedenen Zweigwerken her. Im Werk Augsburg sind nach Durchführung der Kostenträgerzeitrechnung folgende Daten bekannt:
- Kostenüberdeckung im Materialbereich: 5.000,00 €
- Kostenunterdeckung im Fertigungsbereich: 2.700,00 €
- HKFE-IST: 155.000,00 €
- Es wurden 1.100 Stück verkauft.
- Im Lager der Fertigerzeugnisse ergab sich eine Minderung von 100 Stück.
- Die SKU-IST betragen 210.000,00 €.
- Der vorkalkulierte Gewinn beträgt 20,00 €/Stück.
- Die vorkalkulierten Selbstkosten/Stück betragen 180,00 €.
- Aus den Aufzeichnungen des Unternehmens geht hervor, dass Rabatt, Vertreterprovision und Skonto stets in Anspruch genommen wurden.
Berechnen Sie die Herstellkosten pro Stück, die der Vorkalkulation zugrunde lagen, die gesamte Kostenüber- bzw. Kostenunterdeckung und das Betriebsergebnis.
5 Abschlussprüfung (Bayern) 2002 Aufgabe II Nummer 1.2
Im Werk Burghausen wurden im BAB des Monats Mai für die Fertigungsstelle I Gemeinkosten im Gesamtwert von 476.000,00 € ermittelt. Die Nachkalkulation errechnete für diese Kostenstelle einen Maschinenstundensatz von 40,00 €, basierend auf 8.000 Fertigungsstunden. Für die Rest-FGK ergab sich ein Zuschlagsatz von 60%. Obwohl den Kunden für Rest-FGK 65% verrechnet wurden, entstand im Mai eine Unterdeckung im Fertigungsbereich von 15.000,00 €.
Berechnen Sie die Maschinenkosten (gesamt) auf Normalkostenbasis.