Kostenstellenrechnung II

Zuschlagsätze

Um die Gemeinkosten letztlich doch auf ein Produkt (einen Kostenträger) umlegen zu können, bedient man sich eines Hilfsmittels: Man errechnet das prozentuale Verhältnis der Gemeinkosten zu einer anderen Größe. Dieser Anteil wird Zuschlagsatz genannt. Die jeweilige andere Größe wird Zuschlagsgrundlage genannt. Mit Hilfe des Zuschlagsatzes werden bei der Angebotspreiskalkulation die Gemeinkosten, die pro Stück nicht ermittelt werden können, auf die Zuschlagsgrundlage addiert. Das bedeutet, dass einem Gut umso mehr Gemeinkosten zugeschrieben werden, je höher die Zuschlagsgrundlage dieses Gutes ist. Dies ist zwar in der betriebswirtschaftlichen Realität nicht zwangsläufig richtig, ist aber in der Vollkostenrechnung eine bewährte Möglichkeit,  einem Gut die Gemeinkosten zuzuordnen, um den Angebotspreis bestimmen zu können.

Berechnung der Zuschlagsätze

Aus der Kostenrechnung eines Betriebs sind innerhalb eines bestimmten Abrechnungszeitraumes folgende Zahlen bekannt:

Bezeichnung Abkürzung Betrag
Materialeinzelkosten (Fertigungsmaterial) FM 400.000,00 €
Fertigungseinzelkosten (Fertigungslöhne) FL 160.000,00 €
Materialgemeinkosten MGK 120.000,00 €
Fertigungsgemeinkosten FGK 320.000,00 €
Verwaltungsgemeinkosten VwGK 40.000,00 €
Vertriebsgemeinkosten VtGK 60.000,00 €


Materialgemeinkostenzuschlagsatz (MGKZS):

                  MGK · 100
MGKZS =        FM
                   120.000,00 € · 100
MGKZS =        400.000,00 €     = 30 %

Der Materialgemeinkostenzuschlagsatz beträgt 30 %.

Fertigungsgemeinkostenzuschlagsatz (FGKZS):

                 FGK · 100
FGKZS =         FL
         320.000,00 € · 100
x =         160.000,00 €     = 200 %

Der Fertigungsgemeinkostenzuschlagsatz beträgt 200 %.

Verwaltungsgemeinkostenzuschlagsatz (VwGKZS) und Vertriebsgemeinkostenzuschlagsatz (VtGKZS):

Weil es im Verwaltungs- und Vertriebsbereich keine Einzelkosten gibt, die in einem Verhältnis zu den Gemeinkosten stehen, geht man davon aus, dass die Verwaltungs- und Vertriebsgemeinkosten in einem bestimmten Verhältnis zu der Summe aus den Materialkosten (MK) und den Fertigungskosten (FK) anfallen. Die Zuschlagsgrundlage für die Verwaltungsgemeinkosten bilden daher die Herstellkosten(HK).

 FM 400.000,00 €
+ MGK 120.000,00 €
   MK 520.000,00 €
   FL 160.000,00 €
+ FGK 320.000,00 €
   FK 480.000,00 €
   HK 1.000.000,00 €

Im Beispiel beträgt die Zuschlagsgrundlage sowohl für die Verwaltungs- als auch für die Vertriebsgemeinkosten 1.000.000,00 €.

                    VwGK · 100
VwGKZS =      HK
       40.000,00 € · 100
x =    1.000.000,00 €    = 4 %

Der Verwaltungsgemeinkostenzuschlagsatz beträgt 4 %.

                   VtGK · 100
VtGKZS =        HK
       60.000,00 € · 100
x =    1.000.000,00 €    = 6 %

Der Vertriebsgemeinkostenzuschlagsatz beträgt 6 %.

Da sich sowohl der Verwaltungs- als auch der Vertriebsgemeinkostenzuschlagsatz auf die Herstellkosten beziehen und somit die gleiche Zuschlagsgrundlage haben, werden beide gelegentlich zu einem Zuschlagsatz, dem Verwaltungs- und Vertriebsgemeinkostenzuschlagsatz (VwVtGKZS) zusammen gefasst. In diesem Fall werden auch im Betriebsabrechnungsbogen die Verwaltungsgemeinkosten und die Vertriebsgemeinkosten als eine Kostenstelle erfasst.

Selbstkosten

Man addiert zu den Herstellkosten die Verwaltungs- und Vertriebsgemeinkosten hinzu und erhält somit die Selbstkosten (SK). Dies ist der Betrag, den das Unternehmen für die Herstellung und den Vertrieb der Produkte in einer Abrechnungsperiode ausgegeben hat. Die Selbstkosten werden auch Selbstkosten des Umsatzes (SKU) genannt.

   FM 400.000,00 €
+ MGK 120.000,00 €
   MK 520.000,00 €
   FL 160.000,00 €
+ FGK 320.000,00 €
   FK 480.000,00 €
   HK 1.000.000,00 €
+ VwGK 40.000,00 €
+ VtGK 60.000,00 €
   SK 1.100.000,00 €

Betriebsergebnis

Aufgabe des Betriebsabrechnungsbogens ist es auch, das Betriebsergebnis (BE) eines Unternehmens für einen Abrechnungszeitraum (Monat, Quartal, Jahr) festzustellen.

Hierzu werden die tatsächlichen Herstellkosten und die tatsächlichen Selbstkosten, die sogenannten Herstellkosten auf Istkostenbasis und Selbstkosten auf Istkostenbasis ermittelt.

Den Selbstkosten auf Istkostenbasis werden die Nettoverkaufserlöse (NVE) gegenübergestellt. Sind die Umsatzerlöse größer als die Selbstkosten, ergibt sich ein positives Betriebsergebnis – der Betrieb hat erfolgreich gewirtschaftet. Sind dagegen die Umsatzerlöse kleiner als die Selbstkosten, muss die Betriebsleitung die Ursachen für den Verlust herausfinden.

Beispiel

Aus der Kostenrechnung eines Betriebs gehen für einen Monat Fertigungslöhne in Höhe von 160.000,00 € und Fertigungsmaterial in Höhe von 400.000,00 € hervor. Am Monatsende werden folgende Zuschlagsätze ermittelt: Material 30 %, Fertigung 200 %, Verwaltung 4 %, Vertrieb 6 %.

Der Betrieb stellt nur ein Produkt her. Im Abrechnungszeitraum wurden 4.000 Stück zu einem Verkaufspreis von 280,00 € netto verkauft.

FM 400.000,00 €
MGK 120.000,00 €
MK 520.000,00 €
FL 160.000,00 €
FGK 320.000,00 €
FK 480.000,00 €
HK 1.000.000,00 €
VwGK 40.000,00 €
VtGK 60.000,00 €
SK 1.100.000,00 €
UErl 1.120.000,00 €   UErl = verkaufte Menge · Verkaufspreis
BE 20.000,00 €

Das Betriebsergebnis in dieser Abrechnungsperiode beträgt 20.000,00 €.

Kostenstellenrechnung II: Aufgaben

Testen Sie Ihr Wissen an folgenden Beispielen:

Aufgaben:

1 Begründen Sie, warum Verwaltungs- und Vertriebsgemeinkosten auch mit einem Zuschlagsatz erfasst werden können.

2 Erläutern Sie, wofür man die ermittelten Zuschlagsätze benötigt.

3 Berechnen Sie die Zuschlagsätze für Material, Fertigung, Verwaltung und Vertrieb sowie die Höhe der Selbstkosten nach folgenden Angaben:

FM 170.000,00 €
FL 113.200,00 €
MGK 13.600,00 €
FGK 56.600,00 €
VwGK 22.400,00 €
VtGK 15.600,00 €


4 Berechnen Sie die Zuschlagsätze für Material, Fertigung I (Dreherei), Fertigung II (Fräserei), Verwaltung und Vertrieb nach folgenden Angaben:

FM 607.200,00 €
FL I (Dreherei) 35.600,00 €
FL II (Fräserei) 56.992,00 €
SEKF 2.600,00 €
MGK 50.600,00 €
FGK I (Dreherei) 71.200,00 €
FGK II (Fräserei) 79.400,00 €
VwGK 50.450,00 €
VtGK 29.950,00 €


5 Ermitteln Sie die Höhe des verbrauchten Fertigungsmaterials und der Materialgemeinkosten in Euro, wenn die gesamten Materialkosten 260.000,00 € betragen und in der Materialstelle mit einem Zuschlagsatz von 30 % gerechnet wird.

6 Ermitteln Sie die Höhe der Fertigungsgemeinkosten und den Fertigungsgemeinkostenzuschlagsatz, wenn folgende Werte gegeben sind:

FM 600.000,00 €
MGKZS 50 %
FL 360.000,00 €
SEKF 52.000,00 €
HK 1.960.000,00 €


7 Erläutern Sie, wie das Betriebsergebnis ermittelt wird.

8 Ermitteln Sie die Selbstkosten und das erzielte Betriebsergebnis:

Material Fertigung Verwaltung Vertrieb
Einzelkosten 24.000,00 € 80.000,00 €
Gemeinkosten 16.000,00 € 64.000,00 € 20.000,00 € 14.000,00 €

Umsatzerlöse 300.000,00 €

9 Ermitteln Sie die Selbstkosten und das erzielte Betriebsergebnis:

Material Fertigung I Fertigung II Verwaltung Vertrieb
Einzelkosten 30.000,00 € 26.000,00 € 280.000,00 €
Gemeinkosten 26.000,00 € 32.000,00 € 420.000,00 € 12.000,00 € 8.000,00 €
Sondereinzelkosten 10.400,00 € 1.600,00 €

Umsatzerlöse 720.000,00 €

10 Vervollständigen Sie den Betriebsabrechnungsbogen und ermitteln Sie die Selbstkosten und das Betriebsergebnis:

allg. KS Material Fertigung I Fertigung II HiKS F VwVt
Gemeinkosten 4.800,00 € 24.000,00 € 86.000,00 € 55.600,00 € 6.000,00 € 18.000,00 €

Weiter sind folgende Angaben gegeben:

Einzelkosten Sondereinzelkosten
Material 40.000,00 €
Fertigung I 160.000,00 € 6.800,00 €
Fertigung II 98.000,00 €
Vertrieb 2.400,00 €

Die allgemeine Kostenstelle wird nach Beschäftigten umgelegt, die Fertigungshilfskostenstelle ebenfalls. Die Nettoverkaufserlöse betragen 640.000,00 €.

allg. KS Material Fertigung I Fertigung II HiKS F VwVt
Mitarbeiter 8 14 68 52 4 22


11 Ermitteln Sie den Zuschlagsatz für die Vertriebsgemeinkosten und die Selbstkosten, wenn für Produkt A folgende Werte bekannt sind:

VwGK 2.400,00 €
VwGKZS 6%
VtGK 1.800,00 €

Lösungen

Beide beziehen sich auf die gleiche Zuschlagsgrundlage, die Herstellkosten. Aus diesem Grund genügt auch ein einziger Zuschlagsatz.

Die Zuschlagsätze benötigt man, um in der Angebotskalkulation die Gemeinkosten prozentual den Einzelkosten zuschlagen zu können. Das entspricht jedoch i.d.R. nicht den tatsächlich für die Produktion eines Stückes angefallenen Gemeinkosten, denn diese können nicht exakt berechnet werden. Es ist nur eine näherungsweise Lösung.

   FM 170.000,00 €
+ MGK 13.600,00 € 13.600,00 € · 100  = 8,00 %
170.000,00 €
+ FL 113.200,00 €
+ FGK 56.600,00 € 56.600,00 € · 100 = 50,00 %
113.200,00 €
   HK 353.400,00 €
+ VwGK 22.400,00 € 22.400,00 € · 100 = 6,34 %
353.400,00 €
+ VtGK 15.600,00 € 15.600,00 € · 100 = 4,41 %
353.400,00 €
  SK 391.400,00 €
MGKZS 50.600,00 € · 100 = 8,33 %
607.200,00 €
FGKZS I 71.200,00 € · 100 = 200,00 %
35.600,00 €
FGKZS II 79.400,00 € · 100 = 139,32 %
56.992,00 €
Herstellkosten:
   FM 607.200,00 €
+ MGK   50.600,00 €
+ FL I   35.600,00 €
+ FGK I   71.200,00 €
+ FL II   56.992,00 €
+ FGK II   79.400,00 €
+ SEKF     2.600,00 €
   HK 903.592,00 €
VwGKZS= 50.450,00 € · 100 = 5,58 %
903.592,00 €
VtGKZS= 29.950,00 € · 100 = 3,31 %
903.592,00 €

Beachten Sie:  Die Zuschlagsätze werden für Fertigung I und Fertigung II getrennt berechnet. Die Sondereinzelkosten der Fertigung beeinflussen den Fertigungsgemeinkostenzuschlagsatz nicht, da sie weder in den Fertigungsgemeinkosten noch in den Fertigungslöhnen beinhaltet sind. Sie erhöhen aber die Herstellkosten und wirken sich damit auf die Verwaltungs- und Vertriebsgemeinkostenzuschlagsätze aus.

Die Zuschlagsgrundlage, also das Fertigungsmaterial entspricht 100 %. Da die Materialgemeinkosten mit 30 % angegeben sind, entsprechen die Materialkosten, also die Summe aus Fertigungsmaterial und Materialgemeinkosten, 130 % des Fertigungsmaterials.

   FM 200.000,00 € 100 %
+ MGK 60.000,00 € 30 %
   MK 260.000,00 € 130 %

Ebenso berechnet man die Materialgemeinkosten. Diese entsprechen 30% des Fertigungsmaterials.

130 % = MK 130 % = 260.000,00 €        260.000,00 · 30 = 60.000,00 €
130
  30 % = MGK   30 % = x

Man kann die Materialgemeinkosten auch durch Subtraktion erhalten:

  MK 260.000,00 €
– FM 200.000,00 €
  MGK 60.000,00 €

Ebenso kann man zuerst die Materialgemeinkosten mit Hilfe des Dreisatzes berechnen und dann das Fertigungsmaterial durch Subtraktion ermitteln.

Die Materialgemeinkosten erhält man über den Materialgemeinkostenzuschlagsatz. Die Fertigungsgemeinkosten erhält man durch Subtraktion aller übrigen Beträge von den Herstellungskosten. Den Fertigungsgemeinkostenzuschlagsatz ermittelt man mit der entsprechenden Formel:

648.000,00 € · 100 = 180 %
360.000,00 €

   FM 600.000,00 €
+ MGK 300.000,00 € 50 %     50 % von 600.000,00 €
+ FL 360.000,00 €
+ FGK 648.000,00 € 180 %  1.960.000,00 – 600.000,00 – 300.000,00 – 360.000,00 – 52.000,00
+ SEKF 52.000,00 €
   HK 1.960.000,00 €

Das Betriebsergebnis wird ermittelt, indem man von den erzielten Nettoverkaufserlösen die Selbstkosten subtrahiert.

FM 24.000,00 €
+ MGK 16.000,00 €
+ FL 80.000,00 €
+ FGK 64.000,00 €
   HK 184.000,00 €
+ VwGK 20.000,00 €
+ VtGK 14.000,00 €
   SK 218.000,00 €
   NVE 300.000,00 €
   BE + 82.000,00 €
FM 30.000,00 €
+ MGK 26.000,00 €
+ FL I 26.000,00 €
+ FGK I 32.000,00 €
+ SEKF I 10.400,00 €
+ FL II 280.000,00 €
+ FGK II 420.000,00 €
   HK 824.400,00 €
+ VwGK 12.000,00 €
+ VtGK       8.000,00 €
+ SEKVt        1.600,00 €
   SK 846.000,00 €
   NVE 720.000,00 €
   BE -126.000,00 €

Betriebsabrechnungsbogen:

Beachten Sie: Die Anzahl der Mitarbeiter der allgemeinen Kostenstelle dürfen nicht mit in die Verteilung der Kosten dieser Kostenstelle einbezogen werden. Die Summe der Schlüsseleinheiten beläuft sich somit auf 14 + 68 + 52 + 4 + 22 = 160.

Die Kosten der Hilfskostenstelle Fertigung werden ebenfalls nach der Anzahl der Mitarbeiter auf die beiden Fertigungshauptkostenstellen umgelegt. Die Summe der Schlüsseleinheiten beläuft sich hier auf 68 + 52 = 120.

Ermittlung des Betriebsergebnisses:

   FM 40.000,00 €
+ MGK 24.420,00 € aus dem BAB
+ FL I 160.000,00 €
+ FGK I 91.508,00 € aus dem BAB
+ SEKF I 6.800,00 €
+ FL II 98.000,00 €
+ FGK II 59.812,00 € aus dem BAB
   HK 480.540,00 €
+ VwVtGK 18.660,00 € aus dem BAB
+ SEKVt 2.400,00 €
   SK 501.600,00 €
   NVE 640.000,00 €
   BE 138.400,00 €

Folgende Werte sind gegeben:

   HK
+ VwGK 6 % 2.400,00 €
+ VtGK 1.800,00 €
   SK

Die Vertriebsgemeinkosten entsprechen 6% der Herstellkosten, die Herstellkosten sind demzufolge 100%.

    6 % = VtGK  6 % = 2.400,00 €        2.400,00 € · 100 = 40.000,00 €
x =              6
100 % = HK 100 % = x

Die Selbstkosten können durch Addition berechnet werden. Der Zuschlagsatz für die Vertriebsgemeinkosten errechnet sich folgendermaßen:

1.800,00 € · 100 = 4,5 %
40.000,00 €

   HK 40.000,00 €
+ VwGK 6 % 2.400,00 €
+ VtGK   4,5 % 1.800,00 €
   SK 44.200,00 €