Grundbegriffe der Vollkostenrechnung I

Kosten- und Leistungsrechnung

Wenn beispielsweise ein Unternehmen durch Produktion und Verkauf seiner Produkte einen Gewinn erzielt, aber durch Wertpapiergeschäfte hohe Verluste realisiert, so weist möglicherweise die Geschäftsbuchführung einen Verlust aus, obwohl das Unternehmen wirtschaftlich gearbeitet hat. Um nur die Kosten und Leistungen zu berücksichtigen, die dem Betriebszweck also der Produktion und dem Verkauf von Gütern dienen, führen  Unternehmen die Kosten- und Leistungsrechnung durch. Diese ist jedoch im Gegensatz zur Finanzbuchhaltung freiwillig und unterliegt somit keinen gesetzlichen Regelungen.

Aufgaben der Kosten- und Leistungsrechnung

Die Kosten- und Leistungsrechnung dient Kalkulation der Angebotspreise. Darüber hinaus ist sie Planungs- und Entscheidungsgrundlage für die Geschäftsführung, beispielsweise bei Rationalisierungsmaßnahmen oder Eliminierung von Produkten aus dem Produktionsprogramm. Sie dient auch der Wirtschaftlichkeitskontrolle, indem sie kalkulierte Kosten (Normalkosten) den tatsächlich entstanden Kosten (Istkosten) gegenüberstellt. Neben der Vollkostenrechnung führen Betriebe die Teilkostenrechnung und die Plankostenrechnung durch.

Aufgaben der Kosten- und Leistungsrechnung:

  • Kalkulation der Angebotspreise
  • Planungsgrundlage
  • Entscheidungsgrundlage
  • Wirtschaftlichkeitskontrolle

Teilbereiche der Vollkostenrechnung

Die Vollkostenrechnung gliedert sich in drei Teilbereiche. Bei der Kostenartenrechnung werden die angefallenen Kosten erfasst und in Einzel- und Gemeinkosten gegliedert. Bei der Kostenstellenrechnung verteilt man die Gemeinkosten auf die Kostenstellen. Das sind die Stellen, welche die Kosten verursacht haben. Die verschiedenen Produkte des Betriebes nennt man Kostenträger. Die Kostenträgerrechnung schließlich ermittelt als Kostenträgerstückrechnung den Angebotspreis der Produkte und ist als Kostenträgerzeitrechnung die Grundlage für die Wirtschaftlichkeitskontrolle.

Teilbereiche der Kosten- und Leistungsrechnung:

  • Kostenartenrechnung
  • Kostenstellenrechnung
  • Kostenträgerrechnung: Kostenträgerstückrechnung und Kostenträgerzeitrechnung

Die Daten für die Kosten- und Leistungsrechnung stammen aus der Finanzbuchhaltung des Unternehmens. Aus den Aufwendungen werden die Kosten herausgefiltert, aus den Erträgen die Leistungen. Diese Vorstufe der Kosten- und Leistungsrechnung nennt man Abgrenzungsrechnung.

Grundbegriffe der Vollkostenrechnung II

Abgrenzung von Finanzbuchhaltung und Kostenrechnung

Die Kostenrechnung unterscheidet sich grundlegend von der Finanzbuchhaltung. Dort kennt man die Begriffe Aufwendungen und Erträge. Unter Aufwendungen versteht man den gesamten Verbrauch von Gütern und Dienstleistungen eines Unternehmens innerhalb einer Periode, sie mindern den Gewinn. Erträge erhöhen den Gewinn. Für die Finanzbuchhaltung gelten die gesetzlichen Vorschriften des HGB und des Aktiengesetzes. Der Jahresabschluss muss veröffentlicht werden.

Für die betriebsinterne Kostenrechnung sind jedoch nicht alle Aufwendungen und Erträge relevant. Es werden nur diejenigen erfasst, die im Rahmen des Betriebszwecks (Produktion und Verkauf von Gütern) unter normalen Bedingungen in der vergangenen Periode angefallen sind. Zur Abgrenzung von der Finanzbuchhaltung spricht man bei diesem herausgefilteren Beträgen von Kosten und Leistungen. Kosten sind also der betriebsbedingte Werteverzehr von Gütern und Dienstleistungen. Leistungen sind das Ergebnis der betrieblichen Tätigkeit. Die Ermittlung von Kosten und Leistungen geschieht im Rahmen der Abgrenzungsrechnung, bei der ausgehend von den Aufwendungen und Erträgen aus der Finanzbuchhaltung die Kosten und Leistungen ermittelt werden.

Zweikreissystem des Rechnungswesens
Finanzbuchhaltung Kosten- und Leistungsrechnung
Erfolg des gesamten Unternehmens Ergebnis aus den betrieblichen Tätigkeiten
Erträge – Aufwendungen = Unternehmensergebnis Leistungen – Kosten = Betriebsergebnis
externe Rechnungslegung interne Rechnungslegung

Auszahlung, Aufwand, Kosten

Neben den Begriffen Aufwand und Kosten ist der Begriff der Auszahlung betriebswirtschaftlich relevant, da bei Auszahlungen Liquidität abfließt, die unter Umständen zunächst beschafft werden muss. Vielfach sind Auszahlungen auch Aufwendungen und ebenfalls Kosten. Es gibt jedoch Vorgänge in Unternehmen, die z.B. nur Auszahlungen darstellen, aber keinen Aufwand und keine Kosten. Folgende Darstellung soll den Zusammenhang der drei Begriffe darstellen:

Auszahlung,
Aufwand,
Kosten
Der blau unterlegte Bereich stellt dar, dass es Vorgänge gibt, die sowohl in der Geldrechnung wie auch in der Finanzbuchhaltung und der Kostenrechnung relevant sind. Ein Beispiel dafür ist die Zahlung von Löhnen und Gehältern. Es fließt Liquidität ab, der Vorgang wird in der Kontengruppe 6 in der Finanzbuchhaltung erfasst und dieser Vorgang stellt Kosten dar.
Auszahlung,
kein Aufwand,
keine Kosten
Beim Kauf von Anlagevermögen entsteht zunächst nur eine Auszahlung. Zu Aufwand und zu Kosten wird die Anschaffung erst durch die Abschreibung am Jahresende.
Auszahlung,
Aufwand,
keine Kosten
Spendenzahlungen führen zu einem Abfluss von Geld. Sie werden auch in der Finanzbuchhaltung als Aufwand erfasst. In der Kostenrechnung wird eine Spendenzahlung nicht erfasst, weil sie nicht dem eigentlichen Betriebszweck dient.
Keine Auszahlung,
Aufwand,
Kosten
Abschreibungen auf Maschinen führen nicht zu Auszahlungen, werden aber sowohl in der Finanzbuchhaltung als auch in der KLR erfasst.
Keine Auszahlung,
kein Aufwand,
Kosten
In der Kosten- und Leistungsrechnung werden kalkulatorische Größen wie z.B. die kalkulatorischen Zinsen oder der kalkulatorische Unternehmerlohn erfasst. Auszahlungen, also Geldabflüsse finden hier nicht statt. Da es sich um rein kalkulatorische Größen handelt, also um keinen realen Vorgang, darf in Finanzbuchhaltung nicht gebucht werden.


Die meisten Aufwendungen sind Kosten. Man nennt diese Zweckaufwand oder Grundkosten. Es gibt jedoch auch Kosten, die nicht gebucht wurden, also keine Aufwendungen darstellen, die Zusatzkosten.

Buchführung
neutrale Aufwendungen
Zweckaufwand = Grundkosten
Zusatzkosten
Kostenrechnung


Neutrale Aufwendungen sind Aufwendungen, jedoch keine Kosten. Sie werden gebucht, aber nicht in der Kostenrechnung berücksichtigt. Man unterscheidet drei verschiedene Arten von neutralen Aufwendungen.

Betriebsfremde Aufwendungen haben nichts mit dem Betriebszweck zu tun. Dies ist vor allem bei Spenden der Fall, aber auch bei Instandhaltungskosten für betrieblich nicht genutzte Gebäude.

Außerordentliche Aufwendungen betreffen den Betriebszweck, fallen jedoch nur sehr selten an. Beispiele hierfür sind Enteignungen oder Schadensfälle, die nicht durch entsprechende Versicherungen abgedeckt sind.

Periodenfremde Aufwendungen, wie Steuer- oder Gehaltsnachzahlungen, betreffen den Betriebszweck, beziehen sich jedoch auf eine andere Abrechnungsperiode.

neutraler Aufwand Beispiele
· betriebsfemd Spenden, Wertpapierverluste, Körperschaftssteuer
· periodenfremd Steuernachzahlungen, Gehaltsnachzahlungen
· außerordentlich ungewöhnliche und seltene Vorkommnisse wie z.B. Katastrophenschäden
· Verluste aus dem Abgang von
Vermögensgegenständen
Solche Verluste werden auf dem Konto 6960 erfasst. Man könnte diese Art der neutralen Aufwendungen auch als betriebsfremde erfassen.


Zweckaufwand oder Grundkosten sind diejenigen Aufwendungen, die auch für die Kostenrechnung relevant sind. Sie werden als Aufwendungen in der Buchführung gebucht und sie sind Kosten, da sie den Betriebszweck betreffen und weder außerordentlich noch periodenfremd sind. Grundkosten oder Zweckaufwand sind etwa Aufwendungen für Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe, Löhne, Mietaufwendungen für Lagerhallen, Büromaterial oder Kosten der Fremdinstandhaltung.

Zusatzkosten sind keine Aufwendungen. Es fallen auch keine Auszahlungen an. Sie müssen aber in der Kostenrechnung berücksichtigt werden. Diese Kosten werden auch kalkulatorische Kosten genannt. So muss die Verzinsung des eingesetzten Eigenkapitals über den Verkauf der Produkte sichergestellt und daher bei der Preisberechnung berücksichtigt werden. Dies geschieht mit der Berechnung von kalkulatorischen Zinsen. Kalkulatorische Abschreibungen werden anders als bilanzielle Abschreibungen berechnet. Man geht von der tatsächlichen Nutzungsdauer eines Anlagegegenstandes aus und berechnet die Abschreibung vom voraussichtlichen Wiederbeschaffungswert, um den tatsächlichen Werteverzehr durch die Abnutzung möglichst genau bestimmen zu können und um eine substantielle Kapitalerhaltung zu ermöglichen. Als Abschreibungsmethode verwendet man hier nur die lineare Abschreibung, um eine gleichmäßige Kalkulationsgrundlage zu erhalten. Weitere kalkulatorische Kosten sind beispielsweise die kalkulatorische Miete oder der kalkulatorische Unternehmerlohn.

Einzahlung, Ertrag, Leistung

Analog zu den Begriffen Auszahlung, Aufwand und Kosten lassen sich Einzahlungen, Erträge und Leistungen von einander abgrenzen.

Einzahlung,
Ertrag,
Leistung
Der betragsmäßig größte Teil aller Vorgänge sind sowohl Einzahlungen als auch Erträge und Leistungen. Es handelt sich hierbei um die Umsatzerlöse eines Unternehmens. Dem Betrieb fließt Geld zu, in der Finanzbuchhaltung wird der Vorgang auf dem Konto 5000 erfasst und die Umsatzerlöse stellen eine betrieblich bedingte Marktleistung dar.
Einzahlung,
kein Ertrag,
keine Leistung
Ein Beispiel dafür ist der Zahlungseingang von Forderungen (2800 an 2400). Dem Unternehmen fließt nur Geld zu. Der Ertrag und die Leistung wird bereits bei Rechnungsstellung erfasst.
Einzahlung,
Ertrag,
keine Leistung
Erträge aus Wertpapiergeschäften (Dividende) führen zu einem Geldzufluss und einem Ertrag in der Finanzbuchhaltung. Da es sich nicht um einen betrieblich bedingten Ertrag handelt, wird ein solcher Vorgang nicht in der Kosten- und Leistungsrechnung erfasst.
Keine Einzahlung,
Ertrag,
Leistung
Bestandserhöhungen, beispielsweise an unfertigen und fertigen Erzeugnissen werden in der Finanzbuchhaltung als Ertrag gebucht (Konto 5200) und in der Kosten- und Leistungsrechung als Lagerleistung erfasst. Ein weiteres Beispiel sind die aktivierten Eigenleistungen (Konto 5300).
Keine Einzahlung,
kein Ertrag,
Leistung
Unentgeltliche Lieferungen führen nicht zu einer Vermehrung der Liquidität. Sie werden nicht in der Finanzbuchhaltung erfasst, stellen aber dennoch eine Leistung des Unternehmens dar.


Ebenso wie die meisten Aufwendungen Kosten sind, so sind auch die meisten Erträge Leistungen.

Buchführung
neutrale Erträge
Zweckertrag = Grundleistungen
Zusatzleistungen
Leistungsrechnung


Analog zu den Kosten werden auch die neutralen Erträge in betriebsfremde, außerordentliche und periodenfremde Erträge unterschieden. So zählen beispielsweise Erträge aus der Auflösung von Rückstellungen zu den periodenfremden Erträgen. Zinserträge sind betriebsfremde Erträge. Ein Beispiel für außerordentliche Erträge sind unerwartete Subventionen.

neutrale Erträge Beispiele
* betriebsfemd Wertpapiergewinne, Miete für Werkswohnungen
* periodenfremd Steuererstattungen, Erträge aus der Auflösung von Rückstellungen
* außerordentlich Ungewöhnliche und seltene Vorkommnisse, z.B. ein Steuererlass oder Erträge aus Gläubigerverzicht
* Verluste aus dem Abgang von
Vermögensgegenständen
Konto 5460


Der Zweckertrag oder die Grundleistungen eines Unternehmens lassen sich in drei Teilbereiche gliedern:

  • Marktleistungen (Konto 5000 Umsatzerlöse)
  • Lagerleistungen (Konto 5200 Bestandserhöhungen)
  • innerbetriebliche Leistungen (Konto 5300 Aktivierte Eigenleistungen)

Eine Zusatzleistung stellen unentgeltliche Warenlieferungen dar. Sie sind als seltenes Vorkommnis zu vernachlässigen.